Sammler unterwegs: Gerade in der Innenstadt, wie hier am Kottbuser Tor, sympathisieren viele Mieter mit der Vergesellschaftungs-Initiative. 
Sammler unterwegs: Gerade in der Innenstadt, wie hier am Kottbuser Tor, sympathisieren viele Mieter mit der Vergesellschaftungs-Initiative.  Foto: DAVIDS/Sven Darmer

Für das Volksbegehren der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen sind bisher rund 130.000 Unterschriften abgegeben worden. Das teilte die Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin am Montag mit – zur Halbzeit der Unterschriftensammlung. Die Berliner Bezirkswahlämter haben danach bisher 50.962 Unterschriften geprüft - 38.334 davon seien gültig gewesen, 12.628 ungültig.

Der Anteil ungültiger Unterschriften beträgt damit 24,8 Prozent. Häufigster Grund für die Ungültigkeit sei eine fehlende deutsche Staatsangehörigkeit, gefolgt von falschen Angaben und von fehlender Wohnsitzvoraussetzung, heißt es in der Mitteilung. Die Wohnsitzvoraussetzung erfülle nur, wer zum Zeitpunkt der Unterschrift mindestens seit drei Monaten in Berlin mit Hauptwohnung gemeldet sei.

175.000 Unterschriften werden benötigt

Das Volksbegehren ist erfolgreich, wenn mindestens sieben Prozent der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten innerhalb der viermonatigen Eintragungsfrist eine gültige Unterschrift leisten. Um dieses Ziel zu erreichen sind nach Angaben der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin etwa 175.000 gültige Unterschriften erforderlich. Die Eintragungsfrist endet in zwei Monaten, am 25. Juni 2021.

Die Initiatoren des Volksbegehrens zeigen sich zufrieden. „Wir sind weit über dem Soll und damit auf einem sehr guten Weg“, sagt Moheb Shafaqyar, Sprecher der Initiative. „Wenn wir 1.700 Aktiven und die vielen weiteren Unterstützer in der Stadt jetzt so weiter machen, dann werden wir bis zum 25. Juni die Mindestzahl von 175.000 gültigen Unterschriften deutlich überschreiten."

Kritik am Wahlrecht

Die Initiative übt zugleich Kritik am Wahlrecht. Mehr als ein Viertel der Berliner habe keine deutsche Staatsangehörigkeit und sei nach geltendem Recht weder bei Wahlen noch Volksbegehren und -entscheiden voll stimmberechtigt. Eine Änderung des Wahlrechts sei lange überfällig.

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„Wir fordern das Wahlrecht für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Berlin haben”, sagt Rosa Silva, Mitglied der Right-to-the-City-For-All-AG der Initiative, die sich besonders für die Sichtbarkeit der nicht stimmberechtigten Berliner einsetzt. Berliner ohne deutsche Staatsbürgerschaft und Anmeldung seien oftmals besonders von der Wohnungskrise und steigenden Mieten betroffen. Die Gründe seien vielfältig: Prekarisierte Arbeitsverhältnisse spielten genauso eine Rolle wie unsichere und menschenunwürdige Wohnsituationen.

Vergesellschaftung gegen eine Entschädigung

„Viele von uns befinden sich in einem ständigen Teufelskreis aus schlechter Bezahlung, hohen Mietkosten, keinem eigenständigen Mietvertrag und fehlender Anmeldung“, sagt Rosa Silva. „So können wir unser Leben nie langfristig planen. Der Großteil der Wohnungsangebote ist für uns schlicht nicht zugänglich.“

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen will die Bestände von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen gegen eine Entschädigung vergesellschaften. Sie beruft sich dabei auf Artikel 15 des Grundgesetzes. Darin ist formuliert, dass „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel“ zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden können.