Schau mal, 1. FC Union: Von Perücken, Resterampen und TV-Moderatoren in Unterhosen – die größten Anekdoten der größten Meisterschaftswunder
Es gab sie, diese Fußballmärchen. Und es wird sie immer geben. Warum sollte nicht die Köpenicker mal ein solches Kapitel der Fußball-Historie schreiben …

Niko Kovac brachte es auf den Punkt und lieferte Urs Fischer quasi eine Steilvorlage. „Nach sieben Spieltagen ist noch nie jemand abgestiegen“, betonte der Trainer des VfL Wolfsburg am vergangenen Wochenende nach der 0:2-Pleite seiner Wölfe beim 1. FC Union. Unions Trainer nickte anerkennend. Und auch wenn er den Satz nicht aufgriff, hätte er bei ihm ähnlich gelautet: Nach sieben Spieltagen ist noch nie einer Meister geworden.
Und doch fallen im Zusammenhang mit den Eisernen zuletzt Vokabeln wie Kaiserslautern und Leicester. Zwei Fußballmärchen, von denen man glaubte, dass sie nie hätten stattfinden können. Schauen wir doch mal auf einige der größten Fußballwunder der Geschichte und ob sie als Vorbild für den 1. FC Union dienen können.
Spielzeit 1997/98: 1. FC Kaiserslautern

Das Spieljahr der legendären Giovanni-Trapattoni-Wutrede („Schwach wie eine Flasche leer!“). Die Roten Teufel, 1996 noch als Pokalsieger abgestiegen, starten als Aufsteiger mit einem 1:0 bei Traps Bayern in München, übernehmen dann mit einem 1:0 gegen Hertha BSC die Spitze und geben diese nach dem vierten Spieltag nicht mehr her. Zum Meistermacher wurde Otto Rehhagel, der in der Spielzeit 1995/96 noch in München gefeuert wurde. Rehhagels Rache schmeckte umso süßer. Die Roten Teufel um Olaf Marschall, Michael Ballack & Co. sammelten fleißig Punkte und lagen stets zwei, drei oder vier Zähler vor den Bayern.
Spielzeit 1977/78: Nottingham Forest

Gleiches Kunststück, andere Liga. Nottingham Forest um Tony Woodcock gewann als krasser Außenseiter 1977/78 die First Division. Um diesen Erfolg unter Kulttrainer Brian Clough ranken sich zahlreiche Anekdoten. Die Spieler sollen im Vorbereitungstrainingslager auf Mallorca versucht haben, sich die Abstiegsangst wegzusaufen. „Wir haben uns ernsthaft gefragt, ob wir in der Lage sind, überhaupt ein Jahr in der ersten Liga zu überstehen“, so Forest-Mittelfeldspieler Martin O’Neill Jahre später.
Clough schickt seinen Co-Trainer Peter Taylor mit Schlapphut und Brille verkleidet auf eine Hunde-Rennbahn, um mit Birminghams Stürmer Kenny Burns zu verhandeln. In der Halbzeitpause bei einem Kick gegen Titelfavorit FC Everton (3:1) tauchte unvermutet Liverpools früherer Kulttrainer Bill Shankly auf. „Spielt nicht nur in der ersten Liga“, brüllt Shankly die verdutzten Spieler an, „geht raus und holt euch den Titel.“
Die spätere Torwartlegende Peter Shilton wurde zum Rückhalt der Tricky Trees, die mit 24 Gegentreffern die stärkste Defensive stellten.
Spielzeit 2015/16: Leicester City

Gleiches Land, andere Liga. Leicester City marschierte in der Premier League von Platz 14 der Vorsaison zum englischen Meistertitel. Der später bei einem tragischen Helikopter-Unglück ums Leben gekommene thailändische Klubchef Vichai Srivaddhanaprabha spendiert seinen Profis für 8,3 Millionen Euro eine Reise ins Spielerparadies Las Vegas, dazu gibt es für die Meister-Helden blaue Luxus-Sportwagen der Marke BMW im Wert von 2,5 Mio. Euro. Mit Kampfgeist und mannschaftlicher Geschlossenheit distanzierte Leicester am Ende Arsenal um zehn Punkte. Prunkstück der Foxes ist auch hier die Abwehr um Torwart Kasper Schmeichel und Abwehrecke Robert Huth, einst im Union-Nachwuchs ausgebildet. Am Ende musste TV-Experte Gary Lineker seine live im TV angebotene Wette einlösen und bei BBC tatsächlich in der Unterhose moderieren …
Spielzeit 1963/64: Chemie Leipzig

Sie wurden als der Rest von Leipzig verhöhnt. 1963 fusionierten Lok und Rotation, die besten Kicker beider Teams wurden zum neuen SC Leipzig delegiert. Alle anderen, die dieser Qualitätssteigerung zum Opfer fielen, wurden nach Leutzsch zur BSG Chemie abgeschoben. Der Außenseiter kaufte unter der Regie von Trainer Alfred Kunze den Ligarivalen mit Zweikampfhärte und großem körperlichen Einsatz den Schneid ab und verwies Vizemeister Empor Rostock und den Lokalrivalen SC Leipzig auf die Plätze.
2004 Griechenland

Wieder einmal Otto Rehhagel, an der Peleponnes seither als Rehhakles I. verehrt. Mit den Griechen feierte der Altmeister bei der EM 2004 in Portugal einen unglaublichen Triumph. Es war die Rückkehr eines archaischen Fußballstils. Was Rehhagel nicht kümmerte. „Modern ist, was gewinnt“, so sein Credo. Die iberische Halbinsel erlebte die Wiedergeburt des Ausputzers. Traianos Dellas ging gefühlt im ganzen Turnier nur einmal über die Mittellinie. Das war im Halbfinale gegen Tschechien, als sein Kopfball den Finaleinzug bedeutete.
Gleich im Eröffnungsspiel in Porto entzauberten die Hellenen die Gastgeber um Luis Figo, Rui Costa und den jungen Cristiano Ronaldo mit einem 2:1. Im Endspiel traf man sich wieder. Und abermals zogen die Portugiesen den Kürzeren. Bremen-Stürmer Angelos Charisteas bescherte beim 1:0 den Griechen den Fußball-Himmel und ganz Portugal den Fado.
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