Senat ändert Straßenverkehrsgesetz

Autofahrer, ihr müsst jetzt tapfer sein: Kurzzeitparken kostet bald bis zu vier Euro

Auch Bewohnerparkausweise sollen teurer werden. Eine Gesetzesänderung, die vor kurzem in Kraft trat, ermöglicht dem Senat eine kräftige Anhebung der Vignettengebühr.

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Parkende PKW in Prenzlauer Berg. 
Parkende PKW in Prenzlauer Berg. Foto: imago stock&people

Die Parkgebühren in Berlin wurden schon lange nicht mehr erhöht. Doch das könnte sich in absehbarer Zeit ändern. Die Verkehrsverwaltung hat eine Vorlage für den Senat erarbeitet, wonach eine Stunde Parken künftig bis zu vier Euro kosten soll. Doch nicht nur Parkscheine, sondern auch Bewohnerparkausweise sollen in Berlin teurer werden. Eine Gesetzesänderung ermöglicht eine kräftige Anhebung der Vignettengebühr.

2006 sind die Preise fürs Kurzzeitparken zum vorerst letzten Mal gestiegen. Seitdem bleiben die Parkscheintarife unverändert – während die Fahrpreise für den Nahverkehr weiter angehoben wurden. Im Vergleich zu anderen Städten ist Parken in Berlin vergleichsweise preiswert. Ein weiterer Unterschied ist, dass in der Berliner Innenstadt längst nicht überall Parkgebühren kassiert werden. Innerhalb des S-Bahn-Rings sind gerade mal 35 Prozent der öffentlichen Stellplätze kostenpflichtig.

Bis Ende 2023 kein kostenfreier Parkraum mehr in der Innenstadt

Das soll sich ändern, heißt es im Luftreinhalteplan. Er sieht vor, den Anteil bis Ende dieses Jahres auf drei Viertel zu vergrößern. Ein ehrgeiziges Ziel, allein das Ordnungsamt Tempelhof-Schöneberg bräuchte 120 weitere Stellen. Ende 2023 soll es in der Innenstadt nur noch gebührenpflichtigen Parkraum geben – was dazu führen würde, dass der Kraftfahrzeugverkehr um fast zehn Prozent zurückgeht. Der Masterplan sieht auch vor, die Gebühren fürs Kurzzeitparken zu erhöhen. Ursprünglich sollten die Parkscheinautomaten bereits 2019 umgestellt werden. Die Senatsverkehrsverwaltung hat die erforderliche Vorlage aber erst in diesem Frühjahr eingebracht.

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„Vorgesehen ist, dass die jetzigen Stundensätze von ein, zwei und drei Euro auf zwei, drei und vier Euro angehoben werden“, sagte Senatorin Regine Günther. „Die Vorlage befindet sich im Prozess der Mitzeichnung durch andere Senatsverwaltungen. Wir hoffen, dass sie nach der Sommerpause verabschiedet werden kann.“

Allerdings stockt das Verfahren dem Vernehmen nach. Berichten zufolge sieht die Innenverwaltung  den Gebührenplan skeptisch. Die Erhöhung würde Polizisten belasten, die auf ihr Auto angewiesen sind, sagte Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei. Wer im Schichtdienst arbeitet, habe oft keine Alternative zum eigenen Wagen. Nachts seien die Verbindungen mit dem Nahverkehr häufig schlecht. Die Gebührenerhöhung beträfe auch Polizisten, die zum Beispiel bei Demonstrationen im Einsatz sind. Sie müssten ebenfalls Parkscheine lösen – wobei zudem das Problem entsteht, dass häufig unklar ist, wie lange die Demo dauert. „Sie wissen oft nicht, wie viele Münzen sie in den Automaten werfen müssen“, so Jendro. Die Gewerkschaft fordert, dass Polizisten in allen Bezirken Vignetten bekommen.

Senat argumentiert mit Verkehrswende

Allerdings könnten auch die Parkausweise teurer werden – was vor allem die Bewohner der Parkzonen beträfe. Seit Jahren kostet die Vignette in Berlin unverändert 20,40 Euro für bis zu zwei Jahre. Dagegen würden in Amsterdam pro Jahr 535 Euro, in Stockholm umgerechnet 827 Euro fällig, so das Deutsche Institut für Urbanistik. Als in Berlin die Gebühr festgesetzt wurde, lautete ein Argument, dass es auch ärmeren Innenstadtbewohnern möglich sein soll, sich ein Auto zu leisten. Sehr viel teurer hätte der Bewohnerparkausweis bislang ohnehin nicht sein dürfen. Die Jahresgebühr müsse sich zwischen 10,20 und 30,70 Euro bewegen, hieß es.

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Doch dieser Rahmen gilt nicht mehr absolut. Eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes ermächtigt die Landesregierungen, Gebührenordnungen für Bewohnerparkausweise zu erlassen. Dabei können „die Bedeutung der Parkmöglichkeiten, deren wirtschaftlicher Wert oder der sonstige Nutzen der Parkmöglichkeiten für die Bewohner angemessen berücksichtigt werden“, so der neue Wortlaut. Die Fassung ist ziemlich frisch: Am 5. Juni billigte der Bundesrat einen Entwurf des Bundestags, am 20. Juni  wurde das geänderte Gesetz verkündet.

„Der bisherige Preis ist nicht mehr zeitgemäß und deckt oft noch nicht einmal den Verwaltungsaufwand der Städte für Schilder und die Ausweise“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. „Nach Ansicht der Städte sollte dafür ein Rahmen von 20 bis 200 Euro möglich sein. Wir müssen die Verkehrswende so gestalten, dass mehr Menschen aufs eigene Auto verzichten.“ Die Sorge, dass die Städte nun schlagartig ihre Gebühren für das Bewohnerparken erhöhen, sei unbegründet: „Eine Befragung hat vor einiger Zeit ergeben, dass etliche Städte eine Erhöhung der Gebühren anstreben – allerdings moderat und schrittweise.“

Berlin wollte im Bundesrat Rahmen sogar noch weiter ausdehnen

Das Land Berlin hatte sich dafür eingesetzt, den Rahmen sogar noch weiter auszudehnen. Ein Antrag im Bundesrat sah vor, bis zu 240 Euro jährlich zu ermöglichen. Der zuständige Unterausschuss der Ländervertretung stimmte ihm Anfang dieses Jahres zu, doch im Plenum war die Initiative nicht erfolgreich.

Die Gesetzesänderung gibt auch dem Land Berlin mehr Spielraum. „Der bisherige derzeit noch geltende Rahmen, der die Jahresgebühr für Anwohnervignetten auf 10,20 bis 30,70 Euro beschränkt, muss dann nicht mehr eingehalten werden. Auch in Berlin kann die Gebühr des Bewohnerparkausweises angehoben werden“, sagte Senatorin Günther. „Wir diskutieren, in welchem Maße diese Möglichkeit wahrgenommen wird.“ Die Spitzen der Verkehrsverwaltung lassen sich noch nicht in die Karten schauen, was auf die Bewohner der Parkzonen zukommt.