Der mit dem Ball tanzt: Sven Michel ist unzufrieden, dass er beim 1. FC Union oft nur die zweite Geige spielen darf.
Der mit dem Ball tanzt: Sven Michel ist unzufrieden, dass er beim 1. FC Union oft nur die zweite Geige spielen darf. dpa/ Swen Pförtner

Sven Michel, nach Minuten pro Tor gerechnet der treffsicherste Angreifer beim 1. FC Union, ist ein höflicher Mensch. Erst einmal entschuldigte er sich am Mittwoch bei den auf ihn wartenden Journalisten, dass er mit rund 75-minütiger Verspätung zur vereinbarten Gesprächsrunde erschien. „Ich hatte im Training heute Morgen einen Schlag bekommen und musste erst einmal behandelt werden“, so Michel.

So etwas dauert. Eine Dreiviertelstunde bei den Physios, anschließend noch mal 20 bis 30 Minuten Massage. Eine Entwarnung für Sonnabend und damit für das Stuttgartspiel konnte er dennoch gleich mitliefern. Alles im grünen Bereich.

Was nicht zwingend auf seine persönliche Gefühlswelt zutrifft. Denn seine stete Joker-Rolle ist nicht so ganz nach seinem Geschmack „Wenn ich jetzt sage: Ja, ich bin zufrieden, würde ich lügen. Absolut nicht. Ich will mehr Fußball spielen und werde auch alles daran setzen, dass es klappt“, erklärte der 32-Jährige mit Nachdruck.

Sven Michel würde den 1. FC Union auch gegen einen Zweitligisten eintauschen

Und das sprach er deutlich aus, muss über den Sommer hinaus nicht zwingend in Köpenick stattfinden. Ob das hier ist oder woanders, das ist dann Zukunftsmusik, so Michel deutlich. Selbst einen Gang  zurück in die 2. Liga schließt er nicht von vorneherein aus. „Natürlich möchte ich weiter so hochklassig wie möglich spielen. Aber die 2. Liga hat ein Riesenniveau, die ist nicht weit weg von der Bundesliga. Ich will einfach mehr Nettospielzeit“, stellte Michel seine Prioritäten klar.

Gerüchte, dass er sich bereits mit dem 1. FC Köln handelseinig sei, wollte Michel nicht bestätigen. Sicher habe es Gespräche mit Steffen Baumgart gegeben. Aber da sei es mehr um ihn persönlich gegangen, weniger um einen Wechselwunsch. Es ist ein Charakterzug von Baumgart, dass er immer noch im Kontakt mit seinen ehemaligen Spielern steht. Aus den Augen, aus dem Sinn gibt es nicht bei Baume. „Mal telefonieren wir ein, zwei Mal in der Woche, dann auch mal ein paar Monate nicht. Aber es gibt keine Funkstille“, so Michel. „Wir hatten ja auch eine erfolgreiche Zeit zusammen“, so Michel. Unter dem einstigen Fanliebling des 1. FC Union gelang ihm mit den Ostwestfalen erstmals der Sprung in die Bundesliga. Mit den Eisernen ist es sein zweiter Anlauf.

Wenn Michel beim 1. FC Union nicht mehr Minuten bekommt, könnte ein Wechsel im Sommer anstehen

Michel, der im Januar 2022 für rund 2 Millionen Euro von Zweitligist SC Paderborn zum 1. FC Union wechselte, stand bei den Eisernen in dieser Spielzeit erst in fünf Pflichtspielen in der Startelf. Oft kam er als Einwechselspieler hinein. In der Europa League erzielte Michel zwei wichtige Tore für die Köpenicker, in der Liga immerhin drei. Alle 134 Minuten netzt er im Schnitt ein. Kevin Behrens braucht 189 Minuten pro Tor.

Mit seinem Tor bei Saint-Gilloise sorgte Sven Michel dafür, dass der 1. FC Union in Europa überwintern konnte.
Mit seinem Tor bei Saint-Gilloise sorgte Sven Michel dafür, dass der 1. FC Union in Europa überwintern konnte. dpa/Belga/Bruno Fahy

Und das ist der Punkt. Dem 32-Jährigen geht es um Minuten. Mehr Minuten auf dem Feld! Doch der ehemalige  Cottbuser ist hinter Sheraldo Becker, Jordan Siebatcheu und Kevin Behrens oft nur die vierte Option im Angriff, sieht sich aber mit allen dreien kompatibel. „Ich kann als Zielspieler fungieren, was gegen Wolfsburg auch ganz gut funktioniert hat“, sagte er. „Ich kann aber auch genauso den Part von Sheraldo übernehmen, dass Kevin und Jordy der Zielspieler sind und ich die tiefen Läufe mache.“

Ach ja, schöne Gedankenspiele. Die anderen sind eher weniger erfreulich. Hamburg hat seinen Michel als Wahrzeichen, Astrid Lindgren ihren Michel aus Lönneberga. Wie lang hat der 1. FC Union noch seinen treffsicheren Joker namens Michel? Schon im Sommer könnte es wie bei Nina Hagen lauten: Michel, mein Michel, ach es tut so weh!

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