Warum frühe Planungssicherheit dieses Jahr mit vielen Unsicherheiten behaftet ist
Unions Manager Oliver Ruhnert muss den neuen Kader zusammenstellen, ohne wirlich genau zu wissen, wie viel Kohle er dafür in die Hand nehmen darf. Auch die Vorbereitungszeit und ein Trainingslager sind noch offene Baustellen bei den Köpenickern

Geschafft. Klasse gehalten. Vorzeitig. „Das hätten uns viele so nicht zugetraut“, freute sich Unions Manager Oliver Ruhnert. So skurril die äußeren Umstände anmutenden, gibt erst mal Planungssicherheit. Eigentlich.
Denn mit der Planungssicherheit ist es so eine Sache. „Es ist in der Tat etwas kompliziert“, gab der 48-Jährige unumwunden zu. Fängt an beim Budget. Keiner weiß so genau, mit wie viel Kohle Union in der Bundesligaspielzeit 20/21 planen kann. Die Fernsehsehgelder werden sich in ähnlicher Größenordnung bewegen, wenn man mal von der ursprünglich angedachten Steigerung absieht. So werden die TV-Erlöse in der nächsten Saison um 150 Millionen Euro sinken. Statt 1,35 Milliarden Euro soll die Liga „nur“ noch 1,2 Milliarden Euro durch die nationalen Übertragungsrechte einsacken können. Eine ausbleibende Erhöhung ist erstmal zu verschmerzen. Durch den Aufstieg von Arminia Bielefeld bleiben die Eisernen in der Fünf-Jahreswertung weiterhin auf Rang 17 der TV-Gelder so wie in dieser Spielzeit. Man könnte also mit den rund 30,3 Millionen aus dieser Spielzeit rechnen.
Schwerwiegender schlagen die Zuschauerkalkulationen ist Kontor. Ab wann dürfen Fans wieder ins Stadion? Und wenn ja, wie viele? 1000? 5000? Wie verteilt man die Karten? Auch die Logen können ja womöglich aus Corona-Bedingungen nicht in Gänze besetzt werden. Bei Union gibt es diverse Firmen oder Zusammenschlüsse einzelner Parteien, dich so ein VIP-Domizil teilen. Wenn jetzt alle auf einmal reinkönnen, ist Stress programmiert.
Zuschauer können nicht ernsthaft kalkuliert werden
„Wir werden diese Dinge jetzt mit dem Präsidium angehen“, versprach Ruhnert. Klar scheint nur, dass die Eisernen ihren Kader verschlanken wollen. Und natürlich eine Blutauffrischung benötigen. In der Innenverteidigung beispielsweise durch den Verlust von Keven Schlotterbeck. Und im Tor durch den Abgang von Rafal Gikiewicz. Auch auf der Mittelstürmerposition besteht Handlungsbedarf. Nicht nur wegen des scheidenden Polters, auch weil man immer noch mit Angeboten für Sebastian Andersson rechnen muss.
Auch der Sommerfahrplan ist derzeit noch in der Schwebe. Verlässliche Daten, wann die Liga die neue Spielzeit startet, gibt es noch nicht. Davon hängen aber Urlaubsplanung und mögliche Trainingslager ab. Bislang steht nur fest, dass die Köpenicker wieder zum Start der Vorbereitung drei bis vier Tage in Bad Saarow aufschlagen möchten. „Da mit haben wir ja gute Erfahrungen gemacht und uns immer wohl gefühlt“, so Ruhnert weiter. Doch dann? Auf sechs Wochen veranschlagt Ruhnert die Vorbereitung. Business as usual also. Nur komplizierter. Ein Trainingslager ist noch nicht gebucht. „Wir wissen ja nicht mal, ob wir Testspiele machen dürfen. Und wenn ja, gegen wen“, bringt der gebürtige Sauerländer einen derzeit weiteren schwer zu berechnenden Faktor vor.
Wir haben jetzt 12 Monate am Stück durchgearbeitet. So lange war sonst kein Spieljahr."
Unions Manager Oliver Ruhnert
Da kommt viel Arbeit auf Ruhnert zu. Denn auch die Kaderplanungen stehen an. Die Scouting-Abteilung hat zwar nicht auf der faulen Haut gelegen. „Die haben mich manchmal verflucht wenn ich ihnen gesagt habt, schaut euch dieses und jenes Spiel noch mal an Fernseher an“, erklärte Ruhnert mit dem Anflug eines Lächelns. Doch die finale Entscheidung wurde bislang nie allein über Video-Studium getroffen. Das Live vor Ort sein entfiel ja in den letzten Monaten. „Ich muss erstmals eine Entscheidung treffen, ohne einen eigenen Eindruck von dem Spieler bekommen zu haben“, so Ruhnert, bei dem für Transfers immer auch sein Bauchgefühl mit eine Rolle spielt.
Und letztlich würde er zu gerne mal duchschnaufen. „In der Corona-Zeit haben wir ja trotzdem ständig gearbeitet. Da waren Meetings. Man musste täglich besprechen, wie es unmittelbar weitergeht. Wir haben jetzt praktisch 12 Monate am Stück durchgearbeitet. So lange war sonst kein Spieljahr.“ Und auch in den kommenden Woche ist da keine Abhilfe in Sicht. Union muss eine wettbewerbsfähige Mannschaft hinstellen. Damit das Wunder Klassenerhalt auch zweiten Jahr gefeiert werden kann.