Union-Kolumne
Urs Fischer und das Geheimnis einer eisernen Ansage
Beim Kader mit elf neuen Spielern ist der Trainer des 1. FC Union noch stärker als zuletzt als Moderator gefragt. Auch und gerade in der Torwartfrage.

Fußballer können ganz schön nervig sein. Manchmal hat es fast den Anschein, sie wären schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe. Das trifft nicht auf solche in der Bundesliga zu, zumindest nicht in heutigen Zeiten, das hat sich stark verändert. Wahrscheinlich auch deshalb, weil zu viel Geld auf dem Spiel steht und Strafen für Gemotze oder Genöle ziemlich happig ausfallen. Das ist schnell passiert, denn die Welt ist gläsern geworden, gerade rund um die Spieler. Wer prominent ist, und das sind die Stars in der Bundesliga in aller Regel, gibt auf sich acht. Er überlegt sich lieber zweimal, was er sagt, und er beißt sich im Zweifelsfall lieber auf die Zunge. Das tut zwar weh, kostet aber keine Strafe und kratzt nicht am Image. Und auf dem Heimweg vom Training aus der Alten Försterei womöglich einen Halt einzulegen im „Hauptmann von Köpenick“, das hat es zwar einst gegeben, geht inzwischen aber gar nicht mehr.
Was das mit dem 1. FC Union von heute zu tun hat? Derzeit nicht viel. Dazu ist die Situation zu entspannt nach vier Punkten aus drei Spielen und Tabellenrang 9, dort ins Sandwich genommen von den beiden Aufsteigern VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld. Die Gefahr des Motzens und Nölens – Achtung, Momentaufnahme! – besteht bei den Eisernen nicht. Erst recht nicht nach einem Spiel wie dem 4:0 gegen Mainz. Denn da ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Zumindest für den Moment, der möglichst lange, lange, lange anhalten möge.
Was aber ist, wenn es mit der kuscheligen Situation einmal ein Ende hat? Wie reagieren die Jungs, sollte es zu einer Serie von Niederlagen kommen? Wer sorgt für die Einhaltung der guten Kinderstube, wenn sich die Spirale, das soll ja in der besten Familie vorkommen, abwärts bewegt? Der Trainer, klar. Seine Assistenten, ebenso logisch. Die guten Seelen rund um das Team, ja, auch die. Im besten Fall alle anderen, die es gut mit der Mannschaft meinen.
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Duell Luthe gegen Karius - verzwickte Geschichte
Vor diesem Problem stand Urs Fischer noch nicht. Höchstens ein paar Tage, nach dem Start in die vorige Saison und dem 0:4 gegen RB Leipzig. Vielleicht auch in den Momenten, als es Irritationen um Publikumsliebling Sebastian Polter gab und um den bei den Fans nicht minder beliebten Rafal Gikiewicz. Aber sonst? Alles im grünen Bereich bei den Rot-Weißen.
Nur könnte das mit gestiegenen Ansprüchen und prominenterem Kader – von Max Kruse weiß man, dass er in der Öffentlichkeit mehr polarisieren kann als Christian Gentner – etwas schwieriger werden. Dass die Augen aller besonders auf das Duell zwischen den Pfosten gerichtet sind, liegt in der Natur der Sache. Andreas Luthe oder Loris Karius – das ist eine schon jetzt verzwickte Geschichte. Meine Tendenz ist klar, die habe ich an dieser Stelle bereits früher geäußert. In der Haut des Trainers möchte ich trotzdem nicht stecken, denn die Position zwischen den 7,32 Meter voneinander entfernten Pfosten, der 2,44 Meter darüberliegenden Latte und dem Strafraum davor ist nicht erst hochsensibel, seitdem die Eisernen zwei ebenbürtige Keeper haben und das Duell um die eigentliche Nummer 1 sowas von entbrannt ist, dass man sich gerade im kälter werdenden Herbst daran Hände und Füße wärmen könnte.

In der Moderation solcher Dinge hat Fischer die Ruhe weg, und die Gelassenheit ist ihm fast ins Gesicht geschrieben. Womöglich hilft dem Trainer dabei sogar sein Schwyzerdütsch, wos isch en Sommelbezeichnig für di säbe alemannische Dialekt, wo i de Schwyz gredt wärdet. In manchen Ohren klingt das womöglich so, als würden die härtesten Entscheidungen in einer Kuschelsprache vermittelt, womit sie schon nicht mehr so tief ins Herz treffen und beim nicht genauen Hinhören sogar schmeicheln könnten.
In der vorigen Saison hat der Trainer es verstanden, den einen oder anderen Aufstiegshelden schleichend aus dem Team zu nehmen, respektvoll, aber dennoch bestimmt. Aufgemuckt hat niemand, zumindest nicht außerhalb der Kabine oder des Trainerzimmers. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Nur sollte das niemand als selbstverständlich hinnehmen. Immerhin hat sich die Zusammensetzung des Teams stark verändert, elf (!) Spieler sind neu, 27 stehen insgesamt im Kader. Darunter sind einige, die womöglich nicht so leicht händelbar sind wie vielleicht Felix Kroos, Manuel Schmiedebach, Ken Reichel und vor allem Michael Parensen.
Eines sollte trotzdem jeder wissen, damit es zum Hüten des Sackes mit Flöhen erst gar nicht kommt: Eine knallharte Ansage ist auch im Schwyzerdütsch eher ein Peitschenknaller als ein Heiratsantrag.