1. FC Union nach Ajax-Sieg: Wird der FC Bayern das nächste Opfer des eisernen Siegrausches?
Die Mentalitätsmonster aus Köpenick haben wieder einmal gegen ein Champions-League-Team gewonnen und schöpfen daraus Zuversicht für das Gipfeltreffen gegen den FC Bayern.

Es sind manchmal die kleinen Gesten, die viel darüber aussagen, was mit einer Truppe los ist. Beim 1. FC Union spielte sich diese am Donnerstagabend beim 3:1 gegen Ajax Amsterdam in der vierten Minute der Nachspielzeit ab. Da wechselte Trainer Urs Fischer seinen Kapitän Christopher Trimmel ein. Um Zeit von der Uhr zu nehmen, logo. Und was macht Rani Khedira, der die Eisernen ja bis dahin als Kapitän und Turm in der Schlacht gegen den niederländischen Rekordmeister auf dem Feld geführt hatte? Er eilte zur Seitenlinie und gab die Binde sofort an Trimbo weiter. Jeder andere hätte sich in diesen finalen Sekunden des Kicks darüber keine Gedanken gemacht.
Es ist ein beredtes Beispiel dafür, dass beim 1. FC Union ein sensationelles Betriebsklima herrscht, mit dem in schönster Regelmäßigkeit stärkere Gegner niedergerungen werden. Mentalität schlägt Klasse, wie Amsterdam leidvoll erfahren musste. Ajax, ein schillernder Name des kontinentalen Fußballs, musste sich in die Liste der mittlerweile vielen Gegner einreihen, die die besondere Magie der Köpenicker Fußball-Kultstätte ziemlich unliebsam und schonungslos zu spüren bekamen.
„Wir spielen als Team zusammen. Nicht ein Einzelner für sich. Das zeichnet diese Truppe aus. Hier geben immer alle 120 Prozent auf dem Feld“, jubelte auch Josip Juranovic, der sich gegen die Niederländer die Note eins mit Stern verdient hatte. Dazu diese Fans. „Die sind unglaublich“, meinte der kroatische WM-Star, der in seinem Leben schon einiges erlebt hat und sich dieser Tage einfach freut, ein Teil dieser unglaublichen eisernen Reise sein zu können.
Wieder einmal bewies der 1. FC Union viel Herz
„Was man hier erlebt, ist unglaublich. Wir haben unser Herz auf den Platz gebracht und hier verdient gewonnen“, pflichtete ihm Khedira bei. Der war gefühlt überall auf dem Feld zu finden, lenkte, organisierte, pushte seine Kollegen. „Er ist einer von drei Kapitänen, das sind meine verlängerten Arme. Trimmi hat ja nicht begonnen, also lag es an Rani, wenn es um die Organisation geht, wenn es darum geht, die Jungs zu steuern, muss er der Verantwortung gerecht werden“, freute sich Trainer Urs Fischer nach einem außergewöhnlichen Abend.
Fischer kam dann auch nicht umhin, seiner Truppe ein hohes Lob auszustellen. „Was die Mannschaft geleistet hat, ist einfach unbeschreiblich. Diese Bereitschaft, die sie an den Tag gelegt hat. Wie sie es geschafft hat, zu leiden und doch mutig zu bleiben. Sie war unermüdlich und sehr diszipliniert“, freute sich der 57-Jährige.
Kein Zweifel möglich. Der 1. FC Union ist dieser Tage ein Fall fürs BtM (Betäubungsmittelgesetz). Einfach nur berauschend. Und süchtig machend. Eigentlich hochgradig verschreibungspflichtig. Wer einmal davon gekostet hat, will immer mehr. Koste es, was es wolle.
Der 1. FC Union freut sich nun auf die Nagelsmann-Probe
Es war ja ein Abend wie gemalt für die Köpenicker. Ein Abend, der den Ballbesitz-Apologeten à la Pep Guardiola einen heillosen Schrecken einjagen muss. Nur 27 Prozent waren da für den 1. FC Union notiert. Doch Ajax nützte das nichts!

Es war ein Fußballfest, bei dem schon die Ouvertüre so stimmungsvoll war wie in anderen Stadien nicht mal die spannendsten 90 Minuten. Die zweigeteilte Choreo kurz vor dem Anpfiff, die zunächst einen schlafenden, an einem Tisch zusammengesunkenen und träumenden Hauptmann von Köpenick zeigte, der beim Aufwachen feststellt, dass die Pokale und Trophäen greifbare Realität geworden sind und nicht nur nächtliche Hirngespinste, war vom Feinsten.
Die Fans der Eisernen haben noch lange nicht genug. Und sind schon voller Vorfreude auf den Spitzenkick am Sonntag in München (17.30 Uhr/Dazn). „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“, schallte es vielstimmig durch das Stadion An der Alten Försterei. Die Nagelsmann-Probe soll nun steigen. „Der Sieg gegen Ajax hat uns Selbstvertrauen gegeben, dass wir mit den guten Teams mithalten können. Das wollen wir am Sonntag wieder zeigen“, sagte Danilho Doekhi, der mit seinem Kopfball zum 3:1 (50.) dem Kick die endgültige Richtung gegeben hatte.
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