Mit Flip-Flops Auto fahren – ist das eigentlich verboten?
Mit Flip-Flops Auto fahren – ist das eigentlich verboten?
IMAGO / photothek

Wenn es draußen heiß ist – bis zu 38 Grad werden in den kommenden Tagen erwartet –, ist es das im Auto um so mehr. Also rein in die Sommersachen und ab zum See. Aber: Moment mal! Darf man mit Badelatschen oder Flip-Flops hinters Steuer? Das ist doch verboten – oder nicht? Und kann ich auf dem Weg dorthin noch mal eben die Freundin anrufen, ob sie mitkommen will, dann schnell die Route im Navi ändern, und ab geht die Post? Was wirklich erlaubt ist und was nicht – der KURIER klärt auf.

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Autofahr-Mythos 1: Handy am Steuer, das wird teuer – auch wenn man es als Navi benutzt?

Ja und nein! Telefoniert werden darf am Steuer nur mit geeigneter Freisprecheinrichtung. Das Einklemmen des Handys zwischen Ohr und Schulter zählt nicht dazu. Die Strafe ist hier die gleiche wie bei einem Handyverstoß, bei dem das Gerät während der Fahrt in der Hand gehalten wurde. Das unterstreicht ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln (Az.: 1 RBs 347/20).

Zwar werde das Halten in der Hand regelmäßig in der Praxis sowie in der Begründung für die Regelung vorausgesetzt, ausdrücklich sei diese Formulierung in der Vorschrift selbst aber nicht enthalten. Mit einer Freisprecheinrichtung ist das Einklemmen demnach nicht zu vergleichen. Man hat zwar auch dabei die Hände am Lenkrad. Aber die Bewegungsfreiheit ist stark eingeschränkt – etwa für einen Blick in den Rückspiegel oder einen Schulterblick.

Und: Seit der Änderung der StVO 2017 ist die Regelung noch deutlicher. Nicht nur das Telefonieren mit dem Handy am Ohr ist verboten. Sämtliche andere Funktionen von Mobil- oder Autotelefonen darf man als Fahrer nicht verwenden. Gilt das auch fürs Navi? Wenn das Telefon in der Halterung festgemacht ist, darf man diese Funktion benutzen. Verboten ist es allerdings, die Route während der Fahrt einzugeben oder zu ändern. Dazu muss man anhalten und den Motor abstellen.

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Autofahr-Mythos 2: Wenn’s hinten kracht, gibt’s vorne Geld – stimmt das?

Nicht wirklich, aber … In der Straßenverkehrsordnung steht, dass man im Straßenverkehr grundsätzlich damit rechnen muss, dass der Vordermann plötzlich und unerwartet stark abbremst (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO). Daher muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn plötzlich gebremst wird. Anders sieht es aus, wenn der Vorausfahrende ohne zwingenden Grund auf die Bremse tritt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 StVO), erklären die Rechts-Experten der Arag. Vorbeihuschende Kleintiere wie etwa Eichhörnchen oder Kaninchen sind bei aller Tierliebe juristisch gesehen kein zwingender Grund, zu bremsen. Streiten die Unfallbeteiligten über die Schuldfrage, muss der Auffahrende allerdings beweisen, dass er alles richtig gemacht hat. Und das kann in solchen Fällen oft schwierig werden.

Wer jemand anderem von hinten auffährt, hat es oft schwer, seine Unschuld zu beweisen.
Wer jemand anderem von hinten auffährt, hat es oft schwer, seine Unschuld zu beweisen.
imago images/Marc Schüler

Der Rat der Experten: Geraten Sie in die beschriebene Situation, sollten Sie Passanten oder andere Verkehrsteilnehmer suchen, die den Unfall beobachtet haben und Ihre Schilderung bezeugen können. Im besten Fall gelingt es Ihnen, sich zu entlasten.

Auf der Autobahn brauchen Verkehrsteilnehmer hingegen weder mit stehenden Fahrzeugen zu rechnen noch damit, dass der Vorausfahrende ohne ersichtlichen Grund seine Geschwindigkeit erheblich verringert. Daher gibt es zwei klassische Ausnahmen, bei denen Auffahrende gute Chancen haben, bei einem Auffahrunfall nicht voll zu haften: Wenn der Vordermann plötzlich stark abbremst, weil er abbiegen will, aber vergisst, dies rechtzeitig durch den Blinker deutlich zu machen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 StVO). Oder der Vorausfahrende bremst kurz nach einem Fahrspurwechsel stark ab, sodass der Hintermann keine Gelegenheit hatte, den nötigen Sicherheitsabstand aufzubauen.

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Autofahr-Mythos 3: Rechts überholen ist immer verboten – oder doch nicht?

Das stimmt so nicht! Innerhalb geschlossener Ortschaften dürfen Pkw bis 3,5 Tonnen auf mehrspurigen Straßen auch rechts überholen. Auch auf Autobahnen und mehrspurigen Landstraßen kann man bei dichtem, zähfließendem Verkehr auf dem rechten Fahrstreifen an anderen Autos vorbeifahren. Auch langsam fahrende Fahrzeuge dürfen gelegentlich rechts überholt werden. Voraussetzung: Man selbst fährt dabei nicht schneller als 80 Stundenkilometer (km/h) und überholt mit einer maximalen Differenzgeschwindigkeit von 20 km/h. D. h., das überholte Fahrzeug tuckert mit etwa 60 km/h über die Autobahn.

Autofahr-Mythos 4: Parklücke freihalten – ist das verboten?

Ja! Ein Helfer, der den Parkplatz freihält, ist kein Garant für das Anrecht auf die Lücke. Denn das Besetzen des Parkplatzes ist nicht erlaubt und kann ein Bußgeld nach sich ziehen. Ob man sich als Autofahrer in eine Lücke hineindrängen sollte, in der bereits jemand wartet, ist vielleicht moralisch fraglich. Aber: Hier kommen Gerichte auch zu verschiedenen Einschätzungen. Das Oberlandesgericht Naumburg unterstützte sogar einen Fahrer, der eine den Parkplatz freihaltende Frau am Knie touchierte. Durch die langsame Fahrweise habe für sie keine Gefahr bestanden (Az.: 2 Ss 54/97). Das ist dann mal doppelt doof gelaufen.

Eine Parklücke für jemanden freizuhalten ist verboten und wird mit Busgeld bestraft.
Eine Parklücke für jemanden freizuhalten ist verboten und wird mit Busgeld bestraft. IMAGO/Steinach

Autofahr-Mythos 5: Darf man mit Flip-Flops Auto fahren?

Ja! Gleichgültig, ob mit Flip-Flops, High Heels, Gummistiefeln oder sogar barfuß – Auto fahren geht mit jedem Schuhwerk. Verbote in dieser Richtung gibt es nicht, erklären die Rechtsexperten der Arag. Daher droht bei einer Verkehrskontrolle auch kein Bußgeld. Jedoch sollten Autofahrer auch dünn beschuht in der Lage sein, im Straßenverkehr angemessen reagieren zu können. Geschieht nämlich ein Unfall, der womöglich auf das Schuhwerk zurückzuführen ist, müssen sie unter Umständen nicht nur mit einer strafrechtlichen oder bußgeldrechtlichen Sanktion wegen einer Verletzung der Sorgfaltspflicht rechnen (Oberlandesgericht Bamberg, Az.: 2 Ss OWI 577/06), sondern bekommen auch Probleme mit ihrer Versicherung.

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Der Rat der Experten: Wer sich bei Flip-Flop-Wetter ans Lenkrad setzt, sollte sich lieber noch festere Schuhe zum Wechseln ins Auto legen.