Unions Manager Oliver Ruhnert über die Tabellenführung, eine eiserne Premieren-Phobie, den Fall Kruse und die sich abzeichnende Vertragsverlängerung mit Trainer Urs Fischer
Beim 1. FC Union bleibt man sehr gelassen, was die Zukunft des Schweizer Fußballlehrers in Köpenick angeht.

Der Aufmarsch im „Sportstudio“ begann mit einem Klassiker. „Berlin, Berlin“ von der legendären britischen Rockgruppe Fischer Z um Frontmann John Watts tönte aus den Boxen, als Unions Manager Oliver Ruhnert mit einem breiten Lächeln ins „Sportstudio“ reinmarschierte. Und natürlich wurde er gleich nach dem ganz Großen gefragt. Moderator Sven Voss ging gleich in die Vollen: Der 1. FC Union könnte ja – ein Sieg in Köln vorausgesetzt und dazu kein Freiburger Dreier – den sechsten Spieltag an der Spitze der Liga beenden.
Daran hatte der Manager des 1. FC Union keinen echten Gedanken verschwendet. Aber Tabellen lesen kann er nun auch. Also ist es ihm nicht verborgen geblieben. „In der Tat ist es richtig, dass die Tabellenkonstellation wieder so sein kann, dass man möglicherweise wieder einen neuen Tabellenführer hat. Alles gut, aber wir wissen, wo wir herkommen und wo wir letzten Endes die Spiele immer wieder bestreiten müssen, um erfolgreich zu sein“, so der 50-Jährige mit der ihm eigenen Vorliebe zu verschachtelten Sätzen.
Mit anderen Worten: Natürlich würde der 1. FC Union diese schöne Momentaufnahme gerne mitnehmen. Aber es wäre kein Beinbruch, wenn es nicht passiert. Tabellen interessieren Trainer Urs Fischer, wie er oft und gerne verkündet, eigentlich immer nur am Ende einer Spielzeit. Typisch Union. Gelebte Bodenständigkeit eben.
Der 1. FC Union tut sich schwer mit Premieren
Dass der Weg dabei nicht immer geradlinig – wenngleich offenbar stets bergauf – verläuft, ist eben auch so. Die Heimniederlage gegen St. Gilloise zum Auftakt der Europa League schmerzt da schon, ist aber kein Aufreger. Wie sagt der Volksmund doch so schön? Das erste Mal tut immer weh ... „Wir haben es nicht so mit Premieren, wir tun uns außergewöhnlich schwer. Das war in der Bundesliga so, das war hier jetzt gegen St. Gilloise so. Auch schon im letzten Jahr in der Conference League“, verwies Ruhnert auf die Niederlagen seinerzeit gegen RB (0:4) und bei Slavia Prag (1:3). Er hätte auch noch den ersten Ligakick der Eisernen in Fürth erwähnen können, der in der Vorsaison ja auch in die Hose ging.
Insofern ganz gut, dass das Gastspiel der Eisernen in Köln keine Premierenphobie auslösen kann, sondern mittlerweile zum Alltag geworden ist. Zum lieb gewonnenen Alltag übrigens, denn der 1. FC Union hat gegen die Geißböcke im Fußball-Oberhaus die nahezu makellose Bilanz von fünf Siegen und einem Remis in sechs Spielen.
Natürlich war an so einem Tag auch das Thema Max Kruse unausweichlich. Ruhnert würde den beim VfL Wolfsburg in Ungnade gefallenen Max Kruse auch heute noch als Verstärkung im Team der Berliner ansehen. Er sei ein Spieler, der auf dem Platz Lösungen finde, so Ruhnert im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF.
Union-Manager Ruhnert sieht in Kruse einen Unterschiedspieler
Der 34-jährige Offensivspieler Kruse war im Januar von Union für 5 Millionen Euro nach Wolfsburg gewechselt. Am Sonnabend hatte VfL-Trainer Niko Kovac verkündet, dass Kruse bei den Niedersachsen nicht mehr zum Einsatz kommen werde. „Er wird kein Spiel mehr machen“, erklärte Kovac und hatte dies mit dessen mangelnder Identifikation mit dem Klub begründet. Kruses Vertrag in Wolfsburg läuft noch bis 2023. Am Training darf er weiter teilnehmen.
Ruhnert hält den als eigenwillig geltenden Offensivspieler jedoch für integrierbar. „Ich glaube schon, dass man Max Kruse hinbekommen kann“, sagte der Manager. Man müsse aber wissen, dass Kruse ein Spieler sei, der seinen eigenen Charakter, seinen eigenen Kopf habe. Egal wie sehr Kruse als Mensch über jeden Zweifel erhaben scheint.
Selbstmurmelnd musste auch die Zukunft des Union-Trainers zur Sprache kommen. Manch einer der sogenannten Experten wähnt den längst als zu groß für Köpenick. Eine Sorge, die Ruhnert weniger umtreibt. Weil der Schweizer Fußballlehrer beim 1. FC Union etwas genießt, was in der aufgeregten Branche nicht Alltag ist: Vertrauen und Kontinuität.
Da Ruhnert mittlerweile im ZDF-„Sportstudio“ fast einen Zweitwohnsitz hat, konnte er diesen Themenkomplex unaufgeregt und routiniert ohne Gefahr eines Union typischen Premieren-Ausrutschers umdribbeln. „Scheint so, dass Kontinuität nicht der schlechteste Weg ist. Das hat sich bei den Vereinen, die auf Kontinuität setzen, auch bewahrheitet. Aber machen wir uns nichts vor, Profifußball ist auch Tagesgeschäft. Urs Fischer wäre der Letzte, der das wegdiskutieren würde. Wenn du zu viele Spiele verlierst, fängt jeder Verein an nachzudenken, ist die Geschichte vielleicht auserzählt?“, meint der 50-Jährige mit einem solchen Lächeln, als würde sich das Thema nicht wirklich stellen.
1. FC Union: Ruhnert bleibt gelassen beim Trainer-Thema
Wie also sieht es aus? „Ich mache mir da wenig Gedanken. Grundsätzlich läuft das bei uns so: Der Manager und der Trainer gehen zum Präsidenten und dann gibt es einen Handschlag. Irgendwann wird der Trainer zum Präsidenten gehen und es wird einen Handschlag geben. Von daher glaube ich, dass es da gar nicht viel zu erzählen gibt. Urs Fischer ist lange genug dabei, als dass er irgendwelche Entscheidungen treffen würde, die er einfach deshalb nur macht, um was Besonderes zu tun“, so Ruhnert.
Aha. So einfach und unkompliziert ist das also. Scheint so, als ob man sich Köpenick da keine grauen Haare wachsen lassen wird, die Unterzeichnung – so sie denn nicht schon erfolgt und nur noch nicht verkündet worden ist – so gut wie in trockenen Tüchern ist.
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