Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar gerät ins Zentrum einer brutalen Partei-Intrige – und beschreibt die vergangenen Wochen als eine wahre Tortur. „Für mich war das eine kafkaeske Situation“, beschreibt Gelbhaar gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“ seinen inneren Zustand. Tief erschüttert blickt er auf die Ereignisse zurück, die ihn nicht nur politisch, sondern auch menschlich an den Abgrund führten.
Alles begann Mitte Dezember, als Belästigungsvorwürfe gegen den Pankower Politiker öffentlich wurden. Gelbhaar, bekannt als geradliniger und engagierter Bundestagsabgeordneter, wies diese Vorwürfe stets zurück. Doch die öffentliche Diskussion hielt an, sein politisches Leben wurde dadurch völlig umkrempelt. „Es ging in Wellen. Da ist diese Hoffnung, dass das irgendwie vorbeizieht“, sagte der sichtlich gezeichnete Gelbhaar. Doch der Sturm zog nicht vorüber – er brach mit voller Wucht über ihn herein.
Um weiteren Schaden von seiner Partei abzuwenden, zog Gelbhaar Konsequenzen: Er verzichtete auf eine erneute Kandidatur für einen vorderen Platz auf der Landesliste der Berliner Grünen. „Ich sollte mich gegen Vorwürfe verteidigen, die ich quasi nicht kannte“, erklärt er und zeigt sich auch Wochen später noch fassungslos über die kafkaesken Umstände, die ihn in eine regelrechte Verteidigungsposition zwangen – ohne klare Anklagepunkte.
Im Januar folgte dann der nächste Rückschlag: Bei einer Neuaufstellung für die Direktkandidatur seines Wahlkreises Pankow verlor Gelbhaar überraschend. Er landete nur auf Platz zwei – ein klares Signal, dass seine Partei ihm nicht mehr das volle Vertrauen aussprach.
Sein bitteres Fazit: Nach der Bundestagswahl im Februar wird er nicht mehr im Parlament vertreten sein. „Der Politiker wurde zersetzt, der Mensch zutiefst erschüttert. Was noch steht, ist der Anwalt“, resümierte er in bedrückender Offenheit. Der Strafverteidiger, der einst selbst für Gerechtigkeit kämpfte, sieht sich nun in einer Rolle, die er nie für möglich hielt.
Stefan Gelbhaar beschrefibt eine kafkaeske Situation
Zwischenzeitlich sorgten Berichte des RBB für weitere Brisanz. Der Sender veröffentlichte Informationen über eidesstattliche Versicherungen von Frauen und anonyme Meldungen an die Ombudsstelle der Grünen. Doch der vermeintliche Beweis begann schnell zu zerbröseln: Am vergangenen Freitag zog der RBB Teile seiner Berichterstattung zurück. Grund dafür waren Zweifel an der Identität einer der Hauptzeuginnen.

Wie sich herausstellte, hatte sich eine Grünen-Bezirkspolitikerin als Betroffene ausgegeben und unter falschem Namen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Ein Schlag ins Gesicht der Glaubwürdigkeit und ein Hoffnungsschimmer für Gelbhaar. „In den Augen der Öffentlichkeit werde ich gerade wieder zum Menschen“, sagt Gelbhaar erleichtert. Doch die Wunden, die der Skandal hinterließ, sind tief.
Die Bundespartei der Grünen will die Vorwürfe weiter umfassend untersuchen. Eine eigene Kommission soll Licht ins Dunkel bringen. Doch wie lange wird es dauern, bis die Wahrheit ans Licht kommt? Und wird Stefan Gelbhaar dann noch etwas von seiner politischen Karriere übrig haben?
Die Geschichte eines Politikers, der in einen Strudel aus Vorwürfen, Lügen und Intrigen geriet – und den Kampf um seine Reputation auf schmerzhafte Weise austragen musste, wartet auf das nächste Kapitel. ■