Einfach nur komisch oder doch schon ekelig? Eine trockene Stelle, die Haut unter dem Haar ist etwas gerötet... Ein hochansteckender Pilz macht sich auf den Köpfen von Jungen und jungen Männern breit. Die waren zuvor oft beim Barber. Nun schlagen Dermatologen Alarm und warnen vor einer Epidemie, die sich bereits europaweit ausgebreitet hat. Die Infektionszahlen steigen rapide, und Experten fordern dringend Maßnahmen zur Eindämmung dieses Gesundheitsrisikos.
Schuppende und teils auch eitrige Pilzinfektionen auf dem Kopf und im Bartbereich nehmen vor allem bei männlichen Jugendlichen und jungen Männern rasant zu. Fachleute gehen davon aus, dass sich die Personen überwiegend in Barbershops infizieren - also in Friseurgeschäften, die sich vor allem an diese Kundengruppe wenden und mit günstigen Preisen werben. Genau jene Barbershops, die es auch in Berlin in jeder Ecke gibt.
Barbershops sind häufige Infektionsquelle
„Die steigende Zahl von Infektionen mit dem Pilz Trichophyton tonsurans ist ein richtiges Problem und erst in den letzten etwa drei Jahren aufgekommen“, berichtet Pietro Nenoff, Laborarzt und Professor für Dermatologie an der Uni Leipzig. „Es gibt einen stetigen Anstieg.“ Ursache der Infektionen sei mangelnde Hygiene und unzureichende Desinfektion etwa von Rasiergeräten. Bundesweit dürften es inzwischen tausende Infektionen sein.
Zunächst seien Erkrankungen vornehmlich aus den alten Bundesländern gemeldet worden, „inzwischen ist ganz Deutschland betroffen“. Der Dermatologe Martin Schaller von der Universität Tübingen sprach am Wochenende gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sogar von einer „europaweiten Epidemie“. Der Pilz werde inzwischen drei- bis fünfmal so oft nachgewiesen wie noch vor fünf Jahren, sagen Schaller und Nenoff.
Hohe Dunkelziffer bei Hautpilz: Meldepflicht gefordert
Der häufige Zusammenhang zwischen den Infektionen und Besuchen im Barbershop sei mittlerweile unstrittig. Die Dunkelziffer sei hoch, denn eine Meldepflicht gebe es für diesen Pilz nicht. Trichophyton tonsurans ist sehr ansteckend und kann auch innerhalb von Familien oder Gruppen von Kita-Kindern übertragen werden, die zuvor mit einer infizierten Person zusammen waren.
Gerade bei Minderjährigen sei die Behandlung aber nicht so einfach, da die Tabletten dagegen für Unter-18-Jährige nicht zugelassen seien, sagt Nenoff. „Die Krankheit sollte unbedingt meldepflichtig sein, das ist überfällig.“ Man müsse die Infektionsquellen finden und dringend appellieren, dass Barbershops die gängigen Hygienestandards einhalten.

Dieser Ekel-Pilz liebt mangelnde Hygiene...
Möglicherweise mit ein Grund für die Verbreitung des Pilzes: Nichtwissen um hygienische Notwendigkeiten und die mangelnde Fortbildung von Mitarbeitern beziehungsweise die Beschäftigung ungelernter Mitarbeiter. Oft sei in Barbershops kein Friseurmeister vor Ort, der auf die Einhaltung hygienischer Standards achten könne, sagt die Obermeisterin der Friseurinnung Erlangen, Judith Warmuth. Dazu gehöre die fachmännische Desinfektion von Maschinen und Scheren mit speziellen Mitteln oder auch Tauchbäder der Friseur-Utensilien in spezielle Desinfektionslösungen. Sie bezweifele, dass die Mitarbeiter in Barbershops entsprechend geschult würden.
„Barbershops haben alle ihre Daseinsberechtigung“, sagt Warmuth. Auch verbreite sich der Pilz nicht nur dort. Es sei aber wichtig, dass Betriebe generell besser von der Handwerkskammer oder auch den Berufsgenossenschaften kontrolliert würden.
Fadenpilz schon lange bekannt
Der Fadenpilz ist seit Jahrzehnten bekannt, viele Fachleute nennen ihn auch „Mattenpilz“ oder „Ringerpilz“, erläutert Nenoff. Ursprünglich gelangte der Erreger über Kampfsportler, vor allem auf Matten kämpfende Ringer, auf die Köpfe von Betroffenen. „Inzwischen aber sind solche Infektionen auch mit Barbershops in Verbindung zu bringen.“
Pilz kann sogar zu Haarausfall führen - aber Infektion gut behandelbar
Die Infektion mit dem Fadenpilz äußert sich in Form von schuppigen und geröteten Stellen. Wenn der Pilz nach dem Schnitt etwa mit einer Rasierklinge oder durch andere kleinere Verletzungen unter die Haut gerät, kann es auch zu eitrigen Pusteln, Vernarbungen und auch Haarausfall kommen. Eine Infektion sei gut behandelbar - äußerlich, aber auch von innen mit Tabletten. Die Mittel dagegen seien wirksam und es gebe keine Resistenzen. ■