Corona zum Trotz : Ein letztes Ahoi auf der Spree
Vor dem großen Stillstand schippern knapp 50 Union-Fans mit der Viktoria zum abgesagten Bayern-Match

Berlin - Es hatte das großartige Vorspiel zu einem großartigen Spiel sein sollen. Per Spreedampfer zum Hit des Spieltages nach Köpenick. Union-Fans und Bayern-Anhänger friedlich vereint auf der Victoria der Eddyline bei Molle, Fachgesimpel und der schönen Umgebung von Berlins Gewässern. Dann kam Corona. Und alles fiel ins Wasser! Alles? Nein, denn die Union-Fans dachten gar nicht daran, einfach so klein beizugeben.
100 Freunde des runden Leders sprangen ab, als die Partie zunächst zum Geisterspiel mutierte. Was tun? Alles abblasen? Olaf Forner, besser bekannt als fliegender Zeitungshändler Taz-Unioner, ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. „Es ging ja auch um Kosten. Für Simone (Mann, die Schiffseignerin/d.Red.) geht es ja auch um ihre wirtschaftliche Existenz. Das ganze öffentliche Leben bricht ja derzeit zusammen“, so Forner.
Es wurde also trotzdem geschippert. Schließlich galt es ja auch, den neuen Anleger der Reederei an der Fennbrücke in Moabit einzuweihen. Den hatte noch Simones 2014 dem Krebs erlegener Ehemann Eddy erworben. Amtsschimmel und Baumaßnahmen verzögerten die Inbetriebnahme. Jetzt war es soweit. Ein letztes Ahoi, bevor alles stillsteht in der Stadt.
Seife und desinfektionsmittel an Bord der Viktoria
Vorsorge wurde auch getroffen. Medizinisches Personal stand vorm Ablegen bereit, um bei den rund 40 Mitfahrenden – 15 fuhren nur virtuell mit, hatten das Ticket bezahlt, ohne die Tour anzutreten – die Temperatur zu messen. Desinfektionsmittel und reichlich Seife kamen vor dem Start bis zum Mecklenburger Dorf in Köpenick auch zum Einsatz.

Mangels Masse an Bord wäre selbst der empfohlene Sicherheitsabstand spielend einzugehalten wesen. Und trotz der frischen Temperaturen hielten alle Gäste die rund drei Stunden auf dem Oberdeck aus. „Die Stimmung war prächtig. Weil wir alle merkten, dass in Krisenzeiten Union eben viel mehr ist als nur Fußball“, so Forner
Nicht die einzige Aktion am Wochenende. Bevor die Kneipen am Sonnabend dichtmachten, hatten Forner und seine Mitstreiter die Programmhefte vom „Geisterspiel“ in einschlägige Destillen der Stadt gekarrt, um sie an den Fan zu bringen. Die könnten zu begehrten Sammlerstücken werden! Wer es verpasst hat: Im Onlineshop der Druckerei vierC sollen sie laut Forner spätestens im Lauf der Woche geordert werden können.
Auch der Klub ließ sich was einfallen. Auf dem Klub-Sender AF.tv wurde der Aufstiegsfilm „Die Zeit ist nun gekommen“ unverschlüsselt gezeigt. Dazu konnten online virtuell Bier und Bratwurst geordert werden. Bleibt zu hoffen, dass diese Einnahmen auch bei den zahlreichen Zapfern und Grillern ankommen, die sich sonst am Spieltag sich einen Euro dazu verdienen konnten.