Hoch, höher, 1. FC Union! In Leipzig wollen die Köpenicker zeigen, dass sie auf dem Weg zu einem echten Spitzenteam sind.
Hoch, höher, 1. FC Union! In Leipzig wollen die Köpenicker zeigen, dass sie auf dem Weg zu einem echten Spitzenteam sind. IMAGO/Eibner

Jetzt gibt selbst Urs Fischer sein ewiges Understatement auf. Zumindest ein bisschen. Konstellationen, bei denen der 1. FC Union auf ein ebenfalls weit oben platziertes Team getroffen sind, hat er stets als Momentaufnahme abgetan. Das Ligaranking würde ihn erst am 34. Spieltag interessieren. Doch nun, vor der Aufwärtspartie der Köpenicker bei RB Leipzig an diesem Sonnabend (18.30 Uhr, Sky) weicht er ein Stück weit von seinen bisherigen Prinzipien ab. „Man sagt ja immer, die Tabelle lügt nicht. Vierter gegen Zweiter – also ist es ein Spitzenspiel“, erklärter der 56-Jährige.

Neue Töne. Und ja doch, zu einem Spitzenkick gehören immer zwei Spitzenmannschaften. Sonst wäre das halt kein Topspiel. Aber noch vor wenigen Tagen war Rani Khedira der Fragestellung ausgewichen, ob Union eine Spitzenmannschaft sei. „Sagen Sie es mir. Ich weiß nicht, ob wir schon eine Spitzenmannschaft sind“, hatte er in der Mixed-Zone nach dem 2:0 im Derby gegen Hertha BSC gesagt und schließlich ergänzt, dass man dann von einem Spitzenteam sprechen dürfe, wenn man am Ende ganz weit oben mit dabei ist. „Das Momentum liegt aktuell ein Stück weit auf unserer Seite. Das haben wir uns vielleicht auch erarbeitet. Aber wir müssen demütig bleiben“, meinte der 28-Jährige.

Knapp zwei Wochen ist das her. Und nach wie vor topaktuell. Denn natürlich weiß jeder beim 1. FC Union, dass man nicht als Favorit nach Leipzig reist. Auch wenn das Ligatableau die Köpenicker derzeit zwei Plätze vor den Sachsen ausweist. Passquote, Ballbesitzphasen, Torschüsse – überall mischen die Rasenballsportler vorne mit in den einschlägigen Statistiken.

Der 1. FC Union ist nur in einigen Disziplinen Spitze

Und doch gibt es Parameter, die den 1. FC Union zum Spitzenteam abstempeln. Die Köpenicker zeichnet eine brutale Effektivität vor dem Tor aus. Sie machen aus ihren nicht übermäßig zahlreichen Chancen, das nahezu Optimale. 93 Chancen sind der fünftschlechteste Wert der Liga. Aber die Treffer-Quote von 35,5 Prozent ist der drittbeste Wert der Bundesliga. Noch vor dem FC Bayern wohlgemerkt. Leipzig kommt nur auf 31,0 Prozent. Was ihnen lediglich Rang acht beschert in diesem Ranking.

Wo aber keiner dem 1. FC Union etwas vormacht, sind die Kopfballtreffer. Zwölf Buden sind notiert. Ligaspitze! Nur Bremen kann da mit acht Buden mühsam Schritt halten. Dazu kommt eine nahezu perfekt organsierte Abwehrarbeit. Die fängt beim 1. FC Union ja bekanntlich mit den Stürmern an. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Eisernen mit nur 23 Gegentreffern hinter dem FC Bayern die kompakteste Defensive haben. Und Nackenschläge wegzustecken, das können sie neuerdings ja auch.

Platz zwei ist für den 1. FC Union surreal

Eigentlich müssten die Anhänger des 1. FC Union sich jeden Morgen kräftig zwicken, um zu glauben, was gerade passiert. Um zu realisieren, dass es nicht nur ein Traum ist. „Wir fahren als Zweiter nach Leipzig, am 20. Spieltag, wenn das nicht surreal ist“, hatte Manager Oliver Ruhnert in dieser Woche zum Besten gegeben. 

Und logo, dass Attribut, das man für gewöhnlich Spitzenmannschaften zugesteht, dass sie in der Lage sind defensive Gegner zu bespielen und auszuhebeln, ist nicht zwingend in Köpenick beheimatet. Es gibt also weiterhin jede Menge zu verbessern beim 1. FC Union auf dem Weg zu einer Spitzenmannschaft. Und wenn die Mannschaft mal nicht am Limit spielt, gibt es ja auch deftige Nackenschläge. Erinnert sei hier nur das 1:2 in Bochum. Oder die 0:5-Klatsche in Leverkusen zu einem Zeitpunkt, als die Werkself wahrlich keine Bäume ausgerissen hatte. 

Der Druck dürfte an diesem Sonnabend eher auf der Seite der Hausherren liegen. Union mache sich höchstens Druck selber, wie Fischer anmerkte. Aber RB würde bei einer Pleite satte sechs Zähler Abstand auf die Köpenicker haben. Das ist eine Menge Holz. Zudem könnte Frankfurt die Sachsen dann am Sonntag aus den Champions-League-Plätze kegeln. Alles nicht so komfortabel für die Elf von Marco Rose. 

Für den 1. FC Union ist RB Leipzig eine Reifeprüfung

Dieser Kick am Sonnabend ist dann halt auch irgendwie eine Reifeprüfung für den 1. FC Union. Ob man ganz nach oben schielen darf, oder sich eher um die Verteidigung des Champions-League-Platzes kümmern muss. Was Fischer, wie so oft, schnuppe ist: „Ehrlich gesagt, kümmere ich mich nicht um den Meisterschaftskampf, sondern nur um das nächste Spiel. Das ist, was wir versuchen, in die Köpfe der Jungs zu bekommen. Aber wenn es um Leistung zu bestätigen geht, hilft dir das nicht, auf die Tabelle zu schauen.“

Leichter gesagt als getan. Nach dem 2:1 gegen den FSV Mainz 05 am vergangenen Sonnabend. Mit dem der 1. FC Union für knapp 26 Stunden die Tabellenspitze übernahm, wird den Spielern das ein oder andere Mal aufs Handy geschickt worden sein. So etwas kann man sich schlecht entziehen … 

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