Landeseigene Unternehmen sollen doch die Preise drücken
Gewobag verlangt fast 20 Euro pro Quadratmeter für eine Singlewohnung
Die landeseigenen Unternehmen sollen mit günstigen Wohnungen preisdämpfend auf den Markt wirken. Nicht immer gelingt das, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.

Gewobag
„Singlewohnung mit Terrasse zu vermieten“ – unter dieser Überschrift bietet die landeseigenen Gewobag in Reinickendorf eine Wohnung zu einem überraschend hohen Preis an: 899,58 Euro soll die 45,86 Quadratmeter große Einzimmerwohnung in der Neptunstraße 21, Baujahr 2016, kosten. Das entspricht einer Quadratmetermiete von 19,62 Euro warm und von 16,62 kalt. Damit bewegt sich die Gewobag preislich auf überdurchschnittlichem Niveau. Zum Vergleich: In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden laut Internetportal Immowelt Neubauwohnungen, die ab 2014 fertig geworden sind, in Berlin im Schnitt für 15,80 Euro je Quadratmeter angeboten.
Der hohe Mietpreis ist noch nicht mal alles. Als Kaution verlangt die Gewobag für die barrierefreie Erdgeschosswohnung, die Parkett, Fußbodenheizung und eine ebenerdige Dusche hat, noch mal 2286,69 Euro. Während Wohnungssuchende zweifeln, ob eine Kaltmiete von 16,62 Euro je Quadratmeter noch „gesetzestreu“ ist, verteidigt die Gewobag das Angebot. „Die für die inserierte Wohnung angebotene Miete entspricht der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich eines Neuvermietungszuschlages von 10 Prozent“, sagt eine Gewobag-Sprecherin. „Im Neubaubereich orientiert sich die Neuvermietungsmiete an 110 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete.“
Hohe Baukosten treiben die Mieten
Klar ist, dass das Wohnungsangebot aus Reinickendorf damit einen Spitzenpreis bei der Gewobag markiert. Von 2014 bis zum 31. August 2020 hat das landeseigene Unternehmen rund 1900 Neubauwohnungen errichtet. Die 25 Prozent der Wohnungen im oberen Preissegment kosten im Schnitt laut Gewobag rund 12,50 Euro je Quadratmeter, wobei die Spanne von 11 bis 16,62 Euro pro Quadratmeter reicht. Die günstigsten 25 Prozent der Wohnungen werden im Schnitt für sieben Euro je Quadratmeter kalt vermietet. Hierunter fallen die als Sozialwohnungen mit Förderung des Landes Berlin errichteten Unterkünfte. Die 50 Prozent der Wohnungen im mittleren Preissegment liegen bei einer Miete von rund 9,25 Euro je Quadratmeter.
Meistgelesen
Blick in die Sterne
Horoskop für heute: Mittwoch, 27. September 2023 – für alle Sternzeichen
Perfekt für den Herbst
Deftige, würzige Gulaschsuppe: Das geniale Rezept aus Omas Kochbuch
Blick in die Sterne
Laut Horoskop: Diese Sternzeichen sind im Oktober vom Glück geküsst
Rezept des Tages
Soljanka wie in der DDR: Hier kommt das Original-Rezept
Rezept des Tages
Soljanka wie in der DDR: Hier kommt das Original-Rezept
EHC-Spiel am Freitag
Eisbären-Legende will Eisbären Berlin gewaltig die Laune verhageln
Das Problem beim Neubau: Die Baukosten sind so hoch, dass Wohnungen ohne finanzielle Förderung selten wirtschaftlich für Mieten unter zehn Euro je Quadratmeter angeboten werden können. So lag bei den landeseigenen Unternehmen im vergangenen Jahr der Schwerpunkt der Mieten in Neubauwohnungen beim Abschluss neuer Verträge mit 36,3 Prozent im Preissegment über 10 Euro je Quadratmeter. Das geht aus dem Bericht zur Kooperationsvereinbarung des Senats mit den landeseigenen Wohnungsgesellschaften für 2019 hervor. Mit 31,1 Prozent wurde knapp ein Drittel der Wohnungen für Mieten bis 6,50 Euro je Quadratmeter vergeben. 4,7 Prozent der Wohnungen kosteten bis zu 8 Euro und 27,9 Prozent bis zu zehn Euro je Quadratmeter.
Immerhin: Der Trend zeigt, dass sich der Anteil der Wohnungen, die mehr als zehn Euro je Quadratmeter kalt kosten, verringert. Im Jahr 2017 wurden noch 59,1 Prozent der landeseigenen Neubauwohnungen in diesem Preissegment vermietet, im Jahr 2018 waren es 46,8 Prozent, und im Jahr 2019, wie oben erwähnt, nur noch 36,3 Prozent. Der Anteil der geförderten, also preiswerten Wohnungen stieg in der gleichen Zeit von 41,3 auf 51,5 Prozent.
Bauen, bauen, bauen – darin sahen manche Akteure auf dem Immobilienmarkt bisher die Zauberformel, um den Wohnungsmarkt zu entlasten. Mit der Vorstellung, dass günstige Wohnungen allein dadurch entstehen, wenn nur möglichst viel gebaut wird, räumt jedoch eine jetzt veröffentlichte Untersuchung von Immowelt auf. In München und Frankfurt am Main wurde danach anteilig am meisten gebaut, gleichzeitig werden dort aber die höchsten Preise bei der Neuvermietungen verlangt. So zahlen die Mieter in Frankfurt mit 13,90 Euro pro Quadratmeter inzwischen 48 Prozent mehr als noch 2009 (9,40 Euro). Dabei wurde in der Main-Metropole mit 48 neuen Wohnungen pro 1000 Einwohner in den vergangenen zehn Jahren so viel gebaut, wie in keiner anderen Stadt des Vergleichs.
Anteil der preiswerten Unterkünfte steigt
Auch in München, wo in den vergangenen zehn Jahren 47 Wohnungen pro 1000 Einwohner entstanden, bringt der Neubau-Boom keine preisliche Entlastung für Mieter: 18,20 Euro kostet der Quadratmeter derzeit – das sind 64 Prozent mehr als noch 2009 und der höchste Wert in der Untersuchung. Für Immowelt-Chef Cai-Nicolas Ziegler ist klar: „Städte und Kommunen müssen lohnende Anreize schaffen, damit auch bezahlbarer Wohnraum entsteht. Zum Beispiel in Form von attraktiven Förderungen für sozialen Wohnungsbau.“
Die gute Nachricht für Berlin: Bei den jüngeren Neubauwohnungen der landeseigenen Wohnungsunternehmen wird der Anteil der preiswerten Wohnungen noch steigen. Denn die städtischen Gesellschaften haben sich unter der rot-rot-grünen Regierung verpflichtet, die freifinanzierten Wohnungen mit einem Baubeginn ab 1. Juli 2017 durchschnittlich für unter 10 Euro je Quadratmeter zu vermieten. Damit sei „gewährleistet, dass der freifinanzierte Neubauanteil für breite Schichten der Bevölkerung leistbar ist“, sagt Bau-Staatssekretärin Wenke Christoph.
Die Singlewohnung der Gewobag in Reinickendorf scheint Wohnungssuchende eher abzuschrecken. „Die Wohnung wird seit Mitte August vermarktet und ist noch nicht vermietet“, räumt die Gewobag am Mittwoch ein. Interessenten seien aber vorhanden.