Berliner Taxis im Kampf mit Uber & Co.: Kann nur eine heftige Preiserhöhung die Branche retten?
Die Zahl der Berliner „Droschken“ ist seit Anfang 2020 um ein Viertel auf unter 6000 geschrumpft.

„Elfenbein“ wird immer seltener in Berlin, zumindest die Farbe: Die Zahl der Taxis ist seit Beginn der Corona-Pandemie um über 2000 auf 5905 im Januar 2022 gefallen. Das vermeldet das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO). Das ist ein Viertel weniger. Bundesweit ist die Zahl der Taxis, Unternehmen und Fahrerum rund ein Fünftel gesunken, schätzt der Bundesverband Taxi und Mietwagen. Insbesondere in den Großstädten , seien die Betriebe unter Druck, erklärt Geschäftsführer Michael Oppermann. Und die Schrumpfung ist wohl noch nicht vorbei.
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Denn es gibt weitere Effekte, die der Branche das Leben schwer machen. Zum einen hat Corona viele Taxi-Geschäftsbereiche einbrechen lassen. Tourismus, Messen, Geschäftsreisen, Flughafenfahrten und Nachtleben, all das ging enorm zurück. Und Oppermann ist skeptisch, dass in allen Bereichen die Werte vor der Pandemie wieder erreicht werden.
Daneben war das Gewerbe bereits vor Pandemieausbruch durch Konkurrenten wie den Fahrdienstvermittler Uber unter Druck. Zu alledem kommen auch noch Rückforderungen von Corona-Hilfen, die anstehende Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro und die kräftig gestiegenen Preise für Werkstattbesuche und Sprit.
Das größte finanzielle Problem ist laut Oppermann der Mindestlohn, denn Personal mache rund zwei Drittel der Kosten im Taxigewerbe aus. Die hohen Spritpreise fielen da deutlich weniger ins Gewicht, obwohl sie bei Diesel rund 40 Cent pro Liter über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegen. Doch auch das könne der Tropfen sein, der das Fass für ein Unternehmen überlaufen lasse, denn die Tarife seien „auf Kante genäht“, betont Oppermann.
„Ordnungsbehörde sorgt nicht für Ordnung“
Leszek Nadolski, 1. Vorsitzender der Berliner Taxiinnung, konkretisiert das Problem des Mindestlohns: Ich habe keinen Angestellten, aber hätte ich einen, müsste ich ihm vom Herbst an zwölf Euro bezahlen. Das geht einfach nicht, denn mein Umsatz pro Stunde liegt bei zehn Euro." Nadolski macht einen bitteren Scherz: „Meine Frau leistet sich einen Taxifahrer.“
Auch andere Taxifahrer-Vertreter bestätigen Oppermanns Analyse und sehen einen speziellen Berliner Grund für die Taxi-Misere. Fahrvermittlungsdienste wie Uber arbeiteten nach wie vor gesetzwidrig, aber die Berliner Ordnungsbehörde „tut alles andere, sorgt aber nicht für Ordnung“. Hamburg sei bei den Kontrollen von Uber & Co deutlich besser, vom LABO bekomme das Berliner Taxigewerbe immer nur zu hören: „Wir haben keine Leute und können deshalb nicht kontrollieren.“
Um die Belastungen auszugleichen, müssten die Tarife für Taxifahrten steigen, sagt Oppermann. Und zwar möglichst bis zur für Oktober anstehenden Erhöhung des Mindestlohns. Dies muss von den jeweiligen Kommunen genehmigt werden. Normalerweise könne das ein Jahr dauern, doch jetzt hoffe er auf eine zügigere Umsetzung.
Taxiverband erhofft rund 25 Prozent Preiserhöhung
Im Schnitt hält er eine Anhebung der Taxi-Tarife um rund ein Viertel für notwendig, je nachdem, wann und wie stark zuletzt erhöht wurde. Dennoch glaubt Oppermann nicht, dass der Taxi-Schwund bereits beendet ist. Insgesamt geht er durch die Pandemie von einem Rückgang um ein Drittel bei Fahrzeugen, Fahrern und Unternehmen aus, mit dem bisherigen Fünftel sei das bei weitem noch nicht erreicht.
Und auch die anstehenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen würden das kaum verhindern können. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Branchen seien keine Nachholeffekte zu erwarten, sagt Oppermann. „Die Leute lassen sich ja nicht jetzt zweimal um den Block fahren, weil sie die letzten zwei Jahre so wenig Taxi gefahren sind.“
In Berlin wird es in der kommenden Woche Gespräche des Gewerbes mit der Verkehrsverwaltung unter anderem über die Tarife geben, in der vergangenen Woche hatten die Taxiverbände bei Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) ihre Situation geschildert.
Tariferhöhungen als zweischneidiges Schwert
Leszek Nadolski sagt, dass es ohne Tariferhöhungen nicht gehe, auch wenn das ein zweischneidiges Schwert sei: „Es werden Kunden wegfallen.“ Im Oktober haben die Taxivertretungen einen Antrag auf Erhöhung von etwas über zehn Prozent gestellt. Zusätzlich würde er sich wünschen, dass vorbestellte Fahrten vom BER zur Messe, zur City Ost oder City West zu einem Festpreis zu haben sein sollten. Reisende hätten dann den Vorteil zu wissen, was der Trip nach Berlin kostet. Damit sei man bei der Senatsverwaltung noch nicht durchgedrungen.
Kaum Hoffnung hat der Innungsvorsitzende, dass das Taxigewerbe als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs in absehbarer Zeit von den sogenannten Regionalisierungsmitteln profitieren wird, die der Bund an die Länder zahlt.
Seit der letzten Tarifänderung im September 2019 liegt die Einschaltgebühr in Berliner Taxis bei 3,90 Euro, dann werden 2,30 Euro pro Kilometer fällig. Nach 7 Kilometern sinkt der Kilometerpreis auf 1,65 Euro.