Die Berlinale ist politisch – ob sie’s will oder nicht. Während andere Filmfestivals vorsichtig sind oder um den heißen Brei reden, hat die Berlinale sich häufig politisch positioniert oder hat Leuten die Chance gegeben, sich zu positionieren. Dieses Jahr scheint sie die Aufgabe aber ganz besonders ernst genommen zu haben.
Es ist die erste Pressekonferenz, der offizielle Auftakt der 74. Berliner Filmfestspiele. Die Fragen zu den Filmen und den Biografien der Juroren geraten ziemlich schnell in den Hintergrund, als der erste Journalist eine Frage zu den fünf ein- und wieder ausgeladenen AfD-Politikern stellt. Die Jury ist sichtbar uneinig, die Stimmung im Saal angespannt. Dann wird der spanische Filmemacher Albert Serra zu seiner vermeintlich Putin-freundlichen Haltung gefragt und direkt im Anschluss die ukrainische Autorin Oksana Zabuzhko, wie sie sich damit fühlt, mit einem Putin-Sympathisanten in einer Jury zu sitzen.
Eins muss man der Berlinale zugutehalten: Bei keinem anderen Filmfestival werden alle unterschwelenden politischen Konflikte gleich vom ersten Tag an so offen angesprochen. Das hat man gemerkt, als Jury-Vorstand Lupita Nyong’o, mit ihrer langjährigen Erfahrung mit Presse und Öffentlichkeit in verschiedenen Ländern, die diplomatische Miene verrutscht, als der deutsche Filmemacher Christian Petzold die Meinung äußerte, kein Problem damit zu haben, wenn AfD-Mitglieder im Publikum sitzen würden.