Unions Timo Baumgartl über sein Comeback nach seiner Hodenkrebserkrankung: Ich werde das erst in ein paar Tagen realisieren
Der eiserne Innenverteidiger war am Sonntag der glücklichste Mensch beim 2:0-Erfolg des 1. FC Union gegen den VfL Wolfsburg.

Ein Tag, an dem einem eigentlich gar nichts fehlte. „Außer meinem zweiten Hoden“, scherzte Timo Baumgartl über den vielleicht emotionalsten Moment seines Lebens. Comeback gefeiert nach überstandenem Tumor. Startelfeinsatz. Sieg und Tabellenführung verteidigt. Keine Gnadenminuten, sondern eine echte Aufgabe. Es gab wohl keinen glücklicheren Menschen beim 2:0 des 1. FC Union gegen den VfL Wolfsburg als den Innenverteidiger der Eisernen.
Schon in der Vorwoche hatte die Leihgabe der PSV Eindhoven beim 1:0 in Köln mit zum Kader gehört. Trainer Urs Fischer hatte sich nun dafür entschieden, den Schwaben im Ernstfall einzusetzen, nicht ihn Stück für Stück weiter heranzuführen.
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„Kurzeinsätze kannst du nicht planen. Du weißt nicht, wie ein Spiel läuft. Es war einfach an der Zeit. Wir haben das auch im Trainerteam diskutiert und waren alle der Meinung, dass die Zeit gekommen ist. Wir haben ihn ein bisschen ins kalte Wasser geworfen“, so Urs Fischer.
Baumgartl hätte gerne länger gespielt
Als Fischer ihm die frohe Botschaft überbrachte, löste das einiges bei Baumgartl aus. „Sein Gesichtsausdruck! Die Augen haben gestrahlt, geleuchtet! Er hat heute ein gutes Spiel gemacht, der eine oder andere Wackler war noch dabei. Es freut mich unheimlich für ihn. Er hat sich das hart erarbeitet“, so der Schweizer Fußballlehrer.
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Das Einzige, mit dem Baumgartl nicht ganz einverstanden war, war seine Auswechslung nach 62 Minuten. „Ich hätte gerne noch länger gemacht. Die Kraft war da“, so der 26-Jährige, bei dem im Mai ein Tumor im Genitalbereich festgestellt worden war, der operativ entfernt werden musste und hinterher mit einer Chemotherapie weiter behandelt worden war.
In der Folge ging er sehr offensiv mit seiner Situation um, versteckte sich nicht, sondern ließ die Welt über die sozialen Medien teilhaben an seinem Genesungsprozess.
„Von dem Tag habe ich geträumt, als ich in der Chemo war. Das habe ich mir ausgemalt im schwersten Moment meines Lebens. Meine Eltern waren heute da, meine Ärzte. Ich möchte den Menschen da draußen , die auch so einen Kampf kämpfen, Hoffnung geben. Dass sie sehen, dass es möglich ist da drüber zu kommen. Dass man den Krebs besiegen kann und sein altes Leben zurück bekommen kann. Das möchte ich zeigen und beweisen“, sagte der Blondschopf.
Unions Baumgartl besteht Praxistest
Was nun alles hinter ihm liegt, was noch auf ihn zu kommt („Erst in fünf Jahren kann man sagen, dass ich die Krankheit vollständig überwunden habe“), waren die wohl bewegendsten Momente in seinem Leben. Ich glaube, ich brauche noch ein paar Tage, um zu realisieren, was heute passiert ist, so der gebürtige Böblinger. Das wird einigen so gehen. Auch wenn einige Fans auf der Waldseite das vorher offenbar geahnt oder gewusst haben.

Wie es jetzt weitergeht? „Ich bin noch nicht bei 100 Prozent. Aber das kann nur über die Spiele kommen“, so Baumgartl selber. Fischer selber hatte schon die kommenden Aufgaben im Blick. Er hatte Baumgartl einem Härtetest unterzogen. Training on the Job! Und weiß nun, dass er den Schwaben in seine Gesamtrotation in den kommenden Wochen nach der Länderspielpause mit all den englischen Wochen komplett einplanen kann.
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