Erfolg für Berlins Radler: Mehr Platz auf der Oberbaumbrücke
Senat ordnet drei Meter breite Radfahrstreifen an, ein Meter Sicherheitsbereiche kommen hinzu.

Für viele Berliner Radfahrer gibt es eine gute Nachricht. Die Senatsverkehrsverwaltung hat angekündigt, dass sie auf der Oberbaumbrücke in Friedrichshain-Kreuzberg mehr Platz für den Fahrradverkehr schaffen wird. So steht es im Bescheid, mit dem sie am Montag den Widerspruch des Radpendlers Jens Blume beantwortet hat. Allerdings müssen sich die Radfahrer noch gedulden, bis die versprochene Verbesserung kommt - bis 2021.
Blume war im vergangenen Oktober gegen die Anordnung vorgegangen, die der jetzigen Markierung zugrunde liegt. Die Radfahrstreifen, die nach der Fahrbahnsanierung im vergangenen Jahr aufgetragen wurden, sollten auf einer Breite von zwei Meter Breite nutzbar sein, heißt es nun im Widerspruchsbescheid. Allerdings: „Nach den tatsächlichen Feststellungen vor Ort wurden die Markierungen entgegen der Anordnung falsch aufgebracht und die befahrbare Breite dadurch auf unter 200 Zentimeter reduziert.“
Darum ordnete die Behörde jetzt an, die jetzigen Radfahrstreifen zu entfernen. Die neuen Fahrspuren für den Radverkehr sollen in beiden Richtungen eine nutzbare Breite von jeweils drei Metern aufweisen, zuzüglich eines Sicherheitsstreifens, der ein Meter breit werden müsse, heißt es in dem Schreiben.
Nur noch jeweils eine Fahrspur für Kraftfahrzeuge
Dem "sonstigen Fahrverkehr" (worunter die Behörde Kraftfahrzeuge versteht) werde künftig nur noch ein jeweils 3,25 Meter breiter Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung stehen. Derzeit haben Autos auf der Oberbaumbrücke mit jeweils knapp 4,45 Meter deutlich mehr Platz - aber nicht so viel, dass zwei Autos nebeneinander fahren können. Deshalb komme es immer wieder vor, dass die jetzigen Radfahrstreifen verbotswidrig überfahren werden, stellte die Behörde fest. Auch das haben Radfahrer immer wieder kritisiert.
Jens Blume hat außerdem gefordert, dass die Radfahrstreifen künftig vor verbotswidrigem Befahren geschützt werden. Das wäre zum Beispiel durch Poller oder Schwellen möglich. Die Behörde wertete dies als gesonderten Antrag, über den noch zu entscheiden sei. Verkehrseinrichtungen dieser Art seien "nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist", so der Widerspruchbescheid vom 9. März.
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Hinsichtlich der Gestaltung dieser Elemente verweist die Behörde auf die "Stadtbildpflege". Die Ende des 19. Jahrhunderts eröffnete Oberbaumbrücke mit ihren Zinnen und Türmen steht unter Denkmalschutz. Rotweiße Stahlpoller, wie sie zum Beispiel den Radfahrstreifen an der Hasenheide schützen, werden dort von Planern als unpassend angesehen.
"Nicht entscheidungserheblich, aber praktisch ist zu beachten, dass in naher Zukunft im Zusammenhang mit einer Betriebsunterbrechung der dortigen U-Bahn ein Ersatzverkehr mit Linienbussen erfolgen soll", heißt es auf Seite 3 des Bescheids. Es sei möglich, dass die Verkehrsführung auf der Oberbaumbrücke zeitweise verändert werden muss - die Rede ist von Busspuren. Bauliche Abgrenzungen der Radfahrstreifen könnten einer solchen vorübergehenden Lösung im Wege stehen. Sollte sich aber trotzdem ein "unabweisbarer Bedarf" ergeben, will die Behörde prüfen, ob kurzfristig provisorische Absperrungen aufgestellt werden könnten.
Spreequerung könnte Einbahnstraße werden
Wegen des Schienenersazverkehrs werden die Radfahrer auf die Verbreiterung der Radfahrstreifen noch mehr als ein Jahr warten müssen, teilte die Senatsverkehrsverwaltung am frühen Abend mit. "Komplett umgesetzt werden kann die neue Lösung voraussichtlich erst nach der Viaduktsanierung, die die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) aktuell planen", so ein Sprecher. "Diese Arbeiten sollen im Frühjahr beginnen, sie dauern rund ein Jahr und verkomplizieren die Verkehrssituation durch den Ausfall der U-Bahn über die Spree."
Über eine Zwischenlösung, die sowohl dem Schienenersatzverkehr zwischen Schlesischem Tor und Warschauer Straße mit dicht getakteten Bussen als auch dem Radverkehr genügend Platz einräumt, werde derzeit noch beraten, berichtete die Senatsverwaltung. Das Ergebnis soll bald veröffentlicht werden.
Wie berichtet lässt die BVG einen weiteren Abschnitt ihres Kreuzberger Hochbahnviaduktes sanieren. Folge ist, dass der Verkehr auf den U-Bahn-Linien U1 und U3 zwischen den Stationen Kottbusser Tor und Warschauer Straße von April 2020 bis April 2021 eingestellt wird. Als Ersatz fahren Busse, für die Platz auf den Straßen geschaffen werden muss. Geplant ist, auf der Oberbaumbrücke in beiden Richtungen Busspuren einzurichten.
Das könnte dazu führen, dass die Spreequerung für Autos, Lkw, Busse und Motorräder zur Einbahnstraße werden könnte. Diskutiert wird nach Informationen der Berliner Zeitung eine Einbahnstraßenregelung. Wer Richtung Friedrichshain über die Spree will, müsste einen Umweg über die Schillingbrücke in Mitte fahren.
Jens Blume: „Das war längst überfällig“
"Ich bin froh, dass die Radfahrstreifen verbreitert werden", sagte Jens Blume am Montagnachmittag. "Das war längst überfällig." Ergebnisse der Zählstelle des Senats zeigen, dass die Oberbaumbrücke zu den am stärksten genutzten Radverkehrsverbindungen in Berlin gehört. "Kritisch sehe ich allerdings, dass im Widerspruchsbescheid kein einziges Mal auf das Berliner Mobilitätsgesetz eingegangen wird" - dessen Standards auf der Brücke offensichtlich nicht beachtet worden seien. "Man war wohl sehr bemüht, hier keinen Präzedenzfall zu schaffen", so der Umweltingenieur, der bei einem niederländischen Beratungsunternehmen für den Radverkehr arbeitet. Die Schuld werde der Baufirma gegeben.
Kritisch sieht Blume auch, dass die Behörde (noch) nicht auf seine Forderung eingegangen ist, die Radfahrstreifen gegen Befahren zu schützen. "Weiße Linien auf der Fahrbahn halten Berliner Autofahrer nicht auf", sagte er. "Ein physischer Schutz ist erforderlich."
Er möchte nun prüfen lassen, ob es rechtmäßig ist, das Thema abzutrennen, wie es die Behörde mitgeteilt hat. "So lange erhalte ich meine Klage aufrecht", so Blume. Wie berichtet hat er am 6. März 2020 vor dem Verwaltungsgericht Berlin Untätigkeitsklage eingereicht, weil bis dahin auf seinen Widerspruch gegen die Anordnung der jetzigen Radfahrstreifen nicht reagiert worden sei.