Die erste Reaktion, wenn man ihn sieht: Ach, ist der süß! Aber Joschi ist in Wahrheit viel mehr als eine kleine, liebenswerte Fellnase. Der dreijährige Rüde macht gerade Karriere als echte Supernase, was er jeden Tag aufs Neue beweist. Der Hund kann sogar Baumkrankheiten und bedrohte Tierarten erschnüffeln.
Wenn Joschi das signalrote Geschirr mit der Aufschrift „Suchhund“ angelegt bekommt, weiß der dreijährige Hund sofort: Jetzt gibt es Arbeit! Der aufgeweckte Rüde der noch recht neuen Rasse Merlsheimer – einer Kreuzung aus Pudel, Terrier und Elo – schnuppert ausführlich an der ihm vorgehaltenen Geruchsprobe. Beim Befehl „Such!“ von Hundehalterin Christiane Voigt zieht Joschi an der langen Leine zielstrebig los, die Nase dicht am Boden. Findet er den Geruch in der Natur wieder, gibt er ein kurzes Bellen von sich und blickt Voigt erwartungsvoll an.
„Hunde können eine Million Gerüche und Düfte erschnuppern und unterscheiden, Menschen lediglich zehntausend“
„Hunde können eine Million Gerüche und Düfte erschnuppern und unterscheiden, Menschen lediglich zehntausend“, erklärt die 58-jährige Spreewälderin. Gemeinsam mit ihrem Mann Heiko und acht Mitarbeitern betreibt sie das Garten- und Landschaftspflege-Unternehmen Grüner Service GmbH in Burg (Spree-Neiße), das sich auf Baumpflege, -kontrollen und -fällungen spezialisiert hat.
Joschi ist der jüngste Kollege, der sowohl Baumkrankheiten erschnüffeln als auch nach bedrohten Tierarten im Naturschutz suchen kann. Fledermäuse in alten Bahngebäuden hat er schon entdeckt, den vom Aussterben bedrohten Käfer „Eremit“, Eidechsen, die umgesiedelt werden mussten, aber auch Pilze, die Bäume krank machen. Demnächst soll er den Nachweis für Vorkommen der streng geschützten Haselmaus erbringen.
Dabei war Joschis berufliche Karriere eigentlich so gar nicht geplant. „Wir wollten uns eigentlich einen Hund als Haustier für die Freizeit anschaffen“, erzählt Christiane Voigt. Bei einem Lehrgang zu Baumschädlingen hatte eine Dozentin einen speziell ausgebildeten Gehölz-Pathogen-Hund dabei und die Spreewälderin wurde neugierig.

„Du kannst ja in einen Baum nicht ohne hohen technischen Aufwand hineinschauen“, erzählt sie. In der Regel werde das Gehölz angebohrt, das dabei herausgeholte Innenleben dann ins Labor zur Analyse geschickt. „Das kostet Zeit und Geld. Die Hundenase ist da viel effektiver.“ Menschen könnten nur die Optik nutzen, Hunde hingegen ihren ausgeprägten Geruchssinn, mit dem sie deutlich schneller seien und auch kommunizieren, bestätigt Dana Schneider-Blank.
Die Hundetrainerin aus Stendal (Sachsen-Anhalt) hat seit 2015 insgesamt 60 Gehölz-Pathogen-Hunde und ihre Halter ausgebildet, 40 davon in Deutschland. „Beide müssen als Team funktionieren. Das Tier kann nur gut in seinem Job sein, wenn es richtig angeleitet wird. Bei Joschi und Frau Voigt funktioniert das hervorragend“, sagt Schneider-Blank, deren Einschätzung nach der Bedarf wächst.
Nicht nur Baumpfleger würden sich mit ihren Hunden ausbilden lassen, sondern auch Biologen und Landschaftsarchitekten. Im Land Brandenburg sei der Gehölz-Pathogen-Hund nach Einschätzung von Voigt bisher einmalig. Joschi war ein dreiviertel Jahr alt, als seine Ausbildung begann. Etwa zwei Jahre dauere es, bis ein Suchhund tatsächlich zuverlässig arbeite, sagt die Hundetrainerin.
„Jedes Jahr wird Joschis Leistungsfähigkeit überprüft“, ergänzt der Burger Firmenchef Heiko Voigt. „Bisher ist er Geselle, Meister will er erst noch werden.“ Zwei Koffer hat seine Gattin dabei, wenn sie mit Joschi unterwegs ist. Darin Dutzende Schraubgläschen mit unterschiedlichen Geruchsproben. Das Portfolio müsse sie noch erweitern, sagt die 58-Jährige. So fehle eine Geruchsprobe von Stammfußnekrosen, die vermehrt an Eschen auftreten würden.
„Hunde können Gerüche differenzieren, wenn sie das gezielt gelernt haben“, bestätigt Hundetrainerin Schneider-Blank, die Arboristik studiert und ehrenamtlich in einer Rettungshundestaffel gearbeitet hat. Werde das Tier in einem Wald mit sehr hohem Pilzbefall eingesetzt, sei das allerdings die absolute Herausforderung für den vierbeinigen Schnüffler.

Beim aktuellen Auftrag ist Joschi dem Brandkrustenpilz auf der Spur, der zu den gefährlichsten Holz abbauenden Pilzarten bei Laubbäumen zählt und deren Wurzeln zerstört. Bei ihrer Baumkontrolle entlang eines Spreewaldfließes auf dem Gelände des Ferienhofes Spreewaldromantik in Burg war Christiane Voigt eine Erle direkt am Ufer verdächtig vorgekommen.
Dr. Wuff erschnüffelt eine kranke Erle, die nun gefällt werden muss
„Das Gemeine an diesem Pilz ist, dass er sich zunächst im Inneren des Baumes ausbreitet und erst an der Borke außen sichtbar wird, wenn es meist schon zu spät ist“, erklärt sie und belohnt ihren tierischen Helfer mit Leckerbissen. Denn Joschi hat genau die befallene Erle verbellt, nachdem er die Pilz-Geruchsprobe genommen und dann gezielt danach gesucht hatte.
Auch Dirk Meier nickt zufrieden. Der Besitzer des Ferienhofes inklusive kleinem Kahnhafen hat aus Sicherheitsgründen die etwa 30 Bäume auf seinem Gelände im Blick, arbeitet bereits seit zehn Jahren mit dem Landschaftspflege-Unternehmen zusammen. „Der Spreewald ist eine Kulturlandschaft mit traditionellem Baumbestand, teils deutlich angeschlagen und in der Standsicherheit gefährdet durch die hohen Wasserstände“, sagt er.