Mehr Übergriffe

Hakenkreuze auf Schultoiletten, Hassbotschaften: Wie rechts ist Brandenburg?

Auch ein Jahr nach den rechtsextremen Vorfällen in einer Schule in Burg hat sich nicht viel geändert. Die Linke wirft dem Land Versagen vor.

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Auch in Brandenburg, wie hier vor dem Landtag in Potsdam, wird in den letzten Wochen immer wieder gegen Rechtsextremismus und die AfD protestiert.
Auch in Brandenburg, wie hier vor dem Landtag in Potsdam, wird in den letzten Wochen immer wieder gegen Rechtsextremismus und die AfD protestiert.Martin Müller/imago

Hakenkreuze auf Schultoiletten, Hassbotschaften, Morddrohungen: Fast ein Jahr nach den rechtsextremen Vorfällen an einer Schule in Burg reichen die Maßnahmen der Landesregierung für mehr Demokratiebildung nach Ansicht der Brandenburger Linken nicht aus. Sie werfen der rot-schwarz-grünen Regierungskoalition Versagen vor.

„Man ruht sich darauf aus, dass wir jetzt das Schulgesetz geändert haben“, kritisierte die bildungspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Kathrin Dannenberg, am Montagabend in Cottbus bei einer Diskussionsrunde. Lehrkräfte könnten nun zwar schnell reagieren und Schüler bei rechtsextremen Handlungen aus dem Unterricht entfernen. Das sei vorher nicht möglich gewesen. Doch das allein löse das Problem nicht, betont sie.

Ein Grundschullehrer aus Cottbus berichtet, dass Hakenkreuze in Toiletten keine Seltenheit sind

Nach dem neuen Brandenburger Schulgesetz, das Ende Januar verabschiedet wurde, müssen die Schulen Aktionen zur Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie antisemitische oder rassistische Vorfälle unverzüglich dem Schulamt melden. Dies war bisher nicht zwingend vorgeschrieben. Die Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen liegen dabei im Ermessen der jeweiligen Schule.

Die Grund- und Oberschule in Burg hatte im vergangenen Jahr nach einem zunächst anonymen Brandbrief zweier Lehrkräfte über Monate für Schlagzeilen gesorgt. Die Lehrerin und der Lehrer hatten im April geschildert, wie sie an der Schule täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert seien. Sie hatten auch von Untätigkeit der Schulleitung gesprochen. Danach wurden sie angefeindet und verließen schließlich die Schule zum Sommer.

In einem offenen Brief hatten sich vor knapp einem Jahr Lehrer der Grund- und Oberschule in Burg über rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule im Spree-Neiße-Kreis beklagt.
In einem offenen Brief hatten sich vor knapp einem Jahr Lehrer der Grund- und Oberschule in Burg über rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule im Spree-Neiße-Kreis beklagt.Patrick Pleul/dpa

Die Situation an den Schulen sei, dass es zu wenig Zeit für politische Bildung gebe, sagt Dannenberg. „Kinder müssen von klein auf lernen, was Demokratie und Mitbestimmung heißt.“ Das beginne allerdings am Frühstückstisch in der Familie. Schüler stellten bei Diskussionsrunden in Schulen immer die gleichen Fragen, etwa nach Bürgergeld und Grenzsicherung, habe sie beobachtet. Viele trauten sich in Fragerunden nicht, ihre Meinung zu sagen. Deshalb müsse die Debatte unter Jugendlichen und auch unter Lehrkräften vorangetrieben werden.

Ein Grundschullehrer aus Cottbus berichtet, dass Hakenkreuze in Toiletten keine Seltenheit seien. Seine Beobachtung sei, dass Quereinsteiger in Schulen, die sich gegen Missstände auflehnten, nicht erwünscht seien.

Vor diesem Hintergrund müsse man sich fragen, wie wehrhaft die Demokratie sei, sagte Linke-Fraktionschef Sebastian Walter. Zwei Lehrkräfte in Burg hätten diese verteidigt und danach zunächst Stress mit ihrem Arbeitgeber bekommen, weil sie öffentlich über die Vorfälle gesprochen hätten. „Wenn Ministerpräsident Dietmar Woidke sich hinstellt auf Demonstrationen gegen rechts und bewegt ist von den vielen Menschen, dann sage ich: Mach mal deinen Job“, bekräftigte der Linke-Politiker.

Kathrin Dannenberg, bildungspolitische Sprecherin der Linken: „Kinder müssen von klein auf lernen, was Demokratie und Mitbestimmung heißt.“
Kathrin Dannenberg, bildungspolitische Sprecherin der Linken: „Kinder müssen von klein auf lernen, was Demokratie und Mitbestimmung heißt.“Monika Skolimowska/dpa

Linke-Politiker bekommt Morddrohungen und Hassbotschaften

Walter berichtete von Morddrohungen und Hassbotschaften gegen seine Person, vor allem aus dem AfD-Spektrum. „Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen“, appellierte er. Deshalb sei es wichtig gewesen, was die beiden Burger Lehrkräfte gemacht hätten. Egal welche Partei angegriffen werde, gemeint seien am Ende alle. Deshalb müsse der Staat auch anders reagieren. „Da hilft kein Schulgesetz. Am Ende geht es darum, dass man eine Haltung hat und dass man die sieht.“

Innenminister Michael Stübgen (CDU) rechnet nach einem Bericht der Märkischen Allgemeinen damit, dass es im Landtagswahljahr wieder mehr Übergriffe geben werde, die sich gegen Amts- und Mandatsträger richten. Die SPD und die Linke in Brandenburg bieten den Angaben zufolge in Vorbereitung der Wahlkämpfe Schulungen für ihre Mitglieder an. ■