Der 1. FC Union und der Wert einer Nullnummer
Der Kampf um einen Platz in der Champions League ist für die Eisernen heißer denn je. Vielleicht kommt es sogar dazu, dass ein Datum Ehrenmitglied des Klubs wird.

Mit 0:0-Spielen wie dem jüngsten gegen Leverkusen hat der 1. FC Union beste Erfahrungen. Geht eine Partie torlos aus, zumal in der Alten Försterei, gehen die Erinnerungen, fast wie von Geisterhand gesteuert, ein paar Jahre zurück. Hin zum 27. Mai 2019. Es ist und bleibt ein in die eiserne Historie mit goldenen Lettern gemeißelter Moment: Aufstieg in die Bundesliga. Damals gegen Stuttgart wie heute gegen Bayer war es eng, bis zur letzten Sekunde kribbelig, nur blieb diesmal die emotionale Eruption aus.
Noch nämlich ist, im Gegensatz zu damals, nicht entschieden, wohin genau die Reise geht. Nach Europa, das zumindest scheint beim Zehn-Punkte-Vorsprung auf Tabellenplatz sieben zementiert. Nach dem größten aller Ziele, dem Klassenerhalt (klingt für einen Tabellendritten irgendwie blöd, völlig klar, ist aber so), ist auch der Nachtrag, der Reise-Hattrick in einen europäischen Wettbewerb, so gut wie eingetütet.
0:0 gegen Leverkusen ist wertvoll für Union
Sollten sie dieses Ziel jetzt noch verfehlen, dürfte nicht nur ein Pferdegespann vor der Apotheke das Kotzen kriegen, sondern schon die ganze Koppel. Insofern gehört dieses jüngste 0:0 für die Männer aus Köpenick zu den wertvollsten Null-zu-null-Partien in diesem Spieljahr. Es ist in keiner Weise zu vergleichen mit dem gegen Schalke und auch nicht auf eine Stufe zu stellen mit dem gegen Köln, eher schon mit dem in der Europa League bei Ajax Amsterdam.

Es ist umso mehr eines, das dem Gegner deutlich schmerzhafter vorkommen muss als den Rot-Weißen. Wenn schon keine anderen Trümpfe stechen, dann soll zumindest derjenige, der durch seinen aktuell einmaligen Siegeszug mit neun Liga-Spielen ohne Niederlage und 14 insgesamt hätte gefährlich nahe kommen und noch mehr Aufwind erhalten können, auf Distanz bleiben. Dieses Wenn-schon-nicht-gewinnen-können,-dann-wenigstens-nicht-verlieren-dürfen gehört wie selbstverständlich zum Taktik-ABC von Urs Fischer. Wer kann schon ein derart geschliffenes Torlos-Match besser einordnen als dieser Trainer-Fuchs.
Eine Torfabrik war der 1. FC Union noch nie
Dieses 0:0 schmälert die Aussichten, nach 38 Jahren mal wieder die 1000-Tore-Marke zu knacken, erheblich, zumal es in der Summe an diesem 29. Spieltag magere 17 Treffer waren. Das liegt, das wird niemand bestreiten, natürlich auch an den Eisernen. Einerseits an ihrer nach wie vor erstklassigen Defensive mit nur 31 Gegentoren, andererseits an der Tatsache, dass das Team aus der Alten Försterei dasjenige aus der oberen Tabellenhälfte mit den wenigsten Treffern ist.
Eine Torfabrik waren die Männer aus Köpenick noch nie und werden sie aller Voraussicht nach so schnell auch nicht werden. Dafür haben sie andere Stärken, die diesen Nachteil wettmachen. Aber das ist in diesem Moment gänzlich nebensächlich und wäre lediglich etwas für Statistiker.
Steffen Baumgart macht es wie Union
Allein der 1. FC Union und der 1. FC Köln mit Steffen Baumgart – gleichermaßen Union-Liebling wie Union-Liebhaber – haben in dieser Runde als Gastgeber keinen Treffer zustande gebracht. Das ist in doppelter Hinsicht schade. Erstens hätten die Eisernen nämlich nicht nur einen Punkt, sondern einen Dreier eingefahren.
Zweitens hätte Freiburg, der punktgleiche Tabellenvierte und damit schärfste Konkurrent um einen Platz in der Champions League, den Dreier verpasst. Es wäre der perfekte Moment dafür gewesen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Pech gehabt.
Oder auch nicht. Schließlich ist jeder seines eigenen Glückes Schmied. Die Spieler um Kapitän Christopher Trimmel und Taktgeber Rani Khedira, um Angriffs-Wirbelwind Sheraldo Becker und den klasse Schlussmann Frederik Rönnow haben nahezu alles in eigener Hand.
Der 27. Mai hat das Zeug zum Ehrentag
Das ist das Gute an dieser Nullnummer vom Wochenende. Vielleicht schärft sie auch, da die Verfolger den Eisernen wieder ganz dicht auf den Pelz gerückt sind, deren Sinne nur noch mehr. Jetzt darf alles sein, nur darf kein Schlendrian einziehen. Den aber hat Fischer, das zeigen die Auftritte zigfach, seinem Team schon lange ausgetrieben.
Den Knalleffekt hat dieses Torlos-Match, anders als vor gut vier Jahren gegen Stuttgart, also nicht ausgelöst und nicht auslösen können. Manchmal jedoch zeigt sich der Wert erst später. In diesem Fall vielleicht am letzten Spieltag. Der wird ausgetragen – er wäre wie gemalt für den 1. FC Union und es wäre der perfekte Anlass, diesem Datum die Ehrenmitgliedschaft anzutragen – am 27. Mai.
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