55.000 Euro weg

Wildwest in Berlin: Diese Polizisten sollen Autofahrer ausgeraubt haben

Es passierte nachts auf der Stadtautobahn. Zwei Beamte sollen einen Mann in Handschellen gelegt und das Geld mitgenommen haben. Jetzt begann der Prozess.

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Die beiden angeklagten Polizisten Bülent L. (48, vorne li.) und Mehmet A (45, re.) mit ihren Anwälten.
Die beiden angeklagten Polizisten Bülent L. (48, vorne li.) und Mehmet A (45, re.) mit ihren Anwälten.Jörg Carstensen/dpa

Wildwest auf der Berliner Stadtautobahn. Aber diesmal sollen die Gesetzeshüter die Bösewichte gewesen sein. Zwei Polizeibeamte täuschten eine Kontrolle vor, stoppten einen Autofahrer mit Blaulicht und Polizeikelle – und raubten einen Rucksack mit mindestens 55.000 Euro Bargeld. So sieht es die Berliner Staatsanwaltschaft, den Angeklagten wird schwerer Raub und gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Am Montag begann der Prozess vor dem Landgericht.

Der 19. Juli 2023, gegen 22.45 Uhr. Was nun passiert, klingt wie das Drehbuch zu einem schlechten Krimi. Bülent L. (48) und Mehmet A. (45) stoppen einen blauen Wagen auf der Berliner Stadtautobahn in Höhe Messedamm und fordern ihn an der nächsten Ausfahrt zum Halten auf. Einer der Angeklagten soll seine Dienstwaffe sichtbar am Gürtel getragen haben. Der Autofahrer, der Chef einer Firma für Landschafts- und Gartenpflege, wurde laut Anklage von den Polizisten – ein Oberkommissar und ein Hauptkommissar – mit Handschellen gefesselt.

Die 45- und 48-Jährigen (außerhalb ihrer Dienstzeit, in Uniform) hätten den Wagen des 63-Jährigen durchsucht und Mobiltelefone und einen Rucksack mit 55.000 bis 60.000 Euro entwendet. Dem Mann sei ein Protokoll in die Hand gedrückt worden – „unvollständig und fehlerhaft ausgefüllt“, so die Anklage.

Das 63-jährige Opfer sagt: „Ich hatte große Angst“

Der 63-Jährige schilderte als erster Zeuge, das Geld sei für einen Kauf von Geräten und Maschinen aus zweiter Hand gewesen. „Ich sah dann einen Mini-Bus mit Blaulicht.“ Er sei aufgefordert worden, an der nächsten Ausfahrt zu halten. „Sie legten mir gleich Handschellen an.“ Gesichter habe er nicht erkennen können.

Einer der Männer habe sein Auto durchsucht, so der Geschäftsmann. Die Fesselung habe ihm Schmerzen bereitet. „Ich hatte große Angst.“ Die Täter hätten ihm einen „großen psychischen Schaden zugefügt“. Am nächsten Tage habe er Anzeige erstattet. Zunächst habe er etwa 57.000 Euro als geraubte Summe genannt. Später sei ihm eingefallen, dass er eine noch größere Summe in seinem Kofferraum versteckt hatte. Dass er mit so viel Bargeld unterwegs sein würde, habe nur er gewusst.

Die angeklagten Polizisten sollen gut befreundet sein. Einer der Männer sei verschuldet und spielsüchtig, heißt es im Ermittlungsverfahren. Gegen die beiden Beamten wurde Haftbefehl erlassen, sie sind allerdings gegen Meldeauflagen frei. Beide seien vom Dienst suspendiert.

Die beiden Polizisten sind auch in einen anderen Fall verwickelt

Ein Anwalt äußerte Zweifel an den Angaben des Autofahrers bei der Polizei. Er habe in einer späteren Aussage von geraubten 357.000 Euro gesprochen. Die Frage nach der Herkunft der angeblichen Summe sei zu klären. Der Prozess wird am 16. September mit der weiteren Befragung des 63-Jährigen fortgesetzt. Die Angeklagten schweigen bisher.

Wie kürzlich bekannt wurde, sollen die Angeklagten zu einer Gruppe von zwölf Beamten gehören, gegen die noch in einem anderen Zusammenhang ermittelt wird. Dabei gehe es um einen Diebstahl von Goldmünzen im Wert von 600 Euro in einer Kreuzberger Polizeiwache Ende 2021. Einer der jetzt Angeklagten soll die Münzen in seinem Spind aufbewahrt haben. Sein mitangeklagter Kollege soll sie dort gestohlen haben. Die anderen Polizisten sollen ihn verdächtigt, aber nicht angezeigt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf Strafvereitelung im Amt. Dieses Verfahren sei „völlig in der Schwebe“, sagte einer der Verteidiger. ■