Für mich war es in diesen Tagen ein großes Glück, als KURIER-Reporter über einen glücklichen Menschen berichten zu dürfen. Nämlich über eine Frau aus Berlin-Schöneberg, die seit fast 30 Jahren unbeirrt immer dieselben Lotto-Zahlen tippt und den Jackpot mit über 4,4 Millionen Euro knackte.
So ein Glück möchte ich auch einmal haben, werden viele denken. Zugegeben, das habe ich auch gedacht. Schon einer kleiner Teil der Lotto-Millionen reicht, um mal eben dem Berliner Alltag zu entfliehen, der – gerade in letzter Zeit –die Hauptstädter unglücklich macht.
Nehmen wir beispielsweise das S-Bahn-Chaos in diesem Sommer. Da stehen die Berliner, die zur Arbeit, zum Arzt oder einfach nur einmal ihre Oma besuchen wollen, ewig auf dem Bahnsteig. Und warten. Und warten. Und warten auf den Zug. Das alles nur, weil Signale auf der Stadtbahn einen Dauerkurzschluss haben. Oder Stellwerke funktionieren nicht.
Da kann einem ja glatt die Hutschnur platzen! Frühestens in zehn Jahren soll der Technik-Murks behoben sein, verspricht die Bahn. Wenn man Pech hat, erleben das manche von uns gar nicht. Andere haben der Stadt bis dahin längst den Rücken gekehrt. Glücklich ist man da als Berliner nur, wenn es Tage gibt, an denen die S-Bahnen dann ausnahmsweise ohne Verspätungen fahren.
Glückliche Menschen sind in Berlin Mangelware
Menschen, die vor Glück strahlen, scheinen Mangelware in der Stadt zu sein. Ich selbst merke, wie oft ich mit ernstem, ja sogar verbittertem Gesicht durch Berlin laufe, statt einmal zu lächeln.
Vielleicht liegt es an den Fahrrad-Rambos, die jeden Morgen meinen Weg nahe des Alexanderplatzes kreuzen, die über Überwege an den Ampeln rasen, ohne Rücksicht auf die Fußgänger zu nehmen.
Als ich neulich eine Dame darauf hinwies, lieber doch auf der Kreuzung vom Rad zu steigen. Statt ein „Danke“ bekam ich ein derbes „Schnauze“ zu hören. Zwei Sekunden später folgte ein „Scheiße“. Eine Polizeikontrolle hatte die Dame gestoppt. Glücklich hat mich das nicht gemacht. Nur das Gefühl der Schadenfreude habe ich genossen.

Ich könnte noch mehrere Dinge aufführen, die mich und viele Berliner nicht glücklich machen. Da wären die vermüllten Straßen und Parks, hohe Mieten, hohe Lebensmittelpreise. Oder ein Senat, der schon im Wahlkampfmodus ist, statt die Stadt vernünftig zu regieren. Muss man in Berlin wirklich erst im Lotto gewinnen, um glücklich zu sein?
Nein, muss man nicht! Die Sache mit dem Glück und es zu finden, ist sogar recht einfach. Man muss es nur wollen. So hetzte ich heute Morgen zum Bahnhof, um noch den dort schon wartenden Regio Richtung Ostkreuz zu erreichen. Mitten in meinem Stress spricht mich an der Bahnsteigtreppe doch eine ältere Dame an. Auch sie will den Zug erreichen. Sie lächelt mich an, fragt, ob ich ihr nicht den schweren Koffer hochtragen könnte.