Unions großer Wurf

Bundestrainer Flick nominiert Gosens und das Thema Behrens elektrisiert

Neuzugang Robin Gosens wird heute wohl der erste eiserne Nationalspieler der Neuzeit und beim Thema Mittelstürmer ist Union in vieler Munde.

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Robin Gosens holt zum großen Wurf aus, wird am Donnerstag Unions erster Nationalspieler der Neuzeit. 
Robin Gosens holt zum großen Wurf aus, wird am Donnerstag Unions erster Nationalspieler der Neuzeit. City-Press

Fußball-Deutschland schaut am Donnerstag gespannt wie lange nicht mehr nach Frankfurt/Main. Aus der DFB-Zentrale verkündet Bundestrainer Hansi Flick sein Aufgebot für die Länderspiele am 9. September gegen Japan sowie drei Tage später gegen Frankreich. Nach dem gruseligen Dreierschlag im Juni gegen die Ukraine (3:3), Polen (0:1) und Kolumbien (0:2) braucht der Bundestrainer starke Argumente, sonst bricht die Kritik wieder los.

Aus Sicht des 1. FC Union wird die Sache doppelt interessant. Nach der Kritik von Manager Oliver Ruhnert ist die große Frage: Nominiert Flick einen Unioner? Die Antwort heißt Ja. Aber wohl nicht so, wie es Ruhnert meinte. Robin Gosens wird der erste eiserne Nationalspieler der Neuzeit. Alles andere würde wohl im handfesten Krach enden. Darüberhinaus wird wohl kaum ein Eiserner erwähnt werden. Rani Khedira ist verletzt und Flicks Abwehrnot wohl nicht so groß, dass er Robin Knoche sehen möchte.

Eine spannende Personalie bleibt Kevin Behrens. Als Spielertyp steht er stellvertretend für die Renaissance einer schon vergessen geglaubten Spezies. Der klassische Neuner – torgefährlich, bullig, kopfballstark – ist gefragt wie lange nicht. Das zeigen die mehr als 100 Millionen Euro, die der FC Bayern für Superstürmer Harry Kane ausgegeben hat.

Kevin Behrens wuchtet eines seiner drei Kopfballtore in den Mainzer Kasten.
Kevin Behrens wuchtet eines seiner drei Kopfballtore in den Mainzer Kasten.City-Press

Der Aufstieg von Kevin Behrens befeuert die Rückkehr zum klassischen Mittelstürmer

Anders als sein berühmter Sturmkollege und Rekordtorjäger der englischen Nationalmannschaft spielt Kopfball-Riese Behrens nicht seit Jahren auf Topniveau. Der 32-Jährige ist in seiner Karriere ein paar Umwege gegangen. Jahrelang war er abseits der großen Öffentlichkeit in der Regionalliga aktiv, erzielte dann in drei Zweitligajahren für Sandhausen 31 Tore. Bei Union ist er nun in der Form seines Lebens, kann Champions League spielen. Sogar nach der Nationalmannschaft wurde er schon gefragt.

Wie schnell das als Stoßstürmer gehen kann, zeigte zuletzt Niclas Füllkrug, der seine Karriere wie Behrens in einem Amateurteam von Werder Bremen begann. Weil er nun bei den Grün-Weißen in der Bundesliga glänzt und klassische Neuner mit deutschem Pass auf Weltniveau selten sind, schaffte es Füllkrug im vergangenen Jahr als 29-Jähriger bis in die DFB-Elf. Dabei hatte er wegen seiner Position in seiner Karriere nach eigenen Angaben auch schon Probleme.

Füllkrug: „Gerade als Pep (Guardiola) mit der falschen Neun modern wurde und fast nur noch Techniker auf der Position hat spielen lassen, die sich in den Räumen bewegen, wenig Präsenz, wenig Wucht haben, war das natürlich nicht förderlich für mich.“ Der mittlerweile 30-Jährige ergänzte: „Ich war immer ein Fan davon, vorne jemanden drin zu haben, der eine Torgier hat, der eine Präsenz und Ausstrahlung hat.“

Bayern, Gladbach, Bayer: Viele Bundesligisten setzten wie Union auf das System mit dem Neuner

Dass nicht nur er ein Fan davon ist, zeigt der Blick in die Bundesliga-Kader über Bremen, Union (Behrens) und München (Kane) hinaus. Unter anderen Bayer Leverkusen mit Victor Boniface und Borussia Mönchengladbach mit Tomas Cvancara verpflichteten im Sommer körperlich starke Zielspieler fürs Angriffszentrum. Wie Torschütze und Vorbereiter Kane lieferte Cvancara direkt am ersten Spieltag und traf doppelt. Auch Boniface taf an Spieltag 2 doppelt. An die insgesamt vier Kopfballtore von Behrens kam aber niemand heran.

„Ich glaube schon, dass viele Mannschaften in dieser Zeit wieder froh sind, wenn sie solche Spieler haben“, sagt Freiburgs Trainer Christian Streich. „Ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, dass es sich wieder verändert. Wenn man so eine sensationelle Organisation hat wie Union Berlin und sieht, zu was für großartigen Erfolgen das führen kann, wird versucht, das nachzuahmen.“ Der 58-Jährige ergänzte: „Ich glaube, dass alle sie suchen, dass sie wieder vermehrt ausgebildet werden und ihnen nochmal mehr Wert zugesprochen wird.“ Behrens sei ein Spieler, „der jeden Kopfball gewinnt.“

Sein Trainer Urs Fischer beschreibt Behrens als Arbeiter, als einen Menschen, der versucht, „täglich dazuzulernen“. Und Behrens selbst? Der sagte über seinen späten Durchbruch mal: „Ich habe einfach Lust gehabt, noch etwas zu erreichen in meinem Leben. Da gehört natürlich auch ein bisschen Glück dazu, dass Union mir hier die Chance gegeben hat.“ Glück – ja, aber auch Klasse auf einer wieder sehr gefragten Position.