Abwandern ins Umland
Tschüss, Berlin! Warum immer mehr Menschen der Stadt den Rücken kehren
Früher zogen die Großstädte Menschen in Scharen an. Doch in den vergangenen Jahren hat ein Trend zum Leben im Umland eingesetzt, der sich einer neuen Analyse zufolge noch verstärkt hat.

Um zur Arbeit nach Berlin zu kommen, setzt der junge Vater sich morgens erst auf's Rad, dann in die Regionalbahn und das letzte Stück nach Adlershof legt er mit der S-Bahn zurück. Eine gute Stunde pro Strecke ist er von seinem Haus bei Oranienburg unterwegs. Das geht, weil er nicht jeden Tag zur Arbeit muss. Homeoffice machte den Umzug aufs Land leichter. „In Berlin gibt es keine Zukunft für uns“, sagt er. Mit zwei Kindern in Pankow, wo die Familie bisher lebte, eine größere Wohnung zu finden, die einen nicht arm macht, sei unmöglich.
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Wie der jungen Familie geht es vielen. Laut einer neuen Studie verlieren die Metropolen in Deutschland, allen voran Berlin, zunehmend Menschen an das Umland. Profitierten die Großstädte einst von einem Zustrom, hat sich der Trend zur Stadtflucht in den vergangenen Jahren verstärkt. Das zeigt eine Auswertung der Datenanalysefirma Empirica Regio für Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart.
Wanderten im Jahr 2018 unterm Strich mehr als 47.000 Menschen aus den sieben größten deutschen Städten in direkt angrenzende Landkreise oder kreisfreie Städte ab, waren es 2021 rund 56.600, zeigt die Studie. Besonders aus Berlin (17.249), Hamburg (11.145), Köln (7894) und Frankfurt (6653) zog es viele Menschen ins Umland.
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Seit 2018 starker Trend zum Umzug ins Umland
Zwischen den Jahren 2010 und 2013 waren die Metropolen laut Empirica Regio noch stark gewachsen. Doch seit 2018 habe sich der Trend zur Abwanderung ins Umland verstärkt, so die Studie, für die Empirica Regio Daten des Statistischen Bundesamts analysiert hat. Hauptgrund: Es gebe in den Metropolen zu wenig bezahlbaren Wohnraum.

Wenn Familien die Stadt verlassen, fehlt etwas
Immer mehr Menschen seien bereit, längere Fahrzeiten in die Städte auf sich zu nehmen – auch Landkreise in einer Entfernung von einer Stunde und mehr profitierten davon, sagte Jan Grade, Geschäftsführer von Empirica Regio. Für Metropolen habe das Folgen. „Insbesondere die Abwanderung von Familien muss den Städten Sorgen bereiten, da diese finanziell meist gut aufgestellt sind und eine Stadt beleben.“
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Den Umlandgemeinden wiederum bringe die Stadtflucht neben Chancen auch „Wachstumsschmerzen“, sagte Grade: Immer mehr Verkehr und Bedarf an Bauland. Zudem müssten sie das Angebot an Kitas und Schulen stärken sowie den ÖPNV und die Energieversorgung ausbauen.
Schon im Zuge der Corona-Pandemie haben viele Menschen mit dem Wunsch nach mehr Abstand die Städte ins Umland verlassen. Doch die Pandemie sei nur ein Trendverstärker und nicht einzige Ursache, meint Grade.
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Bevölkerung in den Städten verändert sich
Die Wanderungen bedeuten aber nicht, dass alle Metropolen zwingend schrumpfen. Viele Metropolen gewinnen Einwohner aus dem übrigen Bundesgebiet oder aus dem Ausland. Bei der internationalen Zuwanderung etwa liegen Empirica Regio zufolge Berlin (25.482) und Hamburg (9255) vorne.

In Berlin etwa führte das dazu, dass die Hauptstadt 2021 unterm Strich weiter wuchs, obwohl viele Menschen ins Umland abwanderten. „Gerade Berlin hat viel Strahlkraft und ist als Arbeitsmarkt attraktiv“, sagt Grade.
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Die Zuwanderung aus dem Ausland hatte lange Zeit das Wachstum der Großstädte gespeist. Doch seit dem Jahr 2015 - dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise und auch der Zuwanderung aus dem EU-Ausland - lasse die internationale Migration nach. Mit der Corona-Pandemie 2020 und zeitweise geschlossenen Grenzen brach dann die internationale Zuwanderung ein.
Diese hat sich laut Empirica Regio im vergangenen Jahr erholt, aber nicht mehr das Vorkrisenniveau erreicht. Im laufenden Jahr könnte sich das ändern: Mit den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine erwartet Grade einen „Bevölkerungsschub“ in Deutschland.