Der lebensgefährliche Unsinns-Radweg von Hohenschönhausen
Seit zwei Jahren zanken Senat, Bezirksamt und BVG um die Beseitigung einer provisorischen Haltestellen-Bucht, die den Radweg unterbricht

Berlin hat einige sehr seltsame, teilweise gefährliche Radwege. Aber dass sich der Senat und ein Bezirksamt seit mehr als zwei Jahren um einen verschwundenes Stück Radweg und eine potenziell lebensbedrohliche Wegeführung zanken, ist selbst für Berliner Verhältnisse ungewöhnlich.
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An der Falkenberger Brücke am S-Bahnhof Hohenschönhausen ist der Unfug in Fahrtrichtung stadtauswärts zu erkennen: Zwischen Fußgängerampel und einer ungenutzten Bushaltestellen-Bucht verläuft ein Zwei-Richtungs-Radweg. Er ist kurz, endet vor der Bucht, hat keine Verbindung zum Radweg an ihrem anderen Ende. Wer hier radelt, muss um die Bus-Bucht herum auf den Gehweg ausweichen.
Das Aberwitzige jedoch: Auf dem Doppel-Radweg weist ein Pfeil auf der Radspur stadteinwärts direkt die Auto-Fahrbahn. Wer dem Pfeil folgt, strampelt direkt in den Gegenverkehr. „Einladung zum Selbstmord“, murmelt ein Passant.

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Eine Radfahrerin beschreibt die Situation mit einem deftigen Wort, Lastenradler Carsten Borhofer (42) hält die Haltestellen-Bucht für Platzverschwendung, die ganze Anordnung nicht nur für Radler, sondern gerade auch für Fußgänger verwirrend.
Haltestellen-Bucht wurde 2018 wegen Bauarbeiten angelegt
Seit Jahren existiert diese Situation. Die BVG, laut Senatsverkehrsverwaltung im Verein mit der damaligen Verkehrslenkung, hatte die Busbucht angelegt.
Der Grund: Die Mittelspur, auf der Busse und Straßenbahnen ihre gemeinsame Haltestelle haben, war ab Mai 2018 wegen Bauarbeiten gesperrt. Dichtungen zwischen den Straßenbahngleisen und der Falkenberger Brücke mussten ersetzt werden.
Die Buslinien X54, 154, 197, 256, 893 und N56 sowie der Schienenersatzverkehr mussten deshalb für rund acht Monate auf die normale Fahrbahn ausweichen. Deshalb sollten die Busse in der Bucht vor dem Polizeigebäude Falkenberger Chaussee/Pablo-Picasso-Straße halten, um den Autoverkehr auf der zweispurigen Fahrbahn stadtauswärts nicht zu blockieren.
Der Hohenschönhausener CDU-Abgeordnete Danny Freymark wollte jetzt vom Senat wissen, wann der Radweg endlich wieder zusammengeführt und die gefährliche Situation beendet wird.
Hilflosigkeit bei Bezirk und Senat gegenüber der BVG
Die Antwort von Verkehrs-Staatssekretärin Meike Niedbal, angereichert mit Stellungnahmen des Bezirksamts Lichtenberg, zeugt von Hilflosigkeit.
Seit etwa zwei Jahren versuche man, die BVG dazu zu bewegen, die Bus-Bucht wieder zu beseitigen. Die BVG jedoch habe inzwischen alle Planungen dazu Ende 2022 eingestellt.

Dem Senat sei die Situation bekannt, schon bei der Einrichtung der Bucht sei man skeptisch gewesen: Für Fußgänger, Radfahrer und Bus-Fahrgäste, die dort ein- und ausstiegen, sei die Örtlichkeit unübersichtlich und daher „nicht unproblematisch“ gewesen.
Das Bezirksamt Lichtenberg teilte frustriert mit: „Wie der Verursacher – die BVG – zum Rückbau (der Bus-Bucht, d. Red.) bewegt werden kann, wenn der Wille dazu nicht vorhanden ist, ist schwierig zu beantworten.“
Die Argumente der BVG, die Bucht nicht zu beseitigen, hätten Senat und Bezirk widerlegt.
Lichtenberg behauptet, die Argumente der BVG seien widerlegt, verschweigt die Argumente aber
Diese Argumente werden allerdings nicht genannt, der KURIER fragte bei der BVG nach. Hier die Antwort: „Da in Kürze wieder Gleisbauarbeiten in diesem Bereich anstehen, ist es aus Sicht der BVG sinnvoll (und sicherlich auch im Interesse aller Autofahrer*innen), die Haltestellenbucht mindestens noch für diesen Zeitraum beizubehalten. Selbstverständlich soll in diesem Fall auch die provisorische Absicherung für Radfahrer*innen durch eine verkehrssichere Markierung eines Radweges ersetzt werden.“
Entsprechende Pläne seien bereits eingereicht und die BVG stünde dazu „in engem Austausch“ mit dem Bezirksamt und der Senatsverwaltung.
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Der CDU-Abgeordnete Freymark mag sich damit nicht zufriedengeben, fordert Tempo und sichere Markierungen. Zwar hat es wegen des absurden Radwegs bislang keinen Unfall und nur eine Beschwerde gegeben, aber die Situation bleibt nach seinen Worten gefährlich. Dass es Senat, Bezirk und BVG über Jahre nicht gelungen sei, eine Lösung zu finden, erklärte er zu einem unhaltbaren Zustand.
Radweg war ursprünglich für mehr Sicherheit angelegt worden

Der Zwei-Richtungs-Radweg war ursprünglich angelegt worden, um für Radler eine Verbindung zwischen der Falkenberger Chaussee stadteinwärts und der Radrampe zur Pablo-Picasso-Straße hinter dem Gebäude der Polizei auf der anderen Straßenseite zu schaffen.
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Radfahrer mussten dafür neben der Fußgängerfurt die Straße überqueren, ein Stück weit dem kurzen zweispurigen Radweg folgen und dann nach wenigen Meter auf die Rampe abbiegen.
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