Neue KURIER-Serie: Die Väter des Erfolges beim 1. FC Union
Die Helden des 1. FC Union: Michael Kölmel – ein Investor, der zum Fan wird
Der KURIER hat die Rangliste des Erfolgs erstellt. Platz 20: Michael Kölmel.

Aufstieg, Klassenerhalt, Conference League, Europa League, Königsklasse – das ist der 1. FC Union der jüngsten fünf Jahre im Schnelldurchlauf. Dahinter verbergen sich Namen, Ereignisse, Entscheidungen, manchmal auch nur Puzzleteile. Ein Top-20-Ranking ist ein wenig ungerecht, denn ohne den Einen oder das Eine würde es das Ganze, diese Erfolgsgeschichte, nicht geben. Entscheiden bei einem olympischen 100-Meter-Lauf, in dem sich die Weltbesten treffen, Millimeter und Hundertstelsekunden, dann gilt für die Eisernen: Gewonnen haben alle, nur eben mit Nuancen. Auf Platz 20 – Michael Kölmel und alle anderen Retter aus Leidenschaft.
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Es gab Zeiten, in denen war es nicht einfach, Union-Fan zu sein. Nicht Rot und Weiß schienen die Vereinsfarben zu sein, sondern dreckig und besudelt. 30 Jahre ist das nun her, als die Katastrophenmeldungen aus der Alten Försterei kein Ende nehmen wollten. Jeder, der sich auch nur ein kleines bisschen mit der Historie der Köpenicker beschäftigt, kennt diese nahezu apokalyptischen Vokabeln: gefälschte Bankbürgschaft, Lizenzentzug, massive wirtschaftliche Probleme, Gerichtsvollzieher, Ausverkauf von Spielern, drohender Bankrott.
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Wer den Erfolgsweg der Eisernen und das Heute genießt, sollte das Gestern nicht vergessen. Es ist ein Besteigen des Gipfels von ganz unten, fast aus dem Schlamm. Einen ganz langen Anlauf hat es gebraucht, ziemlich viel Gottvertrauen, einen unerschütterlichen Glauben, vor allem auch eine riesige Portion Glück mit den richtigen Leuten an den richtigen Orten und Hebeln. Sie haben in der Bundesliga kein Tor erzielt und nicht einmal einen Pass gespielt, sie haben kein Gegentor verhindert und keinen Einwurf gemacht, aber sie alle sind, wenn man so will, die Großväter des Erfolges.
Beispielhafte Rettungsaktionen der Fans
In dieser schwierigsten Phase, als die Existenz des Vereins auf dem Spiel stand, war Verlass vor allem auf die, die über viele Jahre schon das Rückgrat bilden: die Fans. Beispielhafte Aktionen wurden von ihnen organisiert. Legendär ist die Idee, das Auswärtsspiel bei Tennis Borussia im Mommsenstadion erst zur zweiten Halbzeit zu besuchen und das damit gesparte Eintrittsgeld an den Verein zu spenden.
Von „Fünf Mark für Union“ bis hin zu „Bluten für Union“ haben die Anhänger immer wieder Spektakuläres auf die Beine gestellt und so den siechen Patienten wenigstens am Atmen gehalten. Zwischen Februar 1997 und Januar 1998 nämlich schaute immer wieder das Konkurs-Gespenst in die damaligen Geschäftsräume in der Hämmerlingstraße, das Präsidium war heillos zerstritten und die Schulden bei einem Drittligisten mit 2,56 Millionen Mark für damalige Verhältnisse astronomisch hoch.
Heiner Bertram, im Oktober 1997 als Nachfolger von Dr. Horst Kahstein Präsident geworden, ging regelrecht Klinken putzen. Der ehemalige Offizier der Bundeswehr war sich nicht zu schade, Mohamed Al-Fayed, einen ägyptischen Unternehmer, dem in London damals unter anderem das Nobelkaufhaus Harrods gehörte, einen Bittbrief zu schreiben. Der Milliardär biss nicht an, deshalb machten in der allergrößten Not erneut die Anhänger mobil. Mit ihrer „Rettet Union!“-Demonstration durchs Brandenburger Tor weckten sie das Interesse des Sportartikel-Riesen Nike. Die US-Amerikaner schlossen einen Sponsorenvertrag über fünf Jahre ab und pumpten das dringend erforderliche Geld zur Abwendung der Insolvenz in den Verein.
Die langfristige Rettung verdankt der 1. FC Union Michael Kölmel
Allerdings hätte auch das nicht langfristig das Überleben gesichert. Im Januar 1998 dann das kollektive Aufatmen, als Michael Kölmel, mit seinem Unternehmen Kinowelt ein Star des damals wie verrückt boomenden Neuen Marktes, wie Erzengel Michael über der Alten Försterei erschien. Wie der Erzengel, der beim Jüngsten Gericht mit einer Posaune die Toten aus ihren Gräbern erweckt, erweckte Kölmel den komatösen Patienten aus Köpenick vor dem Exitus.
Nicht mit einem Musik-, sondern mit einem Finanz-Instrument, einem Darlehen in Höhe von 15 Millionen Mark. Der Unternehmer aus Karlsruhe, inzwischen längst in Leipzig ansässig, stieg aus geschäftlichen Gründen zwar bei etlichen Fußballvereinen ein, doch beim 1. FC Union blieb sein Herz hängen. Der damals gerade 44-Jährige war Vorsitzender des Aufsichtsrates und konnte aktiv steuern, dass die Dinge nach dramatischen Turbulenzen wieder in die richtigen Bahnen kamen.
Beim Saisonabschluss nach dem 1:0 gegen Werder Bremen, der Feier mit den Fans vor der Haupttribüne des Stadions, sah man ihn, den damaligen Retter, ohne den es den 1. FC Union in der jetzigen Verfassung als Nummer eins der Hauptstadt und als sensationelle Nummer vier des deutschen Fußballs nicht geben würde, unter den Feiernden. Wie meist im Hintergrund, so, als wäre er überhaupt nicht wichtig. Fast unscheinbar huschte er an der Kamera von AF-TV, dem vereinseigenen Lieferanten bewegter Bilder, vorüber, als Trainer Urs Fischer interviewt wurde. Der markante Lockenkopf aber macht ihn geradezu unverwechselbar. Oder war es doch nur sein Schatten oder ein Doppelgänger? Es wäre für ihn, der sich nicht gar so wichtig nimmt und der jemand zum Anfassen ist, irgendwie sogar typisch.
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