Unions Präsident Dirk Zingler spricht Klartext.
Unions Präsident Dirk Zingler spricht Klartext. Foto:Matthias Koch

Dirk Zingler spricht selten in der Öffentlichkeit. Er ist einer der wenigen Fußball-Bosse, die sich medial bewusst zurücknehmen. An diesem Freitag stellte sich der 56-Jährige in der Eisern Lounge der Alten Försterei einer Presserunde, weil er jüngst bis 2025 in seinem Amt bestätigt worden war. Lesen Sie mal, was Unions Präsident zu sagen hat. Zum Trainer-Karussell in der Liga, zum Europacup oder der Abkehr vom eisernen Dogma, keine Spieler mit RB-Historie zu verpflichten. Dirk Zingler über ...

.. die bisherige Saison und den möglichen Europacup: Für diese Saison sind es noch drei Spiele, die hoffentlich noch viel Spaß machen werden. Und genau das haben wir den Jungs auch gesagt, sie können die Saison krönen. Schauen wir mal, was dabei rauskommt. Wir haben nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen. Die Conference League wäre sensationell, die Krönung. Wenn man das schafft, wäre es eine  riesengroße Kirsche auf einer ganz fetten Sahnetorte, die wir ohnehin schon essen.

...ob er jetzt Fan von Leipzig und Dortmund im DFB-Pokal ist, damit Rang 7 in der Liga langt: Fan? Nee, mein Fansein ist geschützt auf einen einzigen Klub.  Und nur wir entscheiden, ob wir international spielen, kein anderer.

 ... künftige Ziele: Wenn wir auf die nächsten Spielzeiten schauen, muss man auf dem Teppich bleiben. Wir wissen aus Erfahrungen in der 2. Liga: Nachhaltige Entwicklung gehen nicht über zwei Jahre. Wenn man zu viel und zu schnell will, kann es sein, dass man hart auf dem Boden landet. Unser Ziel bleibt, dass wir uns in der Bundesliga etablieren. Das erreicht man nicht, wenn man mal zwei Jahre irgendwo dabei ist. Wenn wir irgendwann einmal nicht als einer der ersten Abstiegskandidaten genannt werden, das wäre schön.

Zingler gegen Trainer-Ausstiegsklauseln

 ... die Angst vor dem Trainerkarussell in der Bundesliga: Erst einmal sind wir im Klub total stolz, dass wir einen der besten Trainer in Deutschland beschäftigen. Urs Fischer ist einer der besten Trainer in Deutschland, meiner Auffassung nach sogar über Deutschland hinaus. Er hat mal gesagt, dass man vielleicht auch glücklich ist, wenn man mit dem zufrieden ist, was man hat.  Auf der anderen Seite würde ich ihn niemals zu etwas zwingen. Das würde mein Respekt ihm gegenüber gar nicht möglich machen. Wenn ein Mensch wie er zu einer Entscheidung kommt, die ihn hier wegführen wollte, dann weiß ich, dass diese Entscheidung begründet und klug ist, weil er ein kluger Mensch ist. Aber ich gehe felsenfest davon aus, dass Urs Fischer und ich eine tolle nächste Saison hier in der Alten Försterei haben werden.

... den Nagelmann-Transfer zum FC Bayern: Mich ärgern eigene Fehler. Da ist ein Trainer, der mit viel Geld aus einem Vertrag rausgelöst wird, weil sie es können. Und natürlich fragt man sich: Werden jetzt Trainer so wie Spieler gehandelt? Das ist sicher problematisch und ich finde das nicht gut. Ein Trainer ist eine Führungspersönlichkeit, da muss man mit ihm planen können. Bei Spielern, die gehen könnten, sind das ein oder zwei aus 30. Ein Trainer ist ein Schlag ins Kontor. Aber es gibt ein Recht auf freie Vertragsgestaltung. Wenn also Klauseln da sind, dann ist das vollkommen legitim.

... die eisernen Baupläne: Ich hoffe, dass das Stadion bis zum Ende meiner nächsten Amtszeit 2025 steht. Aber das hat weniger mit uns zu tun. Die kommenden vier Jahre werden das infrastrukturelle Bauen zum Schwerpunkt haben. Stadion, Trainingszentrum, Fan- und Klubhaus hier auf dem Paktplatz. Vor drei Jahren haben wir den Antrag auf Eröffnung eines B-Plan-Verfahrens gestellt. Hoffen wir, dass das mal zum Ende kommt. 

EISERN Magazin Nr. 3

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Für Edition Nr. 3 konnten wir Christoph Biermann als Autor gewinnen. Der renommierte Journalist gibt Antwort auf die Frage: Wer sind die eigentlich, diese Unioner? Wir haben mit Kapitän Christopher Trimmel gesprochen, der Einblicke in sein Privatleben gibt. Und wir statteten Professor Bernd Wolfarth und seinem Kollegen Clemens Gwinner in der Charité einen Besuch ab. Die beiden beraten Union bei der medizinischen Versorgung der Profis, koordinieren zudem die Corona-Testungen im Verein.

 ... mögliche Auswirkungen der Berliner Wahlen:  Das ist egal. Es ist ja ein verwaltungsrechtliches Verfahren, kein politisches Verfahren. Alles dreht sich um das Verkehrskonzept. Derzeit gibt es ein eigenes Bauverfahren für die Straßenbahnwendeschleife. Es bleibt dabei, dass wir im Sommer 2022 Baurecht haben wollen.

... die Abkehr vom eisernen Dogma, keine Spieler mit RB-Vergangenheit zu holen: Man merkt ja, dass wir keine wirklichen Probleme haben. Ein Tick weit ist diese Diskussion auch dekadent. Es gab viele Phasen, da ging es um Existenz des Klubs. Diese Diskussionen kann man sich nur leisten, wenn es einem Klub gutgeht. Wir wissen, dass es im Verein und darum herum Menschen gibt, die das nicht gut finden. Wir unterstützen die auch, weil wir dieses Konstrukt kritisch betrachten. Aber bei Transfers wird alles in einem ganz normalen Rahmen gemacht, ob Rani (Khedira/die Red.) nun von RB kommt oder nicht, spielt da keine so große Rolle. Im Verein müssen wir etwas anders diskutieren als außen.

Schuldenfreiheit ist nicht Unions Ziel

... die Kölmel-Schulden: Wir haben mit Dr. Kölmel auch außerhalb der Öffentlichkeit permanent unsere Vertragsverhältnisse angepasst, haben immer nach unserer Kraft gehandelt. Das belastet uns gar nicht mehr. Es ist alles sehr freundschaftlich und gut geregelt.

... den Schuldenabbau: Es ist nicht mein Ziel, schuldenfrei zu sein. Die schuldenfreien Vereine sind vermögensfrei. Schulden sind nicht für mich bedrohlich. Das Leben besteht aus Bilanzen. Es besteht aus einer Vermögenseite und einer Schuldenseite. Das Vermögen muss dabei immer größer sein als die Schulden. Sonst gäbe es keine Banken oder Kredite. Für einige ist es mental wichtig, schuldenfrei zu sein. Ich baue lieber Häuser, wenn das Haus dann hinterher mehr wert ist. Grundsätzlich kann ich immer dann investieren, wenn ich erfolgreich bin. Überschüsse erwirtschafte ich nur, wenn ich einen Gegenstand dazu habe. Es ist also unternehmerisch nicht sinnvoll, schuldenfrei zu sein.