Nicht mehr als zwei Hochhäuser am Breitscheidplatz
Senatsbaudirektorin Lüscher bekräftigt, dass es an der Gedächtniskirche keine weiteren Wolkenkratzer geben soll. Weitere Hochhäuser in der City West sind aber grundsätzlich möglich.

Dämpfer für alle Hochhaus-Anhänger. Am Breitscheidplatz in der City West sollen außer den bereits errichteten zwei Hochhäusern keine weiteren entstehen. Das bekräftigt Senatsbaudirektorin Regula Lüscher in einer am Donnerstag veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der Abgeordneten Gaby Gottwald (Linke). In einer intensiven Beschäftigung des Baukollegiums und der Bezirke mit dem Hochhausleitbild und dem Masterplan City West sei im Januar 2019 festgehalten worden, „dass die Hochhausentwicklung am Breitscheidplatz mit den zwei Gebäuden Upper West und Zoofenster/Waldorf Astoria als abgeschlossen gilt“, erklärt Lüscher in ihrer Antwort. Südöstlich des Platzes liege das Gebiet der städtebaulichen Erhaltungsverordnung Kurfürstendamm, das dem Schutz der vorhandenen historisch geprägten Baustruktur diene.
Zumindest ein Gebiet, das in der kürzlich vom Bezirk präsentierten Charta City West 2040 als ein möglicher Standort für eine höhere Bebauung aufgelistet wird, dürfte damit für Wolkenkratzer nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Charta benennt zwar keine konkreten Grundstücke für Hochhäuser, beschreibt aber drei Gebiete für eine „vertikale Schwerpunktsetzung“, also den Bau von höheren Häusern. Neben dem Breitscheidplatz werden in der Charta der Ernst-Reuter-Platz und das Gebiet am Autobahnkreuz Funkturm für eine höhere Bebauung aufgeführt.
Ausbau von Radwegen und die Verringerung von Parkplätzen
Die Charta City West wurde im WerkStadtForum erarbeitet, einem Expertengremium, das sich auf Initiative des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, Vertretern der Wirtschaft sowie der Arbeitsgemeinschaft City gebildet hat. Die Charta enthält neben einem Leitbild für die Entwicklung der City West eine Reihe von Handlungsempfehlungen. Zu Themen wie Mobilität, Stadtökologie und Nachhaltiges Bauen, Digitalisierung sowie Städtebau und Architektur werden 79 Ziele formuliert. Etwa der Ausbau von Radwegen und die Verringerung von Parkplätzen, der Einsatz nachhaltiger Baustoffe sowie die Unterstützung des Mobilfunk-Ausbaus an Straßenlaternen und Hinweisschildern. Zurzeit läuft die Bürgerbeteiligung an der Charta. Seit dem 28. Mai und noch bis zum 31. Juli ist das Werk auf der Beteiligungsplattform mein.berlin.de eingestellt und kann dort kommentiert und diskutiert werden. Nach Angaben des Bezirks sind bereits über 200 Kommentare eingegangen. Die Arbeit an der Charta stößt, wie berichtet, auf Kritik. Grund: An der Ausarbeitung waren auch Vertreter der Grundstückseigentümer, zum Beispiel des Karstadt-Areals und des Europa-Centers, beteiligt.
Zwar erteilt die Senatsbaudirektorin dem Bau von Hochhäusern am Breitscheidplatz eine Absage, grundsätzlich steht sie höheren Häusern aber offen gegenüber. So überarbeitet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung laut Lüscher zurzeit ihren Masterplan City West. Ein „Leitprojekt“ darin sei das „lokale Hochhauskonzept City West“. Es diene dazu, die Vorgaben des Hochhaus-Leitbilds für Berlin zu konkretisieren. Zugleich stellt die Senatsbaudirektorin klar, dass „die bauliche Grundstruktur aus der Gründerzeit“ und eine „differenzierte soziale Struktur der Wohnbevölkerung“ wichtige „Eckpfosten“ für die Entwicklung der City West seien. Während der Bezirk zusammen mit den Geschäftsleuten stärker zum höheren Bauen tendiert, äußert sich Lüscher in dem Punkt deutlich zurückhaltender. Aufbauend auf dem Hochhausleitbild für die gesamte Stadt würden für die City West „standortbezogene Restriktionen und einschränkende Faktoren für eine Hochhausentwicklung untersucht“, erklärt sie. Das Hochhausleitbild lege fest, dass Hochhausvorhaben „immer auch einen Mehrwert für die Allgemeinheit“ haben müssten, zum Beispiel durch die Aufwertung des näheren Umfeldes. Jedes Hochhausprojekt unterliege einer „Einzelfallprüfung“.
Unterstützung erhält Lüscher von der Linke-Abgeordneten Gaby Gottwald. „Die Charta City West scheint ein Selbstbedienungsladen zu sein“, kritisiert sie. „Die Immobilienwirtschaft plant ihren nächsten Beutecoup und teilt den Bezirk unter sich auf.“ Alle Mitverdiener wie Architekten, Projektplaner und Finanzanleger seien auch dabei. „Leider ist das Bezirksamt als Mitinitiator voll in die Investorenplanung involviert“, so Gottwald. „Das ist befremdlich, sollte doch der Staat etwas mehr Distanz zu den Profiteuren von neuen Hochhausstandorten halten, wenn es um Stadtentwicklung geht.“ Gottwald: „Man kann nur hoffen, dass der Masterplan für die City West, den der Senat koordiniert, die Stadtbewohner in den Mittelpunkt der Planung stellt.“