
Es war einer der schwersten Momente seines Lebens und mit bewegenden Worten erinnert sich Rio-Held Mario Götze (32) heute zurück an seine dunkelsten Stunden im Sommer 2020. In einem emotionalen Brief an seine Kinder Rome (4) und Gioia (1) auf dem Portal „The Players' Tribune“ berichtet der Weltmeister von 2014, wie er die dramatische Frühgeburt seines Sohnes erleben musste.
„Ich werde nie vergessen, als deine Mutter im siebten Monat schwanger war und unsere Hebamme zu uns nach Dortmund kam“, beginnt Mario Götze den Brief an seine beiden Kinder. „Sie machte einen Ultraschall, eine Routineuntersuchung, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung war, aber plötzlich sagte sie: ‚Es sieht so aus, als ob es Ihrem Baby nicht gut geht.‘“ Romes Herzschlag sei zu langsam gewesen. „Ihr müsst sofort ins Krankenhaus“, habe die Hebamme zu den werdenden Eltern gesagt.
Götze, zu der Zeit noch bei Borussia Dortmund aktiv, schildert dann, wie seine Frau Ann-Kathrin im Krankenwagen unter Blaulicht ins Krankenhaus gefahren werden musste. „Ich hatte fast das Gefühl, mein Herz würde aufhören zu schlagen“, schrieb der Profi von Eintracht Frankfurt: „Ich bin direkt hinter dir gefahren, aber ich fühlte mich so weit weg von dir“, schreibt Götze. „20 Minuten lang fuhren wir mit eingeschaltetem Martinshorn sehr schnell, überfuhren rote Ampeln und wichen zwischen hupenden Autos aus.“
Mario Götze: Die Angst, ein Kind zu verlieren, ist unbeschreiblich!
Ein „lebendiger Albtraum“ für das Paar. „Als Elternteil kann man die Angst, ein Kind zu verlieren, nicht beschreiben. Ich war in Panik, schwitzte. Ich hatte Angst bis in die Magengrube. Jede Sekunde fühlte sich wie eine Minute an, jede Minute wie eine Stunde. Ich weiß nicht einmal, wie ich das Auto auf der Straße halten konnte, denn alles, woran ich denken konnte, war: Bitte, bitte, bitte, bitte, lass es ihm gut gehen.“
Im Krankenhaus angekommen sei es dann sehr schnell gegangen. Das Herz seines Sohnes schlug noch. „Ich war so erleichtert, dass ich fast auf den Boden gefallen wäre.“ Doch die Ärzte mussten Rome per Kaiserschnitt zur Welt holen – sechs Wochen zu früh. „Mein Leben hat sich verändert. Nichts wird mehr so sein wie früher.“ Götze stand vor der Entscheidung: Bei seinem neugeborenen Sohn bleiben oder zum Training beim BVB gehen. Aufgrund der damaligen Regelungen wegen der Corona-Pandemie hätte er das Krankenhaus nach dem Verlassen nicht mehr betreten dürfen.
Fußball oder Familie? Mario Götze musste entscheiden
„Ich musste mich entscheiden: Fußball oder Familie“, schrieb Götze, der am Donnerstag vor exakt 15 Jahren sein Bundesliga-Debüt gefeiert hatte: „Ich habe den Verein angerufen und erklärt, dass ich erst zum Training kommen kann, wenn du zu 100 Prozent gesund bist. Und am Ende bin ich nie wieder hingegangen.“ Götzes Vertrag lief wenig später aus, nach kurzer Zeit ohne Verein unterschrieb er bei der PSV Eindhoven.
„Heute merkt man dir nicht an, dass du so früh geboren wurdest. Du hast so viel Energie, dass Papa angefangen hat, Kaffee zu trinken, um mitzuhalten“, schreibt Götze seinem Sohn weiter. Drei Jahre nach der Geburt von Rome kam Tochter Gioia zur Welt, auch zu früh. „Im Mutterleib hattest du auch einen sehr langsamen Puls. Zum Glück hat man das im Krankenhaus herausgefunden, sodass deine Geburt etwas weniger dramatisch war. Keine Fahrt mit dem Krankenwagen für dich.“ Seinen Brief beendet Mario Götze mit den Worten: „Danke, dass ihr mein Leben vervollständigt. Ich liebe euch.“■