Hardenbergplatz: Ein Bus der Linie 200. Momentan darf vorne noch nicht eingesteiegen werden.
Hardenbergplatz: Ein Bus der Linie 200. Momentan darf vorne noch nicht eingesteiegen werden. Pritzkuleit

Er hat es mehrfach versucht. Doch diesmal soll es endlich klappen. In wenigen Tagen will der Vorstand der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) den Vordereinstieg im Bus wieder für Fahrgäste öffnen. Dann soll es auch wieder möglich sein, beim Fahrpersonal Fahrscheine zu kaufen – allerdings nicht mehr mit Bargeld. „Am 3. Mai wollen wir die vorderen Türen wieder aufmachen“, sagt Petra Nelken, Sprecherin des Landesunternehmens, dem Berliner KURIER. Doch damit stoßen die neue BVG-Chefin Eva Kreienkamp und ihre Mitstreiter intern auf heftigen Gegenwind.

Personalräte sowie Frauen- und Schwerbehindertenvertretungen im Busbereich lehnen die geplante Öffnung ab und drohen mit Gegenmaßnahmen. Sie fürchten, dass sich das Fahrpersonal mit Corona ansteckt. Verdi-Sekretär Jeemy Arndt sprach von einer „Machtprobe“.

Alles ist vorbereitet. Die rund 1500 Linienbusse der BVG wurden mit Technik ausgestattet, die es erlaubt, Tickets kontaktlos zu verkaufen. EC-Karten und anderes Plastikgeld werden akzeptiert, doch Bargeld soll im Bus zumindest vorerst nicht mehr angenommen werden. An vielen Bussen kleben schon die Piktogramme, die Fahrgäste auf die Kaufmöglichkeit hinweisen. Einer Öffnung der vorderen Bustüren, die seit Beginn des ersten Corona-Lockdowns vor mehr als 13 Monaten für Fahrgäste geschlossen sind, stünde nichts mehr entgegen – meint zumindest der BVG-Vorstand. Doch bei den Personalvertretern grummelt es hörbar.

Krankenstand nimmt zu

Sie reagieren auch deshalb zunehmend empfindlich, weil einige neuere Corona-Ansteckungen nach ihrer Darstellung auf Infektionswege innerhalb der BVG zurückzuführen seien. So hätten sich Werkstattmitarbeiter der Omnibus-Betriebshöfe Indira-Gandhi-Straße und Weißensee mit dem Virus infiziert, wurde berichtet.

Auch im U-Bahn-Bereich gebe es solche Fälle. Das Virus sei also in der BVG angekommen, heißt es. Zu den bisherigen Ansteckungen hieß es offiziell, dass diese außerhalb des Unternehmens stattgefunden hätten. Eva Kreienkamp sagte im Interview mit dem Berliner KURIER Ende März, dass sich bis dahin von den zirka 15.000 Beschäftigten rund 340 mit dem Virus infiziert hätten. Ein Straßenbahn- und ein Busfahrer sind gestorben.

Weiterhin könne keine Entwarnung gegeben werden, warnen die Personalvertreter. Die Inzidenzwerte sind hoch, die dritte Welle rollt. Die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes zeige, dass auch der Gesetzgeber die Lage unverändert als ernst einschätzt, so ein Personalrat. Dazu passe es nicht, den Vordereinstieg wieder für Fahrgäste zu öffnen und das Fahrpersonal zu gefährden.

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Zuletzt sollte es am 22. März, dann am 12. April, später am 19. April so weit sein. Beide Male konnten Personalvertreter durchsetzen, dass der Plan wieder abgeblasen wurde. Doch am 3. Mai soll es nun endlich losgehen. Darauf pocht nicht nur die BVG-Chefin, sondern auch die Senatsverkehrsverwaltung. Weil seit Mitte März 2020 keine Fahrscheine mehr im Bus gekauft werden können, gingen der BVG immer mehr Fahrgeldeinnahmen verloren, heißt es dort. Die meisten Nahverkehrsbetriebe hätten ihre Bustüren längst wieder für die Kundschaft geöffnet. Beim Einkauf nach der Arbeit hätten die Mitarbeiter ein höheres Risiko als während des Dienstes, so die BVG.

Für rund zwei Millionen Euro ließ die BVG ihre Busse wie berichtet in den Fahrerbereichen mit Schutzscheiben ausstatten, die das Personal vor Ansteckungen bewahren sollten. Diese Veränderungen der Fahrerarbeitsplätze wurden bislang von den Personalvertretern hingenommen. Doch jetzt, wo sich der Konflikt zuspitzt, wollen sie die „gesetzliche Karte“ ziehen, wie es am Freitag hieß. Für solche Fälle fordere das Personalvertretungsgesetz ein förmliches Verfahren, an dem die Personalvertretung zu beteiligen sei. „Unter anderem muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden“, sagte ein BVG-Mitarbeiter. Mit den Ergebnissen einer Studie der Technischen Universität Berlin ließe man sich nicht mehr abspeisen. Falls es keine Einigung gebe, erwäge die Personalvertretung eine Klage.

Auch beim Busfahrpersonal nehme die Unruhe zu, hieß es. Der Krankenstand habe die Zehn-Prozent-Marke überschritten. Setze sich der Trend fort, sei fraglich, ob alle Fahrten besetzt werden könnten. Erst zum 11. April hatte der Senat eine erneute Leistungsausweitung bei der BVG durchgesetzt.