Vorm Frankreich-Spiel

Ohne Unions Kevin Behrens hat Rudi Völler jetzt ein dickes Problem

Ex-Bundestrainer Hansi Flick fehlte der Mumm, den derzeit besten deutschen Stürmer zu nominieren. Sein Erst-mal-Nachfolger hätte den Kopfball-Spezi gut gebrauchen können.

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Rudi Völler guckt grimmig. Als DFB-Teamchef hätte er Unions Kevin Behrens gegen Frankreich gut gebrauchen können.
Rudi Völler guckt grimmig. Als DFB-Teamchef hätte er Unions Kevin Behrens gegen Frankreich gut gebrauchen können.Pressefoto Baumann/imago

Rudi Völler (63) macht’s! Der DFB-Sportchef springt nach 19 Jahren noch mal als Teamchef ein. Anders als 2000 aber nicht für vier Jahre, diesmal soll es „einmalig“ sein. Beim Test am Dienstag in Dortmund gegen Vizeweltmeister Frankreich (21 Uhr, ARD) übernimmt Völler gemeinsam mit U20-Coach Hannes Wolf (42) und Ex-Bayern- und Ex-Hertha-Stürmer Sandro Wagner (35). Nach dem Spiel will sich der DFB dann verschärft auf die Suche nach einem Nachfolger für den gefeuerten Hansi Flick (58) machen, den Neuen „möglichst zeitnah“ präsentieren.

Kurze Rückblende. Nach der Gurken-EM 2000 – Deutschland flog als Titelverteidiger in der Vorrunde als Gruppenletzter raus – übernahm Völler von Erich Ribbeck (jetzt 86). Als Teamchef und Platzhalter für Christoph Daum (69), der noch Vertrag in Leverkusen hatte. Dann stolperte Daum über die Kokain-Affäre.

Legendär: Rudi Völlers Wutausbruch bei Weißbier-Waldi

Völler blieb länger als geplant, führte 2002 eine eher limitierte DFB-Auswahl sensationell zum Vizeweltmeister-Titel. Doch zaubern konnte auch der Ex-Nationalstürmer (90 Spiele, 47 Tore) nicht. Es ging zurück aufs damals reale Leistungsniveau inklusive eines 0:0 im Jahr 2003 auf Island.

Nach dem 0:0 auf Island 2003 ging es im Interview hinterher mit Rudi Völler und ARD-Mann Waldemar Hartmann (l.) hoch her.
Nach dem 0:0 auf Island 2003 ging es im Interview hinterher mit Rudi Völler und ARD-Mann Waldemar Hartmann (l.) hoch her.Team 2/imago

Legendär: Rudis Wutausbruch im anschließenden „Tiefpunkt“-Interview in der ARD mit „Weißbier-Waldi“ Hartmann (75). Nach dem EM-Vorrunden-Aus 2004 warf Völler noch in der Nacht nach dem 1:2 gegen Tschechien in Lissabon hin. Der Weltmeister von 1990 hielt sich nicht mehr für den richtigen Trainer, um die Nationalmannschaft zur Heim-WM 2006 zu führen ...

Rudi Völler setzt auf klare Kante

Nun blieb Völler nur das Abschlusstraining in Dortmund, um die Mannschaft nach dem 1:4 gegen Japan aufzurichten. Gleich nach dem Desaster von Wolfsburg und dem fünften Spiel in Folge ohne Sieg machte Rudi eine klare Ansage. Offiziell noch gar nicht im Amt, aber wohl schon wissend, was in den Stunden danach folgen sollte: „Wir haben jetzt ein Spiel gegen die im Moment beste Mannschaft in Europa. Das wird natürlich schwierig. Aber keiner darf die Hosen voll haben.“

Schon gar nicht der verantwortliche Coach. Alles deutet darauf hin, dass Völler auf allen taktischen Hochglanz-Schnickschack, den Flick gegen Japan vorgab, verzichtet. Sein Ansatz: klare Aufgabenverteilung, einfaches Spiel. Und im Gegensatz zu Flick stellt er nach aktueller Form auf.

Unions Robin Gosens diesmal von Beginn an dabei

Heißt: Niklas Süle (28), Nico Schlotterbeck (23), Emre Can (29), die mit Dortmund bisher nur durch die Liga rumpeln, sind raus. Wie auch Serge Gnabry (28) und Kai Havertz (24), die gegen Japan in der Truppe der Enttäuscher noch mal extranegativ hervorstachen.

Völler setzt in der Abwehr auf eine klare Viererkette. Rechts darf Leipzigs Benjamin Henrichs (26) ran, der sich seit Wochen überragend präsentiert. Links – trotz seines Bocks vor Japans drittem Tor – Robin Gosens (29), der bei Union bärenstark in die Saison gestartet ist und gegen Japan erst nach 64 Minuten kam, als das Spiel schon komplett vergurkt war.

Joshua Kimmich (28) rückt wieder vor ins Mittelfeld neben Kapitän Ilkay Gündogan (32). Die Flügel besetzen Leroy Sané (27), der einzige Lichtblick gegen Japan neben Torwart Marc-André ter Stegen (31), und Julian Brandt (27), der als einziger Dortmunder bisher Top-Form hat.

Was ist, wenn es mit Rudi Völler plötzlich läuft?

In der Mitte darf sich erneut Mega-Talent Florian Wirtz (20) versuchen, als Spitze soll es mangels Alternative Thomas Müller (33) richten. Denn Hansi Flick fehlte der Mumm, nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Niklas Füllkrug (30) mit Unions Kevin Behrens (32) den derzeit besten deutschen Stürmer (vier Kopfball-Tore in der Liga) nachzunominieren. Wenigstens hat Völler mit Müller aber einen echten Leader auf dem Platz, den man gegen Japan vergeblich suchte.

PS und damit zurück auf Anfang: 2000 war Völler Platzhalter für Daum. Jetzt ist er wieder Platzhalter und die Suche nach Mister X ist alles andere als einfach. Was ist eigentlich, wenn die DFB-Elf am Dienstag endlich mal so auftritt, wie Deutschland sie sehen will? Dann heißt es: Siehste, Rudi, du kannst das doch. Und eine Garantie, dass es ein anderer besser macht, gibt es ja auch nicht ...