Diese Forderung wird garantiert für Aufregung sorgen. Die Grünen in Berlin-Pankow wollen, dass künftig Schwangerschaftsabbrüche im Gesundheitsamt durchgeführt werden sollen. Über einen entsprechenden Antrag soll jetzt das Bezirksparlament (BVV) entscheiden.
In dem Antrag wird das Bezirksamt aufgefordert, die Möglichkeit zu prüfen, ob die bereits vorhandenen Praxisräume des Gesundheitsamts in der Grunowstraße auch für solche Anliegen genutzt werden können. Die Grünen wollen so Frauenärzten „und zukünftig auch weiterem neu ausgebildetem Pflegepersonal die Möglichkeit geben“, dort Schwangerschaftsabbrüche mittels der Abtreibungspille durchzuführen.
Der Hintergrund: Die Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten und damit seit 2022 auch werben dürfen, würden von Abtreibungsgegnern ständig belagert werden. „Diese Einschüchterungen führen dazu, dass viele Ärzt*innen den Eingriff aus Angst vor Anfeindungen gar nicht erst anbieten oder keine Informationen dazu bereitstellen. Außerdem werde dadurch erheblicher Druck auf Frauen ausgeübt, die abtreiben wollen“, heißt es in dem Antrag der Pankower Grünen-Fraktion.

„Frauen sollten frei und sicher abtreiben können, ohne sich Belästigungen oder Anfeindungen aussetzen zu müssen”, sagt Grünen-Politiker Can Aru, einer der Initiatoren des Antrages. „Im Gesundheitsamt stehen Praxisräume für ärztliche Behandlungen zur Verfügung, und wir möchten diese Räume auch für Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen.“
Der Abgeordnete erklärt weiter: Mit dem Gesundheitsamt würde man für diesen medizinischen Schritt einen „sicheren Ort für Frauen und unterstützenden Ärzten“ schaffen. „Dieser Schritt würde auch zeigen: Pankow unterstützt die Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden“, sagt Aru.
Abtreibungen im Gesundheitsamt, weil Frauenärzte in ihren Praxen bedroht werden
In der Tat werden Praxen öffentlich angefeindet, die Schwangerschaftsabbrüche medikamentös oder auch mit der sogenannten Absaugmethode durchführen. Immer wieder kommt es vor, dass Abtreibungsgegner vor den Praxen und Beratungsstellen protestieren oder Mediziner bedrohen. Daher solle nun das Pankower Gesundheitsamt als Alternative für medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche genutzt werden, so die Grünen.

Die Zahl der Abtreibungen ist in Berlin konstant. Nach Angaben des Statischen Landesamtes haben im vergangenen Jahr insgesamt 9332 Berlinerinnen einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. 2022 waren es 9382 Frauen. In 57,1 Prozent der Fälle wurde dieser Eingriff medikamentös durchgeführt.

47,2 Prozent der Frauen, die einen Abbruch hatten, waren zwischen 25 und 35 Jahren alt. 20,1 Prozent waren zwischen 35 und 40 Jahren, 18,3 Prozent gehörten der Altersgruppe zwischen 20 und 25 Jahren an. Der überwiegende Anteil der Frauen (65,4 Prozent) war ledig.
Abtreibungen sind in Deutschland allerdings strafbar, aber es gibt gesetzliche Ausnahmen. Frauen dürfen straffrei abtreiben, wenn seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind, der Abbruch durch einen Arzt erfolgt und sie sich zuvor haben beraten lassen. Ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch ist allerdings nur bis zur neunten Schwangerschaftswoche legal. So entschied der Bundestag vor fast 30 Jahren, als am 29. Juni 1995 die Neufassung des Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes verabschiedet wurde.
Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland: Was ist erlaubt?
Das war auch aufgrund der deutschen Wiedervereinigung notwendig. Denn die neue Regelung ähnelte dem „Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft“, das die Volkskammer der DDR am 9. März 1972 verabschiedete. Es stellte damals weltweit ein Novum dar. Erstmals übertrug ein Gesetz den Frauen das Recht, innerhalb von zwölf Wochen nach Beginn einer Schwangerschaft eigenverantwortlich über deren Abbruch zu entscheiden. Bis dahin entschied eine Kommission darüber – unter Einhaltung bestimmter Maßgaben.
Laut der aktuellen gesamtdeutschen Abtreibungsregelung müssen Frauen vor einem Abbruch, egal welcher Art, ein Beratungsgespräch in einer Beratungsstelle durchführen. Erst mit der Bescheinigung eines Gespräches darf der Arzt die Abtreibung vornehmen.
Und dabei gibt es Vorgaben, die über die Kostenübernahme eines Schwangerschaftsabbruches entscheiden, die laut Pro Familia bis zu 1000 Euro hoch sein können. Bei Abtreibungen mittels Tabletten liegen die Kosten bei etwa 300 Euro.

So ist nach Paragraf 218a Absatz 2 und 3 des Strafgesetzbuches eine Abtreibung vor allem dann straffrei, wenn Frauen infolge einer Vergewaltigung (kriminologische Indikation) schwanger wurden. Auch beim Vorliegen einer medizinischen Indikation ist der Abbruch straffrei, sollte für die Schwangere Lebensgefahr oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes bestehen.
Liegen diese Indikationen vor, werden die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs von der Krankenkasse getragen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme besteht auch, wenn die Frau sozial bedürftig ist. Hier gibt es aber einiges zu beachten.
Der Antrag auf Kostenübernahme bei Bedürftigkeit ist bei der Krankenkasse zu stellen. Laut dem Bundesjustizministerium werden seit dem 1. Juli 2024 bis 30. Juni 2025 Frauen angesehen, deren verfügbares persönliches Einkommen 1.446 Euro im Monat nicht übersteigt und denen auch persönlich kein kurzfristig verwertbares Vermögen zur Verfügung steht.
Diese Einkommensgrenze erhöht sich für jedes im Haus der Frau lebende minderjährige Kind um 343 Euro. Eine weitere Erhöhung bis maximal 424 Euro ist möglich, wenn die Kosten der Unterkunft 424 Euro übersteigen. ■