Zwei Prozesse in Berlin

Wut-Attacken in den Öffis: Mann boxt Schwangere, Frau bekommt Flasche ins Gesicht

Bei beiden Angeklagten steht eine Unterbringung in psychiatrischen Krankenhäusern im Raum.

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Janis G. (35) ist gehörlos und tickt immer wieder vor Wut aus. Gestern begann in Moabit sein Prozess.
Janis G. (35) ist gehörlos und tickt immer wieder vor Wut aus. Gestern begann in Moabit sein Prozess.KE.

In einer Straßenbahn schubst ein Mann einen Kinderwagen, boxt die schwangere Mutter. In einer S-Bahn bekommt eine Berlin-Touristin eine Bierflasche ins Gesicht. In beiden Prozessen geht es um Gewalt im Nahverkehr.

Janis G. (35) als Kinderwagen-Schubser vor Gericht. Gelernter Zimmermann, sattelte um zum Gesundheitspfleger. Bis er immer wieder austickte. Sieben Anklagen und ein Strafbefehl liegen vor. Eine Gebärdendolmetscherin übersetzte die Vorwürfe gegen den gehörlosen Mann: Körperverletzung, Sachbeschädigung, Bedrohung, Beleidigung, Zechprellerei, Widerstand. Einmal zog er vor der Polizei blank.

Die Schubs-Attacke am 28. Oktober 2023 gegen 19 Uhr kurz vor der Haltestelle Klinikum im Friedrichshain. G. wieder einmal in Rage. In einer Tram der Linie M5 soll er plötzlich einen fremden Kinderwagen geschubst haben. Ein Kind (2) lag darin. Der Wagen preschte durch die Tram, schwankte stark zur Seite, fiel zum Glück nicht um.

An der Haltestelle schlug einer der Täter mit einem Stock auf eine Frau ein

Die Mutter wollte den Angreifer noch filmen. Die Anklage: „Er riss ihr das Handy aus der Hand, warf es durch die Tram.“ Dann soll er der erkennbar hochschwangeren Mutter mit der Faust gegen die Hüfte geschlagen haben. Schließlich sprang er aus der Bahn, drosch noch eine Delle in eine BMW-Motorhaube.

G. war bereits im Mai 2022 wegen Gewalt im öffentlichen Personennahverkehr aufgefallen. Ein Straßenbahnfahrer: „An der Haltestelle schlug er mit einem Stock auf eine Frau ein.“ Die Dame habe eine stark blutende Wunde am Bein erlitten. Der Tram-Fahrer: „Ich rief die Polizei, der Mann wirkte nicht ansprechbar.“

Janis G. wurde Ende Dezember festgenommen. Er kam allerdings gleich in den sogenannten Maßregelvollzug. Der Richter: „Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen Krankenhaus kommt in Betracht.“

Der Verteidiger: „Er stellt sich den Vorwürfen nicht entgegen.“ Erinnerungen an die Vorfälle aber habe G. kaum. Viel Alkohol sei im Spiel gewesen. Und G. fühle sich oft unverstanden. Der Anwalt: „Er kann ganz gut sprechen, wenn er sich konzentriert. Man glaubt ihm zum Teil nicht, dass er gehörlos ist.“

G. voller Reue: „Ich bitte um Entschuldigung.“ Er wolle eine Therapie beginnen. G.: „Ich will im Krankenhaus bleiben, dort bekomme ich keinen Alkohol.“

Die Touristin, die mit Mann und Tochter unterwegs war, erlitt eine Schnittwunde am Nasenrücken

Im Prozess zum Bierflaschen-Wurf reagierte Lamin F. (29) dagegen schweigend. Er soll am 29. Juli gegen 23 Uhr in einer S-Bahn der Linie S3 zwischen den Stationen Ostbahnhof und Jannowitzbrücke (Friedrichshain) auf eine Berlin-Touristin losgegangen sein. Eine Zeugin: „Es kam wie aus dem Nichts. Die Dame sah auf ihr Handy. Er warf plötzlich mit voller Wucht eine Glasflasche.“

Die Berlin-Touristin, die mit Mann und Tochter unterwegs war, erlitt eine Schnittwunde am Nasenrücken und Schmerzen. Auch bei Lamin F. aus Gambia steht nun eine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie im Raum. ■