Union-Kolumne
Mit echt Berliner Schnauze über den eisernen Höhenflug: Da kiekste, wa?
Die Jungs aus der Alten Försterei sind der Hammer, trotzdem haben Rang 5 und zwölf Punkte ihre Tücken.

Ob es bei Günther Jauch zur 500.000- oder auch nur zur 8000-Euro-Frage reicht, sei mal dahingestellt, das ist auch nicht wichtig. Allein die Aussicht, dass bei der richtigen Antwort der 1. FC Union Berlin eine Rolle spielt und nicht etwa Borussia Dortmund und schon gar nicht Schalke, ist ziemlich verlockend. Dabei denkt der Fragesteller nicht einmal ansatzweise um die Ecke. Also: Welche dieser vier Mannschaften ist in der Fußball-Bundesliga aktuell länger ungeschlagen als Bayern München? Ist es a. Eintracht Frankfurt, b. Borussia Mönchengladbach, c. der 1. FC Union oder d. RB Leipzig?
Natürlich ist das nicht in Stein gemeißelt und wird sich eher früher als später ändern, doch den Moment sollte man durchaus genießen. Denn richtig ist, claro, Antwort c. Sie ist es nicht, weil die Köpenicker im für viele schönsten Stadion antreten oder mit der Nina-Hagen-Hymne den wunderbarsten eigenen Hit schmettern, sondern weil sie zwar mit einer Heimniederlage in die Saison gestartet sind, danach aber zu den überaus positiven Überraschungen der ersten Meisterschaftsphase zählen und bislang jedem Gegner das große Staunen gelehrt haben.
Die Eisernen also, die auch in ihrem zweiten Spieljahr in der Bundesliga allein um den Klassenerhalt spielen. Ja, spielen, nicht mehr allein nur kämpfen, obwohl sie das fast noch besser können. Sechs Spiele schon sind sie ohne Niederlage, drei Siege und drei Unentschieden hat es gegeben, zwölf Punkte sind das, Rang 5, sensationell. Mit echt Berliner Schnauze würde mancher sagen: Da kiekste, wa?
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„Was heißt das nach einem guten Fünftel der Saison? Nichts.“
Ob Köpenicker oder nicht, klar ist: Die Jungs aus der Alten Försterei sind der Hammer! Zumal auch alles andere stimmt. Die 16 Treffer, die von zehn (!) Spielern erzielt worden sind, sind in der Torausbeute Rang 2, und nur die Bayern sind derzeit torgeiler, wobei sie allerdings gefühlt in einer anderen Liga stürmen. Nur sind sie ja nicht der Anspruch, an dem sich jemand wie der Außenseiter aus der Wuhlheide messen sollte und könnte. Auch bei der Anzahl der Gegentore, sieben haben die Rot-Weißen kassiert, nach dem 1:3 zu Beginn gegen Augsburg aber nie mehr als eines im Spiel, mischen die Eisernen ziemlich vorn mit. Nur Leipzig (4), Dortmund und Wolfsburg (je 5) sind besser.
Was heißt das nach einem guten Fünftel der Saison? Nichts. Gar nichts. Weil es zwar, wie Trainer so oft und so glaubhaft-unglaubhaft versichern, lediglich eine Momentaufnahme ist. Weil sich die Teams vorerst entlang möglicher Leitplanken eingeordnet haben, es aber am nächsten oder übernächsten Spieltag schon ganz anders aussehen kann, da jemand falsch abbiegt oder gar zum Stehen kommt, weil er nicht ins Tor trifft, sondern nur an den Pfosten.
Erst recht heißt das in einer Saison nichts, die so völlig anders durchgepeitscht werden soll wie keine andere zuvor. Wenn es nach der Länderspielpause am Wochenende wieder losgeht und die Eisernen am Sonntag beim 1. FC Köln aufdribbeln, sind es 27 Spiele in 26 Wochen; und eine Winterpause ist nicht vorgesehen, dafür das eine (das gegen Paderborn) oder andere (kommt drauf an) Pokalspiel.
Verletzungen plagen die Eisernen
Wie dieser Marathon zu stemmen ist, kann niemand vorhersagen. Es ist, blödes Beispiel, in etwa wie mit Covid-19. Das hatten wir noch nie und das lässt sich ganz schlecht vorhersagen. Eine halbwegs seriöse Prognose lässt sich höchstens mit der Katze auf der Schulter und mit dem Blick in eine Glaskugel treffen. Also überhaupt nicht, zumal es sicherlich noch die eine oder andere Überraschung geben wird und die eine oder andere Verletzung, mit denen es die Eisernen mit Joel Pohjanpalo, Anthony Ujah, Nico Schlotterbeck, Grischa Prömel, Keita Endo, Marcus Ingvartsen und Christian Gentner bereits zur Genüge erwischt hat.
Was bleibt, ist der Alltag. Der heißt bei den Eisernen so wie seit dem Aufstieg: Punkte sammeln gegen den Abstieg. Trotz Rang 5 und trotz der tollen Serie. Jetzt erst recht. Auch und gerade in Köln. Manch einer könnte sagen, ach, Köln, komm, das wird schon, der FC ist die einzige Mannschaft, gegen die es in der Bundesliga nur Siege gegeben hat. Nur hatten das die Hoffenheimer vor ihrem Heimspiel gegen die Eisernen auch geglaubt, als sie in diesem Duell noch eine weiße Weste hatten. Wie es ausgegangen ist, weiß jeder. Es gibt sie eben doch noch, die Pferde vor den Apotheken.
Genau das hätten die Jungs von Alemannia Aachen vor 14 Jahren nämlich auch nicht gedacht, als sie nach Runde 7 ebenso zwölf Punkte hatten und sogar Tabellenvierter waren. Am Ende sind sie abgestiegen, am letzten Spieltag erst sind sie unter den Strich gerutscht. Mit einem 0:4 beim Hamburger SV haben sie den Klassenerhalt um ein winziges Törchen verpasst. Na gut, Spaßvögel könnten einwenden, dass der HSV gar nicht mehr in der Bundesliga sei. Eine Mahnung, so etwas nie zu vergessen, ist es trotzdem. Andererseits fühle ich mich auf der sicheren Seite, wenigstens ein wenig. Wer Unioner ist, kennt es nämlich, es ist mehr als nur ein Programm: Und niemals vergessen …