Tourismus in der Corona-Krise: Berliner sollen die Luxus-Hotels der Stadt retten
Im Rahmen der Aktion „Erlebe deine Stadt“ können sie für günstiges Geld in den Hotels der Stadt übernachten. Die Aktion läuft den kompletten Oktober.

Sie gehören zu den Verlierern der Corona-Krise: die Hoteliers der Stadt. Weil die Touristen durch den Lockdown ausblieben, blieben auch die Betten leer. Nun sollen die Berliner helfen: Im Rahmen der Aktion „Erlebe deine Stadt“ können sie für günstiges Geld in den Hotels der Stadt übernachten. Die Aktion ist normalerweise auf ein Wochenende limitiert, läuft nun aber den kompletten Oktober. Mit dabei ist auch das Fünf-Sterne-Hotel „Palace“ am Kurfürstendamm. Direktor Michael Frenzel erzählte dem KURIER, wie er die Krise bisher erlebte.
Eigentlich hätte das Jahr 2020 für Michael Frenzel der Auftakt zu größeren Feierlichkeiten sein sollen. „In diesem Jahr bin ich seit zehn Jahren Direktor des Hotel Palace. Und im kommenden Jahr arbeite ich seit 20 Jahren am Haus.“ Es wäre eine gute Gelegenheit für zwei Partys gewesen – stattdessen feierte der Hoteldirektor keine. „Ich habe es vielen Kollegen gar nicht gesagt“, sagt der 48-Jährige. Siri-Carina Bartels, Marketing-Managerin des Luxus-Hotels in der Budapester Straße, fügt lächelnd hinzu: „Und ich durfte auch nichts organisieren.“
Die Auslastung in vielen Hotels ist in diesem Jahr eine Katastrophe
Es ist klar: Nach großen Partys dürfte im Tourismus-Sektor der Stadt in diesem Jahr den wenigsten zumute sein. Die Hoteliers gehören zu den Gebeutelten des Corona-Lockdowns. Während die Stadt vor lauter Touristen sonst aus allen Nähten platzt, ist die Auslastung in vielen Hotels in diesem Jahr eine Katastrophe. „Es dürfen zwar seit dem 25. Mai wieder Touristen in die Stadt, aber wir waren den ganzen Sommer über auf einem sehr niedrigen Niveau“, sagt Frenzel. Hinzu kommt: Messen und Kongresse fallen aus, Veranstaltungen finden nicht statt. „Unsere Auslastung liegt momentan bei etwa 30 Prozent. Normalerweise wären es zwischen 85 und 90.“

Im Hotel, das bereits 1968 eröffnete, habe man sich schon im Februar mit dem Thema Corona auseinandergesetzt. „Als die ITB gecancelt wurde, ging es Schlag auf Schlag“, erinnert sich Frenzel. Die Absage der Tourismusbörse sei der Auftakt einer großen Storno-Welle gewesen. Die Zeit habe man für Baumaßnahmen und Sanierungen genutzt – und auch Arbeiten durchgeführt, die im laufenden Betrieb sonst eher schwierig umzusetzen sind.
Zudem habe man sich mit den Hygiene-Maßnahmen auseinandergesetzt. „Wir haben unter anderem Desinfektionsspender und ein Wege-System, das etwa das Betreten und Verlassen von Konferenzräumen regelt“, sagt Frenzel. „Außerdem finden sich nun überall Plexiglasscheiben, stehend und hängend.“ Die Plätze in den Restaurants seien reduziert worden, zum Frühstück können statt 240 Gästen nun gleichzeitig 70 antreten. Und das hauseigene Fleisch-Restaurant wird mit 14 Sitzplätzen beinahe zum „Private Dinner“, sagt der Hoteldirektor.
Wir haben in der Gastro- und Hotelbranche sowieso einen dramatischen Fachkräftemangel. Viele Menschen aus dem Bereich haben sich in den letzten Monaten zwangsläufig umorientiert, um überleben zu können. Und es gibt kaum neue Auszubildende, was es in Zukunft noch schwerer machen dürfte.
Michael Frenzel, Hoteldirektor
Inzwischen kommen wieder vereinzelt Gäste. „Trotzdem werden uns die Auswirkungen noch länger beschäftigen“, sagt Frenzel. Zum einen, weil viele Reisende noch immer vorsichtig handeln – die Lage ist auch den Touristen oft zu ungewiss. Aber auch aus anderen Gründen. „Wir haben in der Gastro- und Hotelbranche sowieso einen dramatischen Fachkräftemangel. Viele Menschen aus dem Bereich haben sich in den letzten Monaten umorientiert, um überleben zu können. Und es gibt kaum Auszubildende, was es in Zukunft noch schwerer machen dürfte.“
Die Pandemie reißt allen den Boden unter den Füßen weg
Doch Frenzel will durchhalten. „Ich sehe es auch als meine Aufgabe an, den Mitarbeitern zu vermitteln, dass es weitergehen wird – und ihnen Hoffnung zu geben“, sagt er. Man habe schließlich schon andere Krisen erlebt. Die Vogelgrippe, die Bankenkrise, der 11. September. „All diese Ereignisse haben den Tourismus beeinflusst. Die Pandemie reißt uns nun aber etwas mehr den Boden unter den Füßen weg – und sorgt dafür, dass wir mit einem Bein über dem Abgrund hängen.“
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Auch die Aktion „Erlebe deine Stadt“ soll helfen. Eigentlich können sich die Berliner nur einmal im Jahr für ein Wochenende in den Berliner Hotels einmieten, doch die Herbst-Edition dauert vom 2. Oktober bis zum 2. November an. Die teilnehmenden Hotels – darunter auch Luxus-Häuser wie das Hilton am Gendarmenmarkt und das Ritz-Carlton am Potsdamer Platz und das Steigenberger am Kanzleramt – können bereits gebucht werden. Rund 50 Hotels nehmen Teil, im Laufe des Monats sollen aber noch mehr Angebote hinzukommen. Der Preis für eine Übernachtung mit Frühstück in einem Hotel mit drei oder vier Sternen liegt bei 98 Euro, im Fünf-Sterne-Hotel kostet die Nacht 118 Euro. Jeder Gast erhält außerdem eine „WelcomeBackCard“, die ermäßigten Eintritt in 70 Attraktionen in der ganzen Stadt ermöglicht.
Frenzel hofft, dass die Menschen in der Stadt das Angebot annehmen. Nein: Er weiß es. „Die Stadt hat viele tolle Hotels – und die Berliner sind dafür bekannt, dass sie ihren Unternehmen beistehen“, sagt er. Nur seitens der Politik ist sich der Hotel-Direktor nicht so sicher. „Das Problem ist, dass immer wieder gesagt wird: Die Leute in der Hotelbranche sind an Krisen gewöhnt, die schaffen das schon.“ Er kritisiert auch jene Menschen, die sich bei Corona-Partys den Regeln widersetzen. „Ich bin mir nicht sicher, ob angekommen ist, wie viele Existenzen am seidenen Faden hängen.“
Infos: www.visitberlin.de/de/erlebe-deine-stadt