250 bis 300 Menschen werden in Deutschland täglich als vermisst gemeldet. Ungefähr die Hälfte der Vermissten sind Kinder und Jugendliche. Oft sind es Ausreißer, manchmal hat sie ein Elternteil entführt. Viele tauchen nach kurzer Zeit wieder auf, doch von vielen fehlt selbst nach Jahren noch jede Spur. Den Eltern bleibt nur die unerschütterliche Hoffnung, dass es ihren Lieben gut geht und sie die Jungen und Mädchen eines Tages wieder in die Arme schließen können.
Der internationale Tag der vermissten Kinder am Sonntag, 25. Mai, erinnert an diese vielen, ungeklärten Schicksale. In ganz Deutschland fehlt von 1800 Kindern jede Spur. In Berlin gelten insgesamt rund 160 Kinder und Jugendliche als vermisst. Zum Stichtag 1. Mai 2025 waren 16 von ihnen jünger als 13 Jahre alt. Und keines der vermissten Kinder und kein verschwundener Jugendlicher lässt die Ermittler je zur Ruhe kommen – das sind die rätselhaftesten Vermisstenfälle in Berlin!
Fall Sandra: Ein letztes „Tschüs!“ im November 2000
Sandra Wißmann war 12, als sie am 28. November 2000 in Kreuzberg zum letzten Mal gesehen wurde. Da verabschiedete sich die Teenagerin von ihrer Mutter an der Ecke Kottbusser Damm/Böckhstraße. Sie wollte am Hermannplatz ein Geburtstagsgeschenk für ihre Mutter kaufen, und das natürlich ohne sie! Seitdem ist Sandra spurlos verschwunden. Eltern und Polizei setzten hohe Belohnungen aus, um das Mädchen, das an jenem Novembertag schwarze Jeans und eine blaue Wintersteppjacke trug, zu finden. Vergeblich. Bis heute ist Sandra verschollen.

Fall Georgine: Sitzt wirklich ihr Mörder hinter Gittern?
Am Nachmittag des 25. September 2006 verschwand Georgine Krüger aus Moabit spurlos auf dem Heimweg von der Schule. Der Fall der damals 14-Jährigen war über Jahre einer der bekanntesten Vermisstenfälle in Deutschland. Lange wurde gesucht, aber die Leiche Georgines wurde bis heute nicht gefunden. Mehr als 13 Jahre nach Georgines Verschwinden wurde vor fünf Jahren ein Nachbar schuldig gesprochen, das Mädchen getötet zu haben. Das Berliner Landgericht verurteilte den 44-jährigen Familienvater im März 2020 wegen Mordes und Vergewaltigung zu lebenslanger Haft.

Er hat in derselben Straße wie Georgine gewohnt. Am Nachmittag des 25. September 2006 lockte er das Mädchen laut Urteil unter einem Vorwand in seinen Keller. Dort schlug er Georgine bewusstlos, vergewaltigte sie und erwürgte sie zur Verdeckung der Tat. Der verurteilte Mann schweigt bis heute über den Fall und bestreitet die Vorwürfe. Auch wo Georgines Leiche liegt, hat die Familie bis heute nicht erfahren.
Fall Kebenu: Sie verschwand am Einheits-Tag

Kebenu Alemu Girma ist seit dem 3. Oktober 2021 spurlos verschwunden. An jenem Sonntag, an dem die Berliner den Tag der Deutschen Einheit feierten, kam die damals 17-Jährige nicht zurück in ihre Jugendhilfeeinrichtung in Wedding. Die Polizei Berlin veröffentlichte ein Foto der Jugendlichen mit den gelockten, schwarzen Haaren und bat die Bevölkerung um Mithilfe nach der Vermissten. Doch bis heute brachte der Aufruf keinen Erfolg.
Fall Rebecca: Schwager verdächtigt, er stand auf Fessel-Sex
In der Nacht zum 18. Februar 2019 war die 15-Jährige Rebecca Reusch noch im Haus ihrer Schwester und ihres Schwagers im Stadtteil Britz. Seitdem fehlt von ihr jede Spur. Rebecca kommt an dem Tag nicht in der Schule an und meldet sich auch sonst nicht mehr. Der Verdacht der Polizei richtet sich schnell gegen den damals 27-jährigen Schwager, der mit Rebecca an jenem Morgen allein im Haus war. Er wird zwei Mal festgenommen und wieder freigelassen. Er bestreitet, etwas mit dem Verschwinden der Schülerin zu tun zu haben. Auch die Familie stand immer hinter ihm. Der Schwager sagt, Rebecca habe das Haus verlassen. Das konnte die Mordkommission anhand der Handydaten aber nicht feststellen.

Sie geht davon aus, „dass Rebecca das Haus des Schwagers nicht lebend verlassen hat“, wie die Staatsanwaltschaft mehrfach betonte. Im Lauf der Ermittlungen wird auch festgestellt, dass Rebeccas Schwager in der Nacht ihres Verschwindens Pornos angesehen hat, bevorzugt Videos mit Fessel-Sex. Bei der erneuten Hausdurchsuchung im Frühjahr 2023 wird festgestellt, dass der Gürtel von Rebeccas Bademantel fehlte. Es stand die Frage im Raum, ob sie damit erwürgt wurde.
Zudem wird das Auto der Familie am 18. und 19. Februar auf der Autobahn zwischen Berlin und Polen erfasst. Der Schwager hatte als einziger zu diesen Zeitpunkten Zugang zu dem Wagen, kann aber nicht plausibel erklären, warum er dort unterwegs war.
Mehr als 2000 Hinweise aus der Bevölkerung gehen zum Vermisstenfall Rebecca ein. Die Polizei sucht wochenlang in Wäldern und an Seen im dünn besiedelten Brandenburg 50 Kilometer südöstlich von Berlin nach der Leiche der Jugendlichen. Hunderte Polizisten, Leichenspürhunde, Taucher sind im Einsatz – und finden nichts. Rebecca bleibt verschwunden, bis heute. Die Kriminalpolizei hält weiterhin den Schwager für den Mörder. Beweisen kann sie ihm das aber nicht.