Im Vergleich zum Leben auf dem Land hat man es in Berlin vergleichsweise gut, wenn man auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen ist. Busse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen fahren rund um die Uhr und überall.
Und trotzdem wird das Unterwegssein ohne Auto immer wieder zur Geduldsprobe. Denn pünktlich sind die Öffis eigentlich so gut wie nie. Oder? Eine Statistik behautet ganz anderes. KURIER erklärt den absurden Grund.
Berliner S-Bahn gehört zu den pünktlichsten in Deutschland
Erst mal schnell zu den Fakten: Die Berliner S-Bahn gehört zu den pünktlichsten in Deutschland. 2023 wurden 96,6 Prozent der Halte rechtzeitig erreicht, wie eine Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Matthias Gastel zeigt. Echt jetzt? Das kann doch nicht sein, fragt man sich augenreibend. Aber dazu später mehr.
Zunächst einmal der Bundesvergleich. In dem schneidet Berlin nämlich mächtig gut ab mit seinen Angeber-Werten. Bundesweit waren im vergangenen Jahr 92,5 Prozent der S-Bahnen pünktlich. Die S-Bahn in Hamburg war dabei ähnlich pünktlich unterwegs wie die Berliner S-Bahn, während es beispielsweise in München (89,5 Prozent) und Köln (87,9 Prozent) häufiger zu Verspätungen kam. Verglichen wurden die neun größten S-Bahn-Netze, die von der Deutschen Bahn betrieben werden.

Bleibt die Frage, warum Berliner trotzdem permanent über zu spät kommende S-Bahnen meckern? Weil Berliner eben immer meckern? Wird ihnen ja schließlich nachgesagt. Oder liegt es vielleicht doch daran, dass sich die Verantwortlichen das Zu-spät-Kommen der S-Bahnen einfach schön-rechnen?
S-Bahnen pünktlich? Der absurde Grund
Vermutlich. Denn: Als pünktlich geht ein Zug in diese Statistik ein, wenn er mit maximal 5:59 Minuten Verspätung einen Halt erreicht hat. Echt jetzt? Da dürften die meisten Berliner wohl von einem schlechten Scherz ausgehen. Fast sechs Minuten Verspätung gelten als pünktlich. Und das, wo die S-Bahnen auf den meisten Abschnitten im 10-Minuten-Takt oder öfter fahren.
Und ganz ehrlich: Besserung ist kaum in Sicht. „Die S-Bahnen fahren zunehmend hinter ihren eigenen Fahrplänen her. Die Ursachen haben vielfach mit Störungen an der Infrastruktur und zu knapp bemessenen Kapazitäten in überlasteten Bahnknoten zu tun“, erklärt der Abgeordnete Gastel. „Was es braucht, sind auf lange Zeit höhere Investitionen in eine leistungsfähigere und weniger störanfällige Infrastruktur.“
Weil die Bahn nach dem Haushaltschaos beim Bund aber in den kommenden Jahren absehbar weniger Geld zur Verfügung hat, dürften einige geplante Infrastrukturprojekte vorerst nicht kommen. ■