Sheraldo Becker, das etwas andere Tore-Monster des 1. FC Union
Noch fehlt dem besten Knipser des 1. FC Union ein Treffer zum zweistelligen Bereich. Dafür ist er der Mann für die wichtigen Buden.

Womöglich knackt die Bundesliga in dieser Saison die Marke von 1000 Toren. Es wäre das erste Mal seit 38 Jahren. Die Torschützenkönige in jenen Jahren hießen Klaus Allofs und Karl-Heinz Rummenigge, Rudi Völler und Horst Hrubesch. Das ist mehrere Generationen her. Manches Mal fehlten nur wenige Treffer, doch selbst in der ersten gemeinsamen Spielzeit nach dem Mauerfall, als die Liga 1991/92 auf 20 Teams aufgestockt worden war, schrammten die Torjäger hauchdünn daran vorbei – sechs Törchen fehlten zur Vierstelligkeit.
Zuletzt war die Ausbeute ziemlich stabil und ziemlich weit oben. 982 Treffer fielen im ersten Jahr des 1. FC Union in der Bundesliga. Danach, es war das Corona-Jahr mit Geisterspielen hier, Irritationen dort und Verunsicherungen da, waren es 928. In der vorigen Saison kletterte die Ausbeute auf immerhin 954.
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Allein Robert Lewandowski traf in jenen drei Jahren 110-mal ins Schwarze. Ebenso hatte Erling Haaland die Schussstiefel an. Auch André Silva und Patrik Schick, Anthony Modeste und Christopher Nkunku, Wout Weghorst und Timo Werner (bevor er zum FC Chelsea ging) wussten, wo das Tor des Gegners steht.
Die Liga könnte seit langer Zeit mal wieder die 1000-Tore-Marke in einer Saison knacken
Selbst wenn von den größten Tore-Monstern der eine seit dieser Saison beim FC Barcelona spielt, der andere bei Manchester City und der Rest schwächelt oder in neuer Umgebung fremdelt, ist der Tausender möglich. Die 33 Treffer des zurückliegenden Spieltages nähren den Appetit auf den Saison-Endspurt.
Der goldene Treffer von Sheraldo Becker beim 1:0 des 1. FC Union bei Borussia Mönchengladbach ist das insgesamt 825. Saisontor. Das heißt: Fallen an jedem der ausstehenden fünf Spieltage jeweils 35 Tore, gäbe es eine Punktlandung. Mit einem Durchschnitt von vier Toren pro Spiel – das ist verdammt ehrgeizig, schon klar, aber nicht unmöglich – ist das drin.
Auf den Eisernen sollten die Hoffnungen auf die 1000-Treffer-Marke jedoch besser nicht ruhen. Sie stehen nicht im Verdacht der Tore-Explosion. Bisher brachten sie ihren besten Schützen in jedem Jahr – Sebastian Andersson mit zwölf Treffern, Max Kruse mit elf, Taiwo Awoniyi mit 15 – in den Zehnerbereich, das schon. Doch von den Teams aus der oberen Tabellenhälfte haben sie die wenigsten Treffer erzielt. Das war schon im vorigen Jahr so und im Jahr davor auch.
Die Wertigkeit der Tore von Becker ist für den 1. FC Union unbezahlbar
Deshalb ist die Wertigkeit der Tore in Köpenick eine andere. Es sind die wertvollen Tore, die zählen. Nicht das zum 5:0 oder zum 6:1, sondern das, das den Sieg bringt. So ähnlich wie das 3:2 von Helmut Rahn 1954 in Bern gegen Ungarn, das 2:1 von Gerd Müller 1974 in München gegen die Niederlande und beide Male das 1:0 sowohl von Andreas Brehme 1990 in Rom als auch von Mario Götze 2014 in Rio jeweils gegen Argentinien. Das mag im ersten Fall Max Morlock nicht gerecht werden und im zweiten Paul Breitner, doch die anderen sorgten mit ihren Buden für noch mehr Spektakel und die weit größere Emotion.
Das einzige Tor in einem Spiel, damit auch das von Becker am Sonntag, ist immer etwas ganz Besonderes. Weil es aus einem Ein-Punkte-Spiel immer einen Dreier macht. Es vergoldet die Mühen und Anstrengungen. In vier Spielen schon hat der 28-Jährige in dieser Saison für das 1:0 gesorgt.
Nicht immer hat es für den Sieg gereicht, nicht gegen die Bayern (1:1) und nicht gegen Augsburg (2:2). Zuletzt aber doch, beim 3:0 gegen Stuttgart und eben bei den Fohlen, als der Nationalspieler für Suriname die Eisernen auf Kurs gehalten hat.
Becker könnte der vierte Stürmer des 1. FC Union werden, der in der Liga zweistellig trifft
Nun ist Becker drauf und dran, seine einmalige Saison und die der Eisernen zu krönen. Dabei ist er das etwas andere Tore-Monster. Er ist derjenige, der es als vierter Angreifer aus der Alten Försterei in einem Spieljahr zweistellig krachen lassen könnte. Mit neun Treffern steht er kurz davor. Es wäre passend, würde ihm das schon am Sonnabend gegen Bayer Leverkusen gelingen, denn das wird so oder so ein Hammer-Spiel.
Erstens legt Bayer in der Liga gerade eine Erfolgsserie von acht Spielen ohne Niederlage hin. Zweitens ist das Team von Trainer Xabi Alonso wettbewerbsübergreifend seit 13 (!) Spielen ungeschlagen. Drittens hat Leverkusen in der vorigen Woche Union-Bezwinger Saint-Gilloise mit 4:1 aus Europa gekegelt. Viertens … ach, das 0:5 aus der Hinrunde sollte lieber raus aus den Köpfen.
Zu allem Ärger muss Becker sich, weil Kevin Behrens nach seiner fünften Verwarnung nicht spielen darf, auf einen anderen Sturmpartner einstellen. Aller Voraussicht nach wird Jordan Siebatcheu an seiner Seite stürmen.
Damit könnte sich ein Kreis schließen, denn ihm hat Becker schon zweimal zum 1:0 aufgelegt. Beide Spiele, 2:1 gegen Leipzig und 2:0 gegen Wolfsburg, wurden in der Alten Försterei gewonnen. Aller guten Dinge wären gern drei – und zugleich ein kleiner Schritt zur 1000-Tore-Marke.
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