Union-Kolumne

Was die deutsche Nationalmannschaft von den Eisernen lernen kann

Seit Jahren ist der 1. FC Union das herausragende Beispiel dafür, wie ein Team funktionieren muss, um Erfolg zu haben.

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Dass der 1. FC Union auf dem Platz eine echte Einheit ist, zeigt sich nicht nur jedesmal beim Tor-Jubel.
Dass der 1. FC Union auf dem Platz eine echte Einheit ist, zeigt sich nicht nur jedesmal beim Tor-Jubel.Eibner/imago

Schnelligkeit ist keine Hexerei. Damit ist ausnahmsweise nicht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gemeint, obwohl er in der Causa Bundestrainer dann doch ganz schnell handelte und Hans-Dieter Flick, den Hansi, nach nur 25 Spielen entließ. Schnelligkeit kann man dem DFB auch deshalb nicht attestieren, weil schon nach dem Grusel-Dreier ausgangs der vorigen Spielzeit klar war, dass die Uhr des einstigen Löw-Assistenten und des späteren Nachfolgers des Weltmeistertrainers von 2014 abgelaufen war.

Eigentlich. Also kommt der größte Sportfachverband der Welt mindestens drei Monate und damit wie schon zwei Jahre zuvor beim Jogi deutlich zu spät. Mit Schnelligkeit hat es trotzdem jede Menge zu tun, was da gerade passiert ist, nämlich mit der auf dem Platz. Wie langatmig war das Spiel zuletzt unter Flick, wie ausrechenbar.

Nichtnominierung von Unionern bekommt neue Brisanz

Nicht nur gegen Japan, aber auch und gerade da: ter Stegen zu Rüdiger zu Schlotterbeck zu Süle zu Kimmich zu Wirtz zu Gündogan zu Sané zu Rüdiger zu Süle zu Kimmich zu Schlotterbeck – Ball im Seitenaus. Raumgewinn: minus 3,5 Meter. Die Japaner dagegen: Mitoma bleibt mit einem Versuch des Doppelpasses zwar hängen, aber die Blue Samurai setzen nach, Sugawara flankt von rechts, Ito ist schneller als Rüdiger – drin, 0:1.

So ging es munter weiter. Vielleicht, aber das wäre viel zu gemein und fast schon fies, hat es auch der 1. FC Union dem entlassenen Flick ein wenig heimgezahlt. Die Diskussionen zwischen ihm und Oliver Ruhnert um die Nichtnominierung von Spielern der Eisernen bekommen im Nachhinein viel mehr Brisanz als ohnehin schon.

Wahrscheinlich hätten Rani Khedira, Robin Knoche und neuerdings auch Kevin Behrens den Bundestrainer nicht gerettet, aber dass Robin Gosens ihm mit seinem kapitalen Bock an der Mittellinie, der zum 1:3 und damit vollends ins Desaster führte, den Rest gab und er ihn zum Teil mit auf dem Gewissen hat, ist unstrittig. Flick und der 1. FC Union dürften kaum mehr Freunde werden.

1. FC Union zeigt, wie eine Mannschaft funktionieren muss

Was trotzdem Fakt ist, auch wenn es manchen ziemlich vermessen erscheint: Das DFB-Team, immerhin viermaliger Welt- und dreimaliger Europameister, kann von den Eisernen lernen. Schließlich ist der 1. FC Union seit Jahren ein Paradebeispiel dafür, wie eine Mannschaft funktionieren muss, um Erfolg zu haben.

Schnelligkeit, um dabei zu bleiben, ist eine Grundvoraussetzung, um im modernen Fußball zu bestehen. Flinke Füße sind dabei so gefragt wie schnelle Gedanken. Ist all das mit Erfahrung, mit Routine (inklusive Vorfreude auf Leonardo Bonucci) gepaart, umso besser. Nur wenn die Balance zwischen Sprintfähigkeit, Handlungsschnelligkeit und Ausdauer stimmt, gibt es hinten die Wenig-bis-null-Gegentore-Stabilität und vorn die Post-abgeh-Mentalität.

Das Geheimnis ist ein langfristiger Plan

Dazu bedarf es der jeweiligen Spielertypen. Die, auch das ist ein Geheimnis des 1. FC Union, haben die Köpenicker. Aber: Die hatten sie nicht vom ersten Tag an, die haben sie mit viel Geduld und noch mehr Auge ins Stadion an der Alten Försterei geholt. So etwas bedarf keiner fixen Eingebung, so etwas bedarf eines langfristigen Plans.

Puzzleteil, das passt: David Fofana verstärkt bei Union die Abteilung „flinke Füße“.
Puzzleteil, das passt: David Fofana verstärkt bei Union die Abteilung „flinke Füße“.City-Press

Mit Sheraldo Becker haben sie einen exzellenten Sprinter, der in der Vorsaison mit einem Speed von 36,57 km/h gemessen und dabei nur minimal vom Dortmunder Karim Adeyemi (36,65 km/h) übertroffen wurde. Weil der schnellste eiserne Sprinter verletzt ist und ohnehin nicht klar war, ob er in Köpenick bleibt, soll David Datro Fofana in seine Fußstapfen treten. Bisher liegt der Ivorer bei 34,08 km/h, Tendenz steigend.

Bei Union und beim DFB: Gesamtpaket muss stimmen

Im Mittelfeld und in der Abwehr stechen die Eisernen dafür mit Ausdauer hervor. Alex Král hat pro Spiel 11,72 Kilometer abgerissen, Diogo Leite 11,60, Danilho Doekhi 10,74 und Robin Knoche 10,55. Dabei waren die Spieler mit den im Vorjahr ligaweit größten Lungen, Rani Khedira und Lucas Tousart, noch nicht einmal eine Minute dabei. Vielleicht schafft es der Franzose am Wochenende zumindest in den eisernen Kader für das Spiel in Wolfsburg.

Puzzleteil, das passt: Alex Král verstärkt bei Union die Abteilung „Lunge“.
Puzzleteil, das passt: Alex Král verstärkt bei Union die Abteilung „Lunge“.Mathias Renner/City-Press

Eines aber ist ebenso klar: Schnelligkeit allein ist es auch nicht. Das Gesamtpaket muss stimmen und damit das Gleichgewicht im Team. Das sind nicht immer die individuell besten Spieler, das ist eher das mannschaftlich auf Einheit eingeschworene Team. Dort sind die Eisernen trotz der jüngsten Delle gegen Leipzig längst, dahin muss das DFB-Team unabhängig vom Resultat gegen Frankreich erst noch hin – egal ob mit einem, zwei oder drei Spielern der Rot-Weißen. Oder auch mit keinem. Trotzdem aber möglichst schnell.