Nach Querelen um befürchtete Abrisspläne für eine Villa von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels in Wandlitz will das Land Berlin eine weitere Nutzung und Entwicklung des Areals ermöglichen. Die Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM) teilte am Montag mit, die Gemeinde Wandlitz, auf dessen Gebiet das Gelände am Bogensee liege, solle sich für eine Entwicklung des Areals um Gelder aus dem Förderprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ bewerben können. Das habe der Aufsichtsrat am Freitag beschlossen. Mehrere Medien berichteten darüber. Im Rahmen des Förderprogramms soll ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept für das Areal entwickelt werden. Die Gemeinde Wandlitz würde sich in dem Fall für die Millionenförderung vom Bund bewerben.
Das Areal, auf dem sich Goebbels ein Landhaus bauen ließ, ist seit dem Jahr 2000 ungenutzt und verfällt. Der Landkreis und die Gemeinde hatten sich für den Erhalt eingesetzt.
Doch der Erhalt ist teuer. Pro Jahr kostet die Bewirtschaftung des Geländes bisher rund 250.000 Euro. Die Sanierung aller Gebäude koste 250 Millionen, rechnet die BIM vor.
Auch Rückbau und Aufforstung denkbar
Sollte keine wirtschaftlich tragfähige Perspektive für das Areal gefunden werden, werde die BIM „mögliche Schritte zur Umwandlung“ in eine Aufforstungsfläche beziehungsweise eine Abgabe des Areals an die Berliner Forsten prüfen und vorbereiten, teilte die Immobilienmanagementgesellschaft mit. Dann dürfte ein Abriss die Folge sein.
Kann Bundespolizei Areal zwischenzeitlich für Übungszwecke nutzen?
Doch zuvor gibt es eine Chance, doch noch eine tragfähige Nutzung und Investoren zu finden. Zudem sei zugestimmt worden, dass die BIM versuche, für drei Jahre eine Zwischennutzung mit einer Bundeseinrichtung zu vereinbaren. Mehrere Medien berichteten übereinstimmend, es handle sich dabei um die Bundespolizei, die dort eventuell zwischenzeitlich eine Trainingsstätte einrichten könne. Zuletzt waren die Räume eines der beiden FDJ-Wohnheime, das seit 1991 „Haus Reggio di Calabria“ heißt, bei einer Übung der Bundespolizei in Berlin als Unterkünfte genutzt worden.

Wenn eine Zwischennutzung durch eine Bundeseinrichtung scheitere, solle der Gemeinde Wandlitz eine Übertragung des Geländes angeboten werden, hieß es.
Landkreis und Gemeinde suchen neue Nutzung für historisches Areal
Das Areal am Bogensee in der brandenburgischen Gemeinde Wandlitz gehört dem Land Berlin. In einem Schreiben an die Berliner Immobilienmanagement GmbH hatten unter anderem der Landrat des Kreises Barnim, Daniel Kurth, und der Bürgermeister von Wandlitz, Oliver Borchert, gefordert, dass es für die Dauer von fünf Jahren keine Maßnahmen und Entscheidungen über einen Abriss geben dürfe. In der Zeit solle ein Konzept für künftige Nutzungsmöglichkeiten entwickelt werden.
Landrat Kurth hatte gesagt, das bundesweit einzigartige Areal sei historisch sowie architektonisch von herausragender Bedeutung und unbedingt schützenswert. Auch der Bürgermeister will einen wichtigen Erinnerungsort erhalten.
Bisher scheiterten alle Versuche, Bogensee zu verkaufen
Mehrere Versuche zum Verkauf waren bisher gescheitert. 1936 schenkte die Stadt Berlin Reichspropagandaminister Goebbels den Bogensee mit umliegendem Gelände. Nach dem Ende der NS-Diktatur nutzten die Alliierten das Gelände kurzzeitig als Lazarett. Die Sowjets übergaben das Gelände 1946 der Freien Deutschen Jugend (FDJ), die dort eine Jugendhochschule gründete. In den 1950er-Jahren entstand das übrige Gebäudeensemble. Nach der Wende wurde die Schule aufgelöst.

Im Rahmen des Förderprogramms wurden in Brandenburg bereits knapp vier Millionen Euro für die Sanierung des Stadtbads Luckenwalde gestellt. Knapp zwei Millionen gab es für die Entwicklung des historischen Bahnhofs in Wittenberge. In Erkner wurde die Sanierung und der Umbau der „Villa Lassen“ als Teil des Gerhart-Hauptmann-Museums realisiert. In Potsdam bekam der Lottenhof eine Chance auf eine Wiederbelebung. ■