Nissan e-NV 200 Evalia

Der kurzatmige Kleine

Nissan bietet mit dem e-NV 200 einen guten Familienbus für die Innenstadt. Weiter reicht die Energie nicht.

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Der elektrische Familienbus von Nissan eignet sich vor allem für Kurze Ausflüge. Auf langen Reisen geht ihm schnell der Saft aus.
Der elektrische Familienbus von Nissan eignet sich vor allem für Kurze Ausflüge. Auf langen Reisen geht ihm schnell der Saft aus.Foto: Nissan

Fahre ich jetzt die Zukunft? Zumindest fahre ich mit reinem Gewissen. Oberflächlich. Ich habe den Nissan e-NV 200 Evalia getestet – einen Elektro-Bus aus Japan.

Ich bin kein glühender Anhänger von Elektroautos. Die Umweltverträglichkeit der Lithium-Ionen-Batterien ist schlechter als die von Verbrennungsmotoren. Das Lithium wird in Afrika von Kindern gefördert. Ein E-Auto fährt in Deutschland mit Strom aus Atom- und Kohlekraftwerken. So ist nun mal die Realität. Gruß an die Öko-Front.

Aber ich versperre mich nicht der Zukunft – irgendwann muss der Schalter umgelegt werden. Und bis dahin müssen sich die ersten E-Autos bewähren. Auch hier in Berlin. Darum habe ich mich auch gern in diesen Bus gezwängt. Zumal er vieles bietet, was ich mir wünsche.

Das Nissan-Büslein ist natürlich für asiatische Fahrer und Familien konzipiert. Alles ist etwas kleiner. Aber netto ist es schon beeindruckend, dass Nissan in einem 4,50-Meter-Auto einen Siebensitzer untergebracht hat.   Dank Schiebetüren im Fond auf beiden Seiten ist der Einstieg auch ganz bequem. Nur wenn man sieben Sitze hat und braucht, ist kein Platz mehr fürs Gepäck. Wie soll dann eine siebenköpfige Familie damit verreisen?

Der Innenraum bietet Platz für eine Großfamilie – büßt dafür aber Kofferraumkapazität ein.
Der Innenraum bietet Platz für eine Großfamilie – büßt dafür aber Kofferraumkapazität ein.Foto: Nissan

Für lange Strecken reicht der Saft aber ohnehin nicht. Dass eine „Tank“-Füllung für 300 km reicht, steht zwar in den Unterlagen – ist aber nur der fromme Wunsch der Entwickler. Wer Heizung, Klima, Radio, Sitzheizung und Licht einschaltet, bezahlt diesen Luxus mit Kilometerverlust. Guten Gewissens sollte man nicht planen, weiter als 200 Kilometer zu fahren. Und dann muss der Japan-Bus wieder an die Steckdose – zuhause im Carport mit normaler Steckdose für 17 Stunden, an einer Ladesäule für 7 Stunden. Das ist für mich zu lang.

Was mir gefallen hat: Der „Tankstutzen“ für das Ladekabel ist in der Mitte der Front – also gut erreichbar, egal woher der Strom gelegt wird. Beim Beschleunigen und Tempo des Stadtverkehrs ist der E-Motor in seinem Element. Das volle Drehmoment liegt sofort an und lässt bis rund 3000 Touren nicht locker. Damit habe ich sogar Rollerfahrer erschreckt, die meinten, den mickrigen Bus abhängen zu können.

Nissan e-NV 200 Evalia mit umfangreicher Serienausstattung

Das stufenlose Automatikgetriebe ist gerade in der Stadt eine Wohltat. Auf der Stadtautobahn hat mich dann so ein Roller schnell wieder eingeholt – denn schneller als 123 km/h wird’s nicht. Wieder im Stadtgebiet zeigen die Kürze des Busses, der enge Wendekreis und die Übersichtlichkeit (Kamera und große Scheiben), wie flexibel und schnell man in engen Straßen unterwegs und in engen Lücken eingeparkt sein kann. Liebe Helikopter-Eltern: Lasst das SUV stehen, so ein Bus ist viel praktischer und preiswerter. In Kurven ist außerdem spürbar, wie die Batterie den Schwerpunkt nach unten verlagert. Hohe Kurvengeschwindigkeiten sind dennoch nicht die Domäne des e-Evalia. Das Gewicht raubt den batterieelektrischen Autos grundsätzlich einen Teil der Fahrdynamik.

Die Serienausstattung ist umfangreich: Klimaautomatik, Licht- und Regensensor, Rückfahrkamera – alles drin. Ein kleiner Abstrich ist, dass die Sitzbank in der zweiten Reihe zwar gefaltet werden kann, für das komplette Rausnehmen aber ein 14er Schlüssel und starke Arme gefragt sind.

Fazit: Der Nissan e-NV 200 Evalia ist gut für alle, die ein praktisches familien- und alltagstaugliches Elektroauto suchen – und keine weiten Strecken fahren wollen. Die weiteren Stärken: Er ist leicht zu fahren, leise, ausgereift und durchdacht. Dass er zugleich die typischen Nachteile eines batterieelektrischen Antriebs mit sich bringt, müssen Interessenten halt hinnehmen – fürs gute Öko-Gewissen. 

Dieses Fahrzeug wurde uns zum Test zur Verfügung gestellt; Nissan e-NV 200 Evalia: Elektromotor: 80 kW/109 PS, Stromerregte Synchronmaschine (SSM), Frontantrieb, Automatikgetriebe, 0 auf 100 km/h: 14 Sek, Spitze: 123 km/h, Reichweite: 200 km, Tankgröße: 40 kWh (Lithium-Ionen-Batterien), Verbrauch: 25,9 kWh/100 km, CO2-Ausstoß: 0, Ladezeiten: 100 %: 17 Std. (10 A / 230 V), 8,5 Std. (Ladestation, Wallbox), L/B/H in mm: 4560/1755/1858, Radstand: 2725 mm, Wendekreis: 11,1 m, Kofferraum: bis 3000 l, Leergewicht: 1689 kg, Preis: ab 41690 Euro