Die wilde Partynacht zu Köpenick
Die Eisernen und ihr Anhang sahen sich von Corona um ihr allererstes Bundesliga-Jahr betrogen. Nun entschädigten sie sich mit weiteren zwölf Monaten Erstligafußball. Und feierten das ausgiebig.

Der Partybefehl kam von ganz oben. „Ich verrate nicht, wie wir feiern, aber wir feiern“, meinte Dirk Zingler. Die anfangs an den Tag gelegte Zurückhaltung, bei der die Spieler auf dem Rasen der Alten Försterei nur in ihren neuen Klassenerhalts-Shirts mehr oder weniger rumstanden, wich mit jeder weiteren Umdrehung des Sekundenzeigers auf der Uhr. Die wilde Partynacht zu Köpenick konnte coronabedingt zwar nicht ganz mit den Aufstiegsfeierlichkeiten mithalten, aber auch so ging die Post ab. In den Kabinen, der Tribüne und am Eingangstor zum Parkplatz des Stadions.
„Ich bin eigentlich ganz froh, dass wir diesmal keine Zuschauer hatten. Es wäre kurzfristig sehr schwer geworden, bis zum Düsseldorfspiel einen neuen Rasen zu organisieren“, scherzte Manager Oliver Ruhnert. Doch auch er weiß ja um die tiefe emotionale Verbundenheit des Klubs mit seinen Anhängern. Die machten sich unmittelbar nach dem Spielende mit akustisch wie optisch weit sichtbaren Signalen von außerhalb der Alten Försterei sehr gut bemerkbar. „Natürlich ist es auch für die, die gerade da hinten Feuerwerk zünden eine Riesensache, wenn dieser Verein jetzt ein zweites Jahr in die Bundesliga geht. Für die Menschen hier, die hier alles total mitleben, eine Riesengeschichte“, sagte der 48-Jährige unmittelbar nach dem Schlusspfiff vor laufenden Kameras.
Im weiteren Verlauf des Abends herrschte dann trotzdem nur noch Jubel, Trubel und Heiterkeit. Alles inklusive einiger Hopfengetränke (lokale Bauart), Haar-Verluste (Bart: Christian Arbeit, Haupthaar: Keven Schlotterbeck) und Trophäen-Sicherung (Spielball fürs Museum: wiederum Arbeit). Selbst der sonst so zurückhaltende Urs Fischer erfreute sich am Bad vor der Menge, wobei ihm die zunehmenden "Fischer"-Rufe zu viel Personenkult wurden und fast ein klein wenig peinlich waren. „Singt weiter“, forderte der 54-Jährige den rund 80-köpfigen Unionanhang auf und der ließ sich nicht zweimal bitten.
Klubpräsident Dirk Zingler sah sich am Ziel seiner Träume. „Mit dem Schlusspfiff endete für mich erstmal eine 45-minütige Qual. War ja nicht schön. Aber ich habe es nicht anders erwartet. Weil dann spielt der Kopf mit, du willst den Deckel draufmachen und es funktioniert nicht. Aber insgesamt ist es eine sensationelle Saison“, meinte er vor allem mit Blick auf die zweite Halbzeit.
Als er sich weit nach Mitternacht noch am Ausgang vom Gelände einfand, umringt von der Mannschaft und mit dem nötigen Sicherheitsabstand, waren die Beschwerden der zweiten Hälfte längst vergessen, „Diese Saison haben wir für euch gespielt. Für euch! Diese Saison ist uns weggenommen worden. Die Jungs, die heute auf dem Rasen gestanden haben, haben genau daran gedacht. Für euch noch eine Bundesligasaison zu spielen“, schmetterte Zingler den dort feiernden Fans entgegen, im Stil eines Wahlkampfredners auf einem Marktplatz.
Emotionale Worte, die bei den Zuhörern voll den Nerv trafen. Und am Ende war es der Stundenanzeiger, der auf der Uhr vorrückte, bis Köpenick den Weg in die heimischen Federn fand.