Werner „Pico“ Voigt: Ein Wanderer zwischen den Welten
Sowohl beim 1. FC Union als auch beim BFC Dynamo war der gebürtige Wildauer anerkannt und gern gesehen, nun ist er 75-jährig gestorben.

Wenn Heinz Werner anrief, war Werner Voigt immer dabei. Er freute sich auf den Anruf und erschien meist als einer der Ersten. Werner, die 87-jährige Trainer-Legende des 1. FC Union, organisiert seit Jahren in der Nähe des Tierparks einen Sportler-Stammtisch, zu dem neben ehemaligen Spielern wie Lothar Kurbjuweit und Manfred Zapf, Otto Fräßdorf und Konrad Dorner auch Ex-Fifa-Schiedsrichter Siegfried Kirschen und Claudia-Pechstein-Langzeittrainer Joachim Franke gehören – ohne Werner Voigt ging kaum ein Nachmittag vorbei. Er, von dem manche kaum den Vornamen wussten, weil sie ihn alle nur Pico nannten, gehörte sozusagen zu den Gründungsmitgliedern und zu den guten Geistern dieser nahezu einmaligen Runde. Am 10. Mai aber, wenn die nächste Zusammenkunft stattfindet, wird Pico nicht kommen. Sein Platz wird für immer leer bleiben, sein Name aber wird trotzdem in aller Munde sein, denn vor zwei Wochen, an einem Sonnabend, ist der Wanderer zwischen den Welten mit 75 Jahren gestorben.
Zuletzt schon hatte er ein wenig das Gleichgewicht verloren. Seine Frau Petra, die mit ihm durch dick und dünn gegangen war, war gestorben. Das hatte ihn fürchterlich mitgenommen, dass er an manchen Dingen zweifelte und ein klein wenig fast neben sich zu stehen schien.
Pico fand den schmalen Grat zwischen BFC und Union
Manche Termine, für ihn, den disziplinierten Sportler, Trainer und Menschen sonst so etwas wie ein Heiligtum, hatte er dann nicht mehr auf dem Schirm. Muntere, oft witzige Sprüche, eine seiner starken Waffen im Umgang mit anderen, kamen nicht mehr ganz so locker über seine Lippen. Das Leben hatte ihm zu sehr mitgespielt.
Wohl geglitten war Pico von Anfang an. Auf dem manchmal glatten Fußball-Parkett im Osten der Stadt hatte er sich ziemlich sicher bewegt, er hatte überall gute Freunde und engagierte Mitstreiter, treue Kumpels und eifrige Begleiter. Auch deshalb fand er, der in Wildau geboren wurde, den Weg schon als junger Bursche über die SG Niederlehme und Dynamo Königs Wusterhausen zum BFC Dynamo und später zum 1. FC Union.
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Er war einer der Ersten, die den schmalen Grat fanden zwischen den Erzrivalen aus Hohenschönhausen und Köpenick. Für die Weinroten aus dem Sportforum bestritt er sogar 17 Spiele in der DDR-Oberliga, für die Rot-Weißen aus der Alten Försterei war er in der Saison 1974/75 Zweitligaspieler.
Mit Hansa Rostock im Finale des FDGB-Pokals
Der Aufstieg in die Erstklassigkeit aber gelang ihm mit jener Mannschaft nicht und erst seine Nachfolger – dazu gehörte dann auch Heinz Werner als Trainer – schafften die Wiederkehr in eine Spielklasse mit Dynamo Dresden und Carl Zeiss Jena, Lok Leipzig und 1. FC Magdeburg.

Da war Voigt bereits in Fürstenwalde, ließ seine Spielerkarriere auslaufen und wurde nach seinem Studium zum Diplomsportlehrer Trainer. Erst wieder in Hohenschönhausen, dann in der Oberliga bei Hansa Rostock. Das Team aus dem Norden führte er auf Anhieb aus der DDR-Liga in die Oberliga, schaffte mit Spielern wie Rainer Jarohs und Juri Schlünz, Axel Schulz, Heiko März und Axel Kruse den Einzug ins Finale des FDGB-Pokals, das die Hanseaten trotz Führung gegen Lok Leipzig mit 1:4 verloren. 1989 gar gelang den Rostockern als Tabellenvierter der Sprung in den Uefa-Cup.
Pico Voigt zweimal Trainer beim 1. FC Union
Als der 1. FC Union seinen ehemaligen Spieler rief, um als Trainer zu helfen – Pico ließ sich nicht lange bitten. Zweimal übernahm er in schwierigen Zeiten die Verantwortung in der Alten Försterei. Das erste Mal in den Wirren der Wende, von 1990 bis 1992, das zweite Mal im Herbst 2004, als die Amtszeit von Frank Wormuth nach nur wenigen Wochen zu Ende war.
Den Eisernen blieb Pico bis zuletzt eng verbunden. Deren jüngste Entwicklung verfolgte er wie viele andere mit Staunen und Anerkennung. Nun aber ist der Wanderer zwischen den Welten nach Nirgendwo abgebogen.
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