Eigentor, na und? Manche schaffen 149 in einem Spiel
Trotz aller Kuriosität hat es Unions Mittelfeldmalocher Robert Andrich schwer, mit seinem Treffer in die Fehlschuss-Hitlisten zu kommen.

Auf diesen Eintrag hätte Robert Andrich liebend gern verzichtet. Nämlich auf den für eines der unnötigsten Eigentore der Saison. Ach, sogar für eines der unnötigsten Eigentore der gesamten Bundesliga-Historie. Natürlich hat es ganz andere Treffer in den eigenen Kasten gegeben als diesen beim 2:5 des 1. FC Union bei Eintracht Frankfurt, von Pannen-Toren vor allem von Schlussmännern wie einst Bremens Oliver Reck und vor allem auch Tomislav Piplica, dem zwischen den Pfosten von Energie Cottbus einst der Ball auf den Kopf fiel und von dort hinter die Linie, ganz abgesehen. So einer hat schnell mal ein „Depp“ in der Nähe seines Namens stehen.
Kult-Unioner Steffen Baumgart lässt grüßen
Dieser Gefahr muss Andrich sich nicht aussetzen, auch wenn er sein Hemd am Ende schneller über den Kopf gezogen hatte, als der Ball ins Tor gerollt war. Trotz aller Kuriosität hat er es schwer, mit seinem Tor in die Fehlschuss-Hitlisten zu kommen. Und um die Last einer derartigen Schmach gänzlich von ihm zu nehmen: Die Liste derjenigen, die – aus Versehen, manchmal aber auch aus lauter Dusseligkeit – die Kugel auf oft Slapstick-artige Weise ins eigene Netz beförderten, ist lang und trägt Namen, die mancher dort nicht vermutet. Franz Beckenbauer hat vier solcher Dinger auf seinem Kerbholz, Lothar Matthäus und Stefan Effenberg zwei und auch Steffen Baumgart. Dabei wurde der spätere Kult-Unioner seinerzeit beim FC Hansa alles andere als in der Abwehr und schon gar nicht im eigenen Strafraum verortet.
Übertroffen werden sie alle von Manfred Kaltz, an allen großen Erfolgen des HSV (viele werden müde lächeln, aber die gab es wirklich) beteiligt, und von Nikolce Noveski, einem einstigen Abwehrspieler von Mainz 05. Sechs Buden machte sowohl der eine als auch der andere auf diese Weise. Noveski, spätestens danach so etwas wie Kult, schaffte im Herbst 2005 innerhalb von 132 Sekunden (!) sogar einen Eigentor-Doppelpack. Anschließend blies der Mazedonier in seinem Nie-wieder-vergessen-Spiel zur Aufholjagd und steuerte zum letztlichen 2:2 auch ein „richtiges“ Tor bei. Der Gegner damals, ein schwacher Trost für Andrich: Eintracht Frankfurt.
In diesem Zusammenhang darf eine Schmonzette nicht fehlen, die, wäre sie nicht tatsächlich passiert, sich niemand auch nur im Ansatz hätte ausdenken können. Entweder man hätte diesen Typen, der auf diese Schnapsidee gekommen ist, gefragt, was er für ein Mittel genommen habe, um sich eine solche Revolvergeschichte auszuspinnen, oder man hätte ihn gleich für verrückt erklärt und weggesperrt.
In Madagaskar ereignete sich das Slapstick-Highlight
Es geht um das eigentliche Finale in der höchsten Spielklasse von Madagaskar. Nun sind die dortigen Fußballer nicht für Heldentaten bekannt, obwohl das Nationalteam im November vorigen Jahres in der Qualifikation für die Afrika-Meisterschaft gegen die Elfenbeinküste, die Ivorer waren 2006 in Deutschland, 2010 in Südafrika und 2014 in Brasilien immerhin Teilnehmer an einer WM-Endrunde, mit 1:2 und 1:1 nur hauchdünn den Kürzeren zog. Die sonstigen Qualifikationsspiele für Welt- oder Kontinentalmeisterschaften jedoch endeten meist mit einem Vermerk, der entweder „nicht teilgenommen“, „nicht qualifiziert“, „zurückgezogen“ oder „ausgeschlossen für den Rückzug“ aus dem Jahr sowieso heißt.
Dafür schreiben die Kicker von SOE Antananarivo Geschichte, als sie am 31. Oktober 2002 gegen AS Adema antreten. Eigentlich soll es um die Wurst gehen, um den Titel. Nur hat Antananarivo, der Vorjahresmeister, mit vier Punkten Rückstand auf Adema keine Chance mehr auf eine erfolgreiche Titelverteidigung. Dieser Chance fühlt sich der entthronte Meister betrogen, weil er im Spiel zuvor einen nach seinem Geschmack unberechtigten Elfmeter hinnehmen musste, der kurz vorm Abpfiff zum 2:2 führte und das Aus im Titelkampf bedeutete. Die wenig sportliche Antwort geht um die Welt, denn der Klub vermasselt das als Endspiel beschworene Match mit 0:149. In Worten: null zu einhundertneunundvierzig! Damit nicht genug, denn alle Gegentore sind Eigentore. Alle 36 Sekunden eins. Anstoß – Eigentor! Anstoß – Eigentor! Anstoß – Eigentor ...
So etwas ist unschlagbar. Deshalb ist das Robert-Andrich-Gedächtnis-Eigentor eines, so kurios es auch ist, das höchstens in trauter rot-weißer Runde wichtig ist. Nicht einmal eiserne Vereinsgeschichte kann der Mittelfeldmalocher mit seinem Fehlschuss schreiben, denn das erste Eigentor überhaupt in der Bundesliga-Historie der Jungs aus der Alten Försterei geht, dabei hatte er den Ball dummerweise nur abgefälscht, auf das Konto von Florian Hübner. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Eisernen damals das Spiel 2:1 gewannen. Wo? Bei Eintracht Frankfurt, wo sonst.
Um die Geschichte richtig nett und mit Vorteil für den 1. FC Union ausgehen zu lassen, sei an das 1:0 in der Vorsaison gegen Paderborn erinnert, mit dem die Rot-Weißen zwei Spieltage vor Ultimo die Klasse souverän hielten. Der Dreier kam nach einem Eigentor von Ben Zolinski zustande. Na bitte!