Hat sein Lachen nach seiner schweren Erkrankung nicht verloren: Unions Timo Baumgartl.
Hat sein Lachen nach seiner schweren Erkrankung nicht verloren: Unions Timo Baumgartl. Imago/Matthias Koch

Er ist Verteidiger. Also von Haus aus ein Mann der Defensive. Doch Timo Baumgartl beherrscht auch das Gegenteil. Mit seiner kurz vor dem Saisonende festgestellten Hodenkrebserkrankung geht der Innenverteidiger des 1. FC Union sehr offensiv um! Beispiellos offensiv.

„Ich habe als Fußballer ja auch eine Art Vorbildfunktion. Ich glaube, es ist wichtig zu zeigen, dass so eine Krankheit auch junge Menschen trifft. Ich hatte die Chance, zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen. Bei mir wurde es dadurch in einem frühen Stadium entdeckt. Ich glaube halt, dass das gar nicht so auf dem Schirm ist bei vielen jungen Menschen. Das habe ich ja auch in meinem Freundeskreis festgestellt“, so Baumgartl zu den Gründen für seinen öffentlichen Umgang mit einer eigentlich sehr privaten Diagnose.

Baumgartl ist einer von drei spektakulären Fällen in der jüngsten Vergangenheit in der Bundesliga. Nach ihm wurden Tumore im Genitalbereich auch bei Herthas Marco Richter und Dortmunds Sébastien Haller festgestellt. Am glimpflichsten kam Richter davon, der sich nicht mal einer Chemotherapie unterziehen musste. Anders Haller, bei dem bis heute die Rückkehr nicht feststeht. Baumgartl hingegen hat alles so weit gut verkraftet, dass er seit einigen Tagen bereits wieder mit den Reha- und Fitnesstrainern der Eisernen individuell arbeitet.

1. FC Union: Baumgartl im steten Kontakt zu Richter und Haller

Baumgartl habe in den vergangenen Wochen stets Kontakt mit Marco Richter und Sébastien Haller gehabt. „Marco kenne ich schon lange, wir sind gut befreundet. Mit ihm habe ich viel geschrieben“, so Baumgartl und ergänzte: „Auch mit Sébastien, der nun das gleiche durchmacht wie ich, schreibe ich regelmäßig. Ich versuche, ihm Tipps zu geben, wie das bei mir war. Er fragt mich auch einige Sachen, und ich versuche, ihm einfach zu helfen.“

„Mir ist wichtig, dass jeder sieht, dass man sich nicht verstecken muss mit so einer Diagnose. Krebs ist in unsrer Gesellschaft ja sehr häufig. Manche Menschen haben mir geschrieben, dass sie sich schämen, darüber zu reden in der Situation“, meinte der 26-Jährige, der darauf hofft, dass das künftig umgekehrt gehandhabt werden wird. Daher auch seine zahlreichen Bilder in den sozialen Netzwerken. Bilder, auf denen man den Haarausfall sieht. Aber auch, dass Baumgartl nicht den Lebensmut verloren hat.

Durch seine Auftritte im Zusammenhang mit der Krankheit, will er anderen Menschen Hoffnung machen und Mut geben. „Manche können jetzt mit ein bisschen mehr Stolz umgehen mit den Narben von der OP oder mit den mentalen Problemen, die als Begleiterscheinung der Chemo auftreten“, so der gebürtige Schwabe weiter.

Baumgartl hat sich verändert durch den Krebs

Dass dieser Gang dennoch kein leichter für ihn war, wird schnell klar, wenn man ihm weiter zuhört. „Man lernt, Sachen einfach mehr zu schätzen. Man regt sich über kleiner Dinge nicht mehr so auf. Die Prioritäten verschieben sich bei einem“, so Baumgartl ruhig, aber nachdenklich.

„Krebs ist ein hartes Wort, wenn man die Diagnose das erste Mal bekommt. Das hat mit Sterblichkeit zu tun. Da hat man düstere Gedanken. Und es ist am Anfang sehr schwer, dass zu akzeptieren. Damit umzugehen, ist nicht so einfach. Ich habe es auch mit Humor getan, das passt am besten zu meinem Naturell, glaube ich“, gab die Leihgabe der PSV Eindhoven tiefe Blicke in sein Innenleben der letzten Wochen preis.

Timo Baumgartl ackert schon wieder auf dem grünen Rasen.
Timo Baumgartl ackert schon wieder auf dem grünen Rasen. Imago/Matthias Koch

Die ersten Schritte auf dem Platz waren ganz wichtig für ihn. „Das ist das, woran man denkt, wenn man in der Chemo ist. Oder im Krankenhaus. Das hat mir Kraft gegeben. Dass man sich das vorstellt, wieder auf dem grünen Rasen zu stehen. Bei den Jungs zu sein, die Gespräche. Das fehlt einem extrem“, so Baumgartl rückblickend.

Ob eine Rückkehr in der Hinrunde noch klappen könne, vermochte Baumgartl nicht zu sagen: „Das lasse ich jetzt mal offen. Aber ich bin ein ehrgeiziger Mensch.“ Gerade in Bezug auf Haller hofft Baumgartl, „dass wir in der Rückrunde gegeneinander spielen – und das wird dann ein sehr emotionaler Moment“.

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