Die Geschwindigkeitsbegrenzung  auf Tempo 130 auf der A13 beruhigte den Verkehr und ließ die Unfallzahlen deutlich sinken.
Die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 130 auf der A13 beruhigte den Verkehr und ließ die Unfallzahlen deutlich sinken. dpa/Soeren Stache

Schwupps, waren sie weg: Auf der Autobahn A13 zwischen Schönefelder Kreuz und Dreieck Spreewald wurden vor gut einer Woche die Tempo-130-Schilder abmontiert. Abschrauben ließ sie die bundeseigene Autobahn GmbH unter Verantwortung des Bundesverkehrsministers Volker Wissing (FDP). Jetzt regt sich Widerstand bei den Grünen, war das Tempolimit doch 2019 wegen vieler Unfälle auf dem 62,5 Kilometer langen Teil der Strecke Berlin-Dresden eingeführt worden und hatte Wirkung gezeigt.

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Brandenburgs Polizei hat die Unfallzahlen. 2017 gab es auf der A13 auf dem genannten Abschnitt 684 Unfälle mit 133 Verletzten und vier Toten. 2018 lagen die Zahlen bei 663 Unfällen, 147 Verletzten und zwei Toten. 2019 wurden 627 Verkehrsunfälle erfasst und 134 Verletzte, zum Glück kein Toter.  

Tempolimit auf der A13: Im Jahr vor der Einführung gab es 627 Unfälle, im Jahr danach 348

Gegen Ende 2019 führte Brandenburg dann das Tempolimit ein, zusammen mit einem Überholverbot für Lastwagen  (6-21 Uhr). Empfohlen hatte das die Unfallkommission, die Umsetzung der 2018 erfolgten Zustimmung durch die Landesregierung hatte sich aber verzögert. 

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Mit Erfolg: 2020 sank die Zahl der Unfälle dann drastisch auf 348 mit 79 Verletzten und einem Toten. 2021 stieg sie zwar wieder auf 567 (109 Verletzte, ein Toter), liegt aber weiter deutlich unter den Zahlen vor Einführung des Tempolimits. Bei den Unfallzahlen sind waren es im vergangenen Jahr 17,1 Prozent weniger als 2017, bei den Verletzten 18 Prozent.

Das ruft den Landtagsabgeordneten und bündnisgrüne Verkehrspolitiker Clemens Rostock auf den Plan: „Dass ein Tempolimit Wirkungen auf die Verkehrssicherheit hat, ist offensichtlich, und auf dem Abschnitt gibt es zwar weniger, wenn auch nicht gerade wenige Unfälle. Aber auch darüber hinaus ist es in Zeiten, in denen der Verkehrssektor seine Klimaziele verfehlt und alle zum Energiesparen aufgerufen sind, schlicht das falsche Signal zur falschen Zeit. Herr Wissing muss sein ideologisches Vorgehen endlich beenden und Parteipolitik hinter das Notwendige zurückstellen!“

Clemens Rostock (Bündnis90/Grüne)
Clemens Rostock (Bündnis90/Grüne) www.clemens-rostock.de/

Mehrheit der Deutschen für Tempolimits

Rostock verweist auf Umfragen: Danach sind die Deutschen mehrheitlich für Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn, wie sie sie aus allen anderen europäischen Staaten kennen.

Im brandenburgischen Infrastrukturministerium kann man nur mit den Schultern zucken und nichts tun. Die Ministeriumssprecherin schrieb dem KURIER: „Mit Beginn des Jahres 2021 ist die Zuständigkeit für die Bundesautobahnen auf die Autobahn GmbH übergegangen. Daher ist die Autobahn GmbH nun auch mit Geschwindigkeitsbegrenzungen (oder –aufhebungen) befasst.“ Im Übrigen seien Tempolimit und Überholverbot auf einen dreijährigen Versuch befristet gewesen.

Und auch wenn viele Benutzer der A13 weiterhin mit Tempo 130 oder weniger unterwegs sind, was wohl auch auf die Spritpreise zurückzuführen ist, sind jetzt wieder berüchtigte Dreiergespanne dunkler Limousinen oder SUV auf der linken Spur zu beobachten. Mit 180 Sachen oder mehr und viel zu geringem Abstand.

Autobahn GmbH verweist auf die Richtgeschwindigkeits-Verordnung von 1973

Die Autobahn GmbH (Niederlassung Nordost) zog sich auf Paragrafen zurück, um die Demontage der Schilder zu begründen: „Die Aufhebung des Tempolimits auf der A13 liegt in der gesetzlichen Notwendigkeit des Paragrafen 3 Absatz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung.“ Danach gelte das grundsätzliche Tempolimit von 100 Stundenkilometern für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen nicht auf Autobahnen oder baulich vergleichbaren Straßen.

Und deshalb sei man zur Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung von 1973 zurückgekehrt. Eine Verordnung, die nichts verordnet, sondern lediglich Tempo 130 empfiehlt. Das Lkw-Überholverbot allerdings bleibt bestehen.

Nur noch die  Überholverbots-Schilder für Lkw stehen noch an der A13. Die Tempo-130-Schilder sind weg.
Nur noch die Überholverbots-Schilder für Lkw stehen noch an der A13. Die Tempo-130-Schilder sind weg. GL

Darf das Raser-Gemetzel auf der A24 zurückkehren?

Die Polizei Brandenburgs äußerte sich offiziell nicht zum Ende der Geschwindigkeitsbegrenzung. Gegenüber dem rbb wünschten sich Beamte hinter vorgehaltener Hand jedoch, sie hätten sie gerne zurück.  Ohnehin dürften bei Polizei und Rettungskräften die Alarmglocken schrillen, befindet sich laut Autobahn GmbH die A24 „zur Zeit in der Prüfung“.

 Die 62 Kilometer zwischen den Autobahndreiecken Havelland und Wittstock waren bis Ende 2002 eine Strecke blutigen Schreckens, als man dort so schnell fahren durfte wie man konnte und wollte. Dann kam Tempo 130, und eine 2007 erstellte Studie zeigte: In den drei Jahren 2000 bis 2002 gab es 654 Unfälle mit Personen- oder schwerem Sachschaden, in den drei Jahren von 2004 bis 2006 nur noch 337, ein Minus von 48 Prozent. Die Zahl der verletzten oder getöteten Menschen sank von 838 auf 362 (minus 57 Prozent).