Der letzte Rausch : Nach Düsseldorf ist bei Union nichts mehr, wie es mal war
Mit dem Ende der Saison wird sich für die Eisernen Grundsätzliches ändern. Vor allen Dingen, dass sie nicht mehr als Außenseiter wahrgenommen werden.

Eigentlich wollte ihn ja niemand, diesen Hype rund um die Eisernen. Als der 1. FC Union im vergangenen Jahr am Aufstieg kratzte, wurden im Fernsehen sogar Miesmacher gezeigt, die hemmungslos behaupteten: „Mir wäre lieber, wenn Union nicht aufsteigt.“ Weil sie Angst hatten, dass der Verein in der Bundesliga seine Werte verkauft.
Doch sogar sie ertranken im Rausch der Aufstiegssaison, den Emotionen der tagelang andauernden Party in Köpenick und schließlich verwundertem Augenwischen, als die Eisernen in der Bundesliga Teams wie Borussia Dortmund oder Borussia Mönchengladbach zum Frühstück vernaschten. Doch dieser Rausch hat am Sonnabend ein Ende. Mit dem finalen Saisonspiel der überlangen ersten Bundesliga-Saison der Köpenicker beginnt eine neue Zeit für Union.
„Ich glaube, man hat schon in der Rückrunde gesehen, dass die anderen Mannschaften uns ein stückweit entschlüsselt haben“, erklärte Mittelfeldspieler Robert Andrich unter der Woche und bekräftigte: „Diese zweite Saison wird ganz anders, viel schwerer.“
Erst war Union der Aufstiegskandidat, dann der Aufsteiger. Mit Schlusspfiff am Sonnabend sind die Eisernen plötzlich jedoch ein Bundesligist, ein Team unter 13, wenn man die mindestens zwei neuen Aufsteiger sowie Rekordmeister Bayern München, Borussia Dortmund und RB Leipzig herausnimmt, die sowieso in eigenen Sphären schweben.
Nicht, dass sich die Eisernen mit ihrem Trainer Urs Fischer nicht auch dieser Herausforderung stellen werden. Den Schweizer wird diese neue Aufgabe wahrscheinlich sogar besonders reizen. Fraglich ist jedoch, wer sich ihm anschließt. Die Abgänge von Stammtorwart Rafal Gikiewicz und Publikumsliebling Sebastian Polter stehen bereits fest, Sportchef Oliver Ruhnert ließ am Donnerstag in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Düsseldorf über Vereinssprecher Christian Arbeit verkünden, dass weitere Abgänge am Sonnabend verabschiedet werden.
Und auch Kicker mit gültigen Verträgen dürften im furiosen ersten Jahr der Eisernen Begehrlichkeiten geweckt haben. Die Zukunft von Sebastian Andersson, der schon vor Monaten erklärt hatte, dass seine Vertragsverlängerung bis 2022 kein Treuebekenntnis, sondern viel mehr eine persönliche Absicherung war, ist so unsicher wie eh und je. Es ist kaum zu glauben, dass bei Senkrechtstartern wie Marius Bülter oder Robert Andrich kein größerer Klub wenigstens mal nachfragen wird. Andrich betonte dazu bereits: „Ich würde gerne noch mal in England spielen.“
Besonders spannend wird es aber für die Fans. Sie werden erleben, wie ihr Verein seinen festen Platz in der Beletage des deutschen Fußballs sucht und im Idealfall auch findet. Ihre Werte werden die Eisernen auch dann nicht verkaufen, so viel steht fest. Aber gut möglich, dass der eine oder andere Aufstiegsnörgler den Rausch sogar ein bisschen vermissen wird.