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Findet das zweite Bundesliga-Derby zwischen dem 1. FC Union und Hertha BSC statt oder nicht? Keiner weiß es bisher. Sicher ist nur eines: Torwart Rafal Gikiewicz (32) muss nicht im Innenraum gegen eiserne Rowdybrüder wie im ersten Spiel gegen Hertha vorgehen, weil das zweite Stadtduell im Olympiastadion – wenn überhaupt – ein Geisterspiel wird. Gikiewicz wird sich auch nicht mehr von den eigenen Fans verabschieden können.

 Der Pole geht zum Saisonende, weil er sich nicht mit dem Klub über einen neuen Vertrag einigen konnte. Doch der Abgang des Keepers, der vor zwei Jahren vom SC Freiburg kam und schnell zum Publikumsliebling wurde, ist nicht nur eine Geldfrage. Ein nicht sehr gut gehütetes Geheimnis ist auch: Das emotionale Alphatier war einigen im Klub zu laut. Er selbst ist sich seiner Rolle als Lautsprecher bewusst.

Im vergangenen Sommer formulierte er es so: „Viele deutsche Spieler wollen nicht so viel reden, von ihnen sind oft Phrasen zu hören. Es gibt aber Situationen, in denen eine Mannschaft etwas anderes braucht. Sie braucht wahrscheinlich nicht fünf Gikiewiczs, aber einen, der in einer schwierigen Phase vorangeht und Klartext spricht.“

Er war es auch, der vergangene Saison schon früh offensiv mit dem Thema Aufstieg in der Öffentlichkeit umging. Das passte nicht allen in der Boss-Etage der Eisernen. Auch jetzt nach der Verkündung seines Abgangs im Sommer geht der Keeper verbal in die Offensive. Auf Instagram wendet er sich an die Fans: „Ich habe immer gekämpft, egal ob ich mit Schmerzen gespielt habe oder ohne! Ich habe jede Minute mein Herz für euch, für den Verein gegeben. Nach zwei wunderschönen Jahren, mit viel Herz und vielen, vielen Emotionen muss ich leider tschüss sagen. Das ist hart, aber so ist das Leben eines Profi-Fußballers.“

An seinen weiteren Sätzen erkennt jeder, dass er eigentlich gerne geblieben wäre. Gikiewicz: „Ich bin sehr traurig, dass ich mich nicht von euch in meinem Wohnzimmer, unserer Försterei, verabschieden kann. Ich werde für immer einer von euch bleiben, ein Unioner!“ Die Worte von Unions Geschäftsführer Oliver Ruhnert klingen da eher sachlich und kühl: „Nachdem wir uns in mehreren Verhandlungsrunden wirtschaftlich nicht einigen konnten, haben wir entschieden, uns auf der Torwartposition neu zu orientieren.“ Union möchte einen jüngeren Keeper.

Und was passiert jetzt mit Gikiewicz? Er selbst sagt über seine Zukunft: „Ich werde dahin gehen, wo man mit Gikiewicz spielen möchte, wo man mir eine neue Chance geben will.“ Ein möglicher neuer Arbeitgeber ist Zweitligist Hamburger SV, der sich im Falle des Aufstiegs auf der Torhüterposition verstärken will. Doch noch ist der Pole da. Neun Spiele, wenn sie noch stattfinden. Die Fans werden ihm trotz ihrer Abwesenheit im Stadion weiter die Daumen drücken.