Wer kennt ihn nicht?

Aydin Akin radelt täglich 50 Kilometer durch Berlin – DAS ist der Grund!

Olééé, olé, olé – man hört ihn von weiten, kann die Uhr nach ihm stellen. Aydin Akin protestiert täglich für Gerechtigkeit.

Author - Veronika Hohenstein
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Aydin Akin fährt sechs Tage die Woche mit seinem Fahrrad durch Berlin – durch Neukölln, Kreuzberg, Friedrichshain, Schöneberg und auch Mitte. Jeden Tag, von seinem Zuhause am Wittenbergplatz.  Er fordert ein Ausländerwahlrecht in Deutschland.
Aydin Akin fährt sechs Tage die Woche mit seinem Fahrrad durch Berlin – durch Neukölln, Kreuzberg, Friedrichshain, Schöneberg und auch Mitte. Jeden Tag, von seinem Zuhause am Wittenbergplatz. Er fordert ein Ausländerwahlrecht in Deutschland.Veronika Hohenstein

„Der macht das schon seit 20 Jahren...“ grätscht ein vorbeilaufender Kreuzkölner ins KURIER-Interview mit Aydin Akin. Es ist kalt hier am Maybachufer, aber das macht Aydin macht das gar nichts aus! Dieser türkische Berliner ist wetterfest – radelt bei Kälte, Hitze, Schnee, Regen, Wind,... ja immer!

„Wenn ich mal nicht fahre, machen sich viele Berliner Sorgen um mich.“ Am Lenker hängt eine Tüte mit Süßigkeiten, für neugierige Kinder. Auch weht ihm ständig die türkische Flagge ins Gesicht.

Aus einem alten Radio scheppert das Fußball-Lied Olé, Olé, Olé – wenn man das in Kreuzberg hört, weiß man, es ist bald Feierabend – denn nach Aydin kann man die Uhr stellen.  Anfangs ging es darum, für die Einführung des kommunalen Wahlrechts für Einwanderer zu erwirken. Aber über die Jahre haben sich die Themen vermehrt.

„Die Leute nennen mich auch den grüßenden Demonstranten.“ Nach 20 Jahren Durchhaltevermögen gehört Aydin zum Berliner Stadtbild einfach dazu.
„Die Leute nennen mich auch den grüßenden Demonstranten.“ Nach 20 Jahren Durchhaltevermögen gehört Aydin zum Berliner Stadtbild einfach dazu.Veronika Hohenstein

Er hat sich große, gelbe Schilder umgehängt, und am Fahrrad befestigt. Auf denen stehen seine Fragen und Forderungen an das deutsche Demokratiesystem: ‚Warum dieser Unterschied zwischen steuerzahlenden Ausländern? Gleiche Rechte für alle Ausländer.‘ Oder: ‚Wir fordern gleiche Rechte wie für EU-Ausländer. Wir Türken, Araber, Afrikaner, Asiaten zahlen u.a. mehr Steuern als Ausländer, obwohl sie wie wir auch Ausländer sind.‘ Zusammenfassend berühren seine Hauptfragen, für die er sich einsetzt und protestiert, die rechtliche Benachteiligung von Nicht-EU Ausländern in Deutschland.

Aydin kommt gerne ins Gespräch, erzählt, warum es ihn so wichtig ist. Egal, ob er auf Mithalt oder Gegenargumente stößt: Das Gespräch ist ihm wichtig. Die Stimmung lässt er sich nicht vermiesen und winkt gerne allen und jedem!

„Die Leute nennen mich auch den grüßenden Demonstranten.“ Nach 20 Jahren Durchhaltevermögen gehört Aydin zum Berliner Stadtbild einfach dazu, wenn er sich nicht sogar einen gewissen Kultstatus erarbeitet hat? Seit dem 1. September 2005, radelt er im Rahmen seiner Ein-Mann-Demo durch ganz Berlin – und das sechs Tage die Woche!

"Ich kämpfe für die deutsche Demokratie", sagt Aydin Akin.
"Ich kämpfe für die deutsche Demokratie", sagt Aydin Akin.Veronika Hohenstein

„Ich habe mir jegliche Krankheiten weggeradelt“, sagt er und lacht. Und tatsächlich, dass er mittlerweile 81 Jahre alt ist, kann man kaum glauben. Fit und munter, fröhlich und höflich radelt er täglich bis zu 60 Kilometer durch die Berliner Bezirke.

Der einstige Steuerberater ist in Schöneberg zuhause, und von da an startet er immer seine Runde. Er lehnt sich ab auf dem Lenker seines Rades, erzählt, wie er als Student nach Berlin kam, und sich schon früh für die Rechte von Migranten einsetzte. Er betont: also die, die in Deutschland auch Steuern zahlen, so Aydin. „Ich mache es für die Menschen dieses Landes. Für die, die ihr Leben in Deutschland leben, ohne eine Staatsbürgerschaft.“ Zu denen gehört auch Familienvater Aydin – viele Bundestagswahlen hat er in Deutschland miterlebt, und nie dran teilnehmen dürfen.

In Berlin-Schöneberg, Neukölln oder Kreuzberg kennt man ihn: Aydin Akin protestiert auf dem Fahrrad für eine gleiche Behandlung aller Ausländer – und radelt dafür durch die Berliner Bezirke.
In Berlin-Schöneberg, Neukölln oder Kreuzberg kennt man ihn: Aydin Akin protestiert auf dem Fahrrad für eine gleiche Behandlung aller Ausländer – und radelt dafür durch die Berliner Bezirke.Aydin Akin

Während EU-Bürger an Kommunalwahlen teilnehmen dürfen und im Steuerrecht wie Deutsche behandelt werden, haben Nicht-EU-Migranten diese Sonderbehandlung nicht, erzählt er. „Dabei sind diese Leute zum Teil seit drei Generationen in diesem Land“, und genau diese Ungerechtigkeit veranlasst Aydin täglich zu demonstrieren.

Wie lange willst du das noch manchen? „Bis ich nicht mehr kann!“ Dann radelt er weiter, manche Passanten grüßen ihn, sie kennen ihn gut. Andere gucken neugierig auf sein Schild. Er winkt den Leuten zu. ■